# taz.de -- Erinnerung an Tamara Bunke in Berlin: Die Freundin von Che
> In der DDR war sie ein Idol, im Westen Terroristin: Tamara Bunkes
> facettenreiches Leben gibt es bald als Film. An diesem Mittwoch wäre sie
> 88 geworden.
(IMG) Bild: Auch bei der Luxemburg-Liebknecht-Demo in Berlin wird Tamara Bunke gerne gedacht, hier 2024
Sie war eine Spionin für die DDR, kämpfte für die kubanische Revolution und
starb mit nicht einmal 30 Jahren an der Seite von Che Guevara als
Guerillera im Dschungel von Bolivien. Die Geschichte von Tamara Bunke,
weltweit bekannt und von sozialistischen Linken verehrt auch unter ihrem
Kampfnamen Tania la Guerrillera, ist spektakulär schillernd und von immer
noch ungeklärten Geheimnissen umrankt. War die Frau, die vor genau 88
Jahren geboren wurde, die Geliebte Che Guevaras, der wie sie in Argentinien
geboren wurde? War sie gar schwanger von ihm? Hat sie ihn, der wie sie im
Kampf für die sozialistische Weltrevolution von bolivianischen Soldaten
erschossen wurde, am Ende verraten?
Bis heute wird über derartige Gerüchte und Mutmaßungen gefachsimpelt. Auch
von Oliver Rump, der an der HTW Berlin bereits seit zwölf Jahren ein
Forschungsprojekt über das Leben und Wirken Bunkes leitet und dazu auch
eine Wanderausstellung konzipiert hat, die noch bis Ende November in Linz
in Österreich gastiert. Die Bunke-Forschung, sagt er, sei „eigentlich ein
lebenslanges Projekt. Es kommen immer neue Erkenntnisse hinzu.“ Zur Frage,
ob da nun wirklich etwas lief zwischen Tamara und dem ewigen Posterboy der
antiimperialistischen Linken Che, gibt der Professor allerdings eine sehr
nüchterne Einschätzung: „Es gibt keine Indizien für eine Liebschaft.“
Spannend ist auch, wie nach ihrem Tod 1967 mit dem [1][Gedenken an Tamara
Bunke] umgegangen wurde, erst in der DDR, dann im wiedervereinigten
Deutschland. In der DDR wurde sie zur Staatsheldin, mehr als 240
Kollektive, Organisationen, Schulen und Straßen wurden nach ihr benannt.
Doch nach der Wende wurde sie neu bewertet, man könnte auch sagen:
gecancelt. Eben noch galt sie als Freiheitskämpferin, nun eher als
Terroristin, die nicht unbedingt verehrt gehört. So wurden all die
Gedenktafeln abgebaut, Gebäude und Straßen umbenannt. Nur im Örtchen Dabel
in Mecklenburg-Vorpommern gibt es heute noch einen Gedenkstein zu Ehren
Bunkes.
Ein wenig war die Bunke-Verehrung in der DDR aber auch verlogen. Die 1937
als Tochter von nach Argentinien exilierten deutschen Kommunisten Geborene
kam mit der Übersiedlung ihrer Eltern nach Stalinstadt (heute
Eisenhüttenstadt) in ein für sie fremdes Land. Sie studierte am
Romanistischen Institut der Humboldt-Universität in Berlin, wo sie eine
Zeit lang lebte, und engagierte sich für den Sozialismus.
## Unwohlsein in der DDR
So richtig in der DDR angekommen ist sie dabei nie. „Sie tat sich mit dem
Deutschen schwer, kam nicht mit dem Spießigen klar. Sie wurde gehänselt
wegen ihres Akzents und wollte zurück in ihre Heimat, auch wegen ihrer
Liebe zur Musik“, so Rump. Bunke ließ sich von der Stasi als Agentin
anwerben und beantragte im Rahmen dieser Tätigkeit ihre Ausreise nach
Argentinien. Als Che Guevara die DDR besuchte, wurde sie als seine
Dolmetscherin eingesetzt. Sie war begeistert von der Revolution in Kuba,
wohin sie nun wollte, was das Zentralkomitee der SED ihr 1960 dann auch
erlaubte. Um danach zunehmend den Zugriff auf sie zu verlieren.
