# taz.de -- Bundesparteitag der Grünen: Es könnte auch ohne Robert gehen
       
       > Klimapolitisch setzen die Grünen kluge Zeichen. Beim Thema Globuli und
       > Wehrpflicht dürften sie aber wichtige Wähler*innengruppen
       > verschrecken.
       
 (IMG) Bild: Hat gut Regie geführt: Parteichef Banaszak auf dem Parteitag
       
       Genie und Unsinn lagen auf dem Parteitag der Grünen an diesem Wochenende
       nah beieinander. Hoffnung gibt der Weg, [1][mit dem Co-Parteichef Felix
       Banaszak den Klimaschutz wieder mehrheitsfähig machen will:] die Ziele
       nicht zurückschrauben, die Transformation aber für die Masse bezahlbar
       machen und dafür die Reichen in die Pflicht nehmen. Seine Botschaft drang
       durch, dank guter Vorbereitung, einer runden Rede und flankierenden
       Beschlüssen aus der Partei: das 9-Euro-Ticket, Steuern auf Privatjets und
       keine Gasbohrungen vor Borkum.
       
       Geschickt ist der Ansatz vor allem, weil er Vorwürfe wie die des Oberrealos
       Winfried Kretschmann widerlegt, die Bundespartei gebe sich mit 10 Prozent
       zufrieden, statt in die Breite zu streben. Banaszak und der Parteitag haben
       die grünen Positionen in der Klimapolitik nach links verschoben, indem sie
       die Verteilungs- und Gerechtigkeitsfrage in den Blick nahmen. Der
       Parteichef adressiert gezielt die populären Vorbehalte gegen den
       Klimaschutz und die Grünen, die sich in den vergangenen Jahren festgesetzt
       haben. Er macht das nicht nur inhaltlich, sondern auch habituell und geht
       dafür mit Bekenntnissen zum Mallorca-Flug und dem Kleinwagen bis an die
       Schmerzgrenze.
       
       Erstmals steht jetzt eine greifbare Idee dafür im Raum, wer die Grünen nach
       der Ära Habeck sein könnten. Dass der Versuch aufgeht, ist allerdings nicht
       garantiert: Es ist offen, ob so ein Ansatz in Deutschland überhaupt
       verfangen kann, ob er den Grünen abgenommen wird und ob die eigenen
       Landesverbände ihn nicht sabotieren.
       
       Und: Diese neue Form des grünen Pragmatismus, der in der Klimapolitik
       aufblitzt, zeigt die Partei in anderen Feldern gerade nicht. Auf dem
       Parteitag beschlossen die Delegierten gegen den Wunsch der Parteispitze
       auch, [2][dass die Krankenkassen nicht mehr für Homöopathie zahlen sollen.]
       Inhaltlich richtig, taktisch falsch: Die Einsparungen durch ein solches
       Verbot wären überschaubar. Dafür könnte der Beschluss große Teile grüner
       Kernmilieus gegen die Partei aufbringen. Die Grünen geben ohne Not einem
       Vorbehalt neues Futter: Sie wüssten besser, was gut für die Leute ist, als
       die Leute selbst.
       
       Ähnlich ist es bei der Debatte zum Wehrdienst. Zur Wehrpflicht haben sich
       die Grünen auf diesem Parteitag zwar noch nicht bekannt. Sie haben aber
       dafür gestimmt, junge Männer wieder verpflichtend zu mustern. Banaszak warb
       selbst dafür und zeigte in seiner Rede wenig Empathie für die
       Kritiker*innen. Tenor: Stellt euch nicht so an, ist doch nur eine kleine
       Untersuchung. Kein Auftritt, mit dem die Grünen ihre großen Stimmverluste
       bei einer Bevölkerungsgruppe wiedergutmachen werden: bei den
       Jungwähler*innen und dort vor allem den jungen Männern.
       
       Man könnte beide Beschlüsse angesichts der großen Klimafragen zwar als
       Nebensachen abtun. Geschickterweise hat die Parteitagsregie die
       entsprechenden Abstimmungen in die späten Abendstunden gepackt, an der
       breiten Öffentlichkeit sind sie möglicherweise vorbeigegangen. Aber darauf
       bauen sollten die Grünen nicht. Beide Themen lassen sich symbolisch enorm
       aufladen. Und dass man mit Nebensächlichkeiten der Hauptsache im Weg stehen
       kann, sollte die Partei eigentlich gelernt haben.
       
       30 Nov 2025
       
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