# taz.de -- Präsidentschaftswahlen in Chile: Hoffnungsträgerin Jara
       
       > In Chile tritt in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl ein
       > Pinochet-Nachfolger gegen eine Frau aus der Arbeiterklasse an. Hat Jara
       > Chancen?
       
 (IMG) Bild: Will Präsidentin von Chile werden: Die linke Kandidatin Jeannette Jara in Santiago, Chile, am 16. November 2025
       
       Als Jeannette Jara zur Präsidentschaftskandidatin der chilenischen Linken
       gewählt wurde, läutete sie einen neuen politischen Moment ein. Noch nie
       hatte eine Frau aus der Arbeiter*innenklasse die Chance, Präsidentin
       zu werden. Jara, Tochter eines Mechanikers und einer Hausfrau, groß
       geworden in einer Armensiedlung im Norden Santiagos, verkörpert das Chile,
       das selten politische Repräsentation findet. Jara betont immer wieder, dass
       sie eine Kämpferin ist, so wie all die Chilen*innen, die morgens früh
       aufstehen und hart arbeiten, ohne dafür angemessen entlohnt zu werden.
       Viele Menschen identifizieren sich mit ihrem Lebensweg, weil sie
       authentisch und nahbar ist. Und das macht sie zur Hoffnung der Linken.
       
       Jara nutzt ihre Herkunft [1][im Wahlkampf]. Ihre Kampagne setzt auf
       sozialpolitische Themen, die die materiellen Lebensbedingungen der
       arbeitenden Klasse verbessern sollen: öffentliches Gesundheitswesen,
       bezahlbarer Wohnraum, Lohnerhöhungen. Sie steht damit für eine Politik von
       unten, die nicht nur die eigene Basis, sondern einen breiten Teil der
       Bevölkerung anspricht.
       
       Als Arbeitsministerin in der Regierung von Gabriel Boric setzte sie die
       schrittweise Reduktion der Wochenarbeitszeit von 45 auf 40 Stunden durch,
       erhöhte den Mindestlohn und verhandelte über eine Rentenreform. Sie
       verspricht keine großen Transformationen so wie Boric, sondern kleine, aber
       konkrete Reformen. Ihr Stil ist pragmatisch, sachlich, konsensorientiert.
       
       Jaras Gegner, José Antonio Kast, führt einen Wahlkampf, der Angst schürt
       und gleichzeitig Sicherheit und Ordnung verspricht. Er präsentiert sich als
       starker Mann, der „durchgreifen“ will. Seine Nähe zu Pinochet und seine
       autoritären Tendenzen machen ihn zu einer realen Gefahr für die chilenische
       Demokratie. Um die Stichwahl zu gewinnen, muss Jara die Menschen erreichen,
       die Angst haben, sich aus der Politik ausgeschlossen fühlen, und frustriert
       sind. Wenn sie es schafft, Vertrauen aufzubauen und einen breiten Teil der
       Gesellschaft anzusprechen, könnte sie ein Gegenentwurf sein zu
       [2][Angstpolitik und rechtem Autoritarismus].
       
       17 Nov 2025
       
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