Was Bunke in Kuba und danach alles so trieb, ihre Ausbildung zur Kämpferin,
ihre spätere Übersiedlung nach La Paz in Bolivien unter einer
Scheinidentität, um Che Guevaras Pläne voranzubringen, die revolutionäre
Glut Kubas nun nach Lateinamerika zu tragen, das alles wurde vom
Stasi-Apparat so nicht abgesegnet. „Die Idee, die Revolution zu
exportieren, verfolgte die DDR nicht“, so Rump, „sie war außerdem für einen
von oben nach unten gerichteten Sozialismus, Che und Tamara dagegen
agierten eher autonom, in ihren Entscheidungen selbstbestimmt, ohne Befehle
von oben. Che hatte mit dieser Haltung Probleme mit Fidel Castro, Tamara
mit der DDR-Obrigkeit.“
Zu denen, die von Tamara Bunke fasziniert sind, gehört auch der Regisseur
Elmar Fischer, ein Wessi, der schon seit 20 Jahren Spielfilme dreht und für
mehrere „Tatorte“ verantwortlich ist. Seit Beginn seiner Karriere trage er
den Stoff für einen Spielfilm über Bunke mit sich herum, sagt er am
Telefon.
Es gebe „verschiedene Tamaras“, sagt er, was eben auch daran liege, dass
sie aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werde. Bei der
Finanzierung seines Projekts habe das nicht unbedingt geholfen. Bereits vor
zwei Dekaden habe er sich erstmalig darum bemüht, ein Filmprojekt über
Bunke zu verwirklichen, wovon auch Lothar Bisky mitbekommen habe. Der war,
bevor er erst bei der PDS und dann bei der Partei Die Linke zu einem der
führenden Politiker wurde, Rektor der Hochschule für Film und Fernsehen
Potsdam-Babelsberg, also auch im Bereich des Films ein Mann vom Fach.
## „Nicht auf der Seite der Sieger“
Bisky habe ihn also angerufen und zum Gespräch in seinem Büro im Bundestag
eingeladen, berichtet Fischer. Und ihm gesagt: „Tamara stand nicht auf der
Seite der Sieger. Und die Sieger schreiben immer die Geschichte. Ich glaube
nicht, dass Sie diesen Stoff allein mit deutschen Geldern finanziert
bekommen.“ An diese Worte habe er sich erinnert, so Fischer, als es in den
letzten Jahren dann endlich doch immer konkreter wurde mit seinem
Bunke-Projekt.
In diesen Tagen ist der Drehbeginn zu seinem Spielfilm, aber bis zuletzt
musste er um Gelder kämpfen, weswegen er sogar eine Crowdfunding-Kampagne
gestartet hatte. „Ich habe festgestellt, dass es bei Filmprojekten über
Persönlichkeiten, die eher dem westlichen Narrativ entsprechen, einfacher
ist, Gelder aufzutreiben als bei Pendants aus dem Osten“, so Fischer, „das
ist einfach nur meine Beobachtung.“
Dabei sei das Interesse an dem Stoff, aus dem er im regen Austausch mit dem
Bunke-Experten Oliver Rump ein Drehbuch entwickelt hat, groß. Alte Bekannte
Bunkes hätten sich bei ihm gemeldet, einen „großer Drang, sich mitteilen zu
wollen, eine Sehnsucht, über solche Themen aus der DDR zu berichten“, habe
er verspürt. Trotz aller Widrigkeiten ist jetzt klar: Sein Spielfilm über
Tamara Bunke wird kommen. Fertig abgedreht sein soll er nächsten Februar,
dann folgt die Postproduktion. Für frühestens Ende 2026 ist der Kinostart
anvisiert.
Vielleicht wird sein Film dazu beitragen können, dass man sich in
Deutschland noch einmal verstärkt mit Bunke beschäftigt. Sie hat es
verdient, findet Oliver Rump natürlich. Ein Asteroid wurde nach ihr
benannt. Die US-Schauspielerin Patty Hearst hatte sich eine Zeit lang Tania
rufen lassen, als Hommage an Bunkes Alias „Tania la Guerrillera“. „Es gibt
sehr viel Musik über sie“, so Rump, „sie hat Einfluss, bis hin zur
Popkultur.“
Für Konservative, so führt er fort, sei sie „eine Terroristin, die in der
Fremde ein neues System errichten wollte. Für andere ist sie eine
notwendige Revolutionärin gewesen, die mit dem Unrecht auf der Welt
gebrochen und sich für Gleichheit, Frieden und Selbstbestimmung der Völker
eingesetzt hat.“
An dieser zwiegespaltenen Rezeption Bunkes wird wahrscheinlich auch der
beste Spielfilm nichts ändern können. Rump schlägt vor, dass man in ihr
aber auch einfach eine „interessante Frau, die den Aufbruch wagen wollte“,
sehen könne. Und das ist ein Angebot, das sich ganz unabhängig davon, wie
man zu Bunke politisch stehen mag, an alle richtet.
19 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Andreas Hartmann
## TAGS
(DIR) Che Guevara
(DIR) Kuba
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