# taz.de -- Vorstand zur Fußball-Club-Genossenschaft: „Wir arbeiten Genossenschaft“
       
       > Der Sportverein FC St. Pauli veranstaltet ein Fest, um die
       > Genossenschaftsidee zu feiern. Bei näherem Hinsehen ist es eher eine
       > Fachmesse.
       
 (IMG) Bild: Geht dieser Tage mehrheitlich in Genossenschaftsbesitz über: das Millerntor-Stadion bei der 0:4-Klatsche gegen Mönchengladbach
       
       taz: Herr Borcherding, mit der [1][St. Pauli-Genossenschaft] haben Sie über
       29 Millionen Euro eingesammelt. Haben Sie schon das Millerntor-Stadion
       gekauft? 
       
       Andreas Borcherding: Gefühlt habe ich das schon längst verinnerlicht, dass
       wir das Stadion gekauft haben. Aber dahinter stehen geschätzt 20
       zivilrechtliche Verträge, die wir abschließen und zum Teil notariell
       beglaubigen lassen müssen. Das sollte zeitnah klappen. Aber bis es im
       Handelsregister eingetragen ist, kann es noch ein paar Tage dauern.
       
       taz: Gerade haben Sie die Warteliste noch mal geöffnet. Wollen Sie noch
       mehr Kapital einsammeln? 
       
       Borcherding: Nein, aber wir öffnen die Warteliste für potenzielle
       Nachrücker. Für die wenigen Fälle, in denen Leute ihre Anteilszeichnung
       storniert haben. Oder falls welche von denen, die ihren Anteil ansparen,
       das Ziel nicht erreichen. Was wir natürlich nicht hoffen. Wir haben nicht
       das Ziel, jetzt noch mal weitere Millionen einzusammeln. Das sind Themen,
       die uns in ein, zwei Jahren wieder beschäftigen könnten.
       
       taz: Was für Themen? 
       
       Borcherding: Alles, was das Stadion betrifft – ob man es nachhaltiger
       ausbaut, ob man die Ecken schließt, ob man die Kapazität erweitert. Wir
       haben eine Riesen-Nachfrage nach Karten, könnten jedes Spiel 40- bis 50.000
       Zuschauer haben, aber das Stadion fasst nur knapp 30.000. Auch viele andere
       Themen rund um den Verein sind vorstellbar.
       
       taz: Was spricht dagegen, einfach immer weiter Anteile einzusammeln und
       damit die Kapitalbasis zu verbreitern, [2][wie die taz es tut]? 
       
       Borcherding: Wir haben da ein anderes Modell. Es basiert darauf, dass wir
       das Geld, das wir einsammeln, in die Beteiligung am Stadion investieren.
       Wir haben die klare Erwartung, dass wir über die Pachteinnahmen eine
       gewisse Rendite ausschütten können. Wenn wir jetzt weiter Geld einsammeln
       würden, müssten wir das auch wieder irgendwo investieren, um diesen
       Anspruch auch zu bedienen. Deswegen gibt es immer wieder Schritte, die mit
       Kampagnen unterfüttert werden.
       
       taz: Am Sonnabend wollen Sie die Genossenschafts-Idee feiern. Was ist der
       Anlass? 
       
       Borcherding: Der Anlass ist die große Resonanz in der genossenschaftlichen
       Welt. Ich war im vergangenen Jahr bei einer fantastischen Veranstaltung der
       taz-Genossenschaft in Berlin. Da haben wir gemerkt, dass wir mit dieser
       Idee der ersten Genossenschaft im Profifußball einen spannenden Impuls in
       die genossenschaftliche Welt gegeben haben. Wir haben mit dem FC St. Pauli
       eine super Marke, mit der wir vielleicht dem etwas angestaubten Image von
       Genossenschaften etwas entgegensetzen können. Wir sind [3][gestartet mit
       dem Motto „Ein anderer Fußball ist möglich“] und wir wollen jetzt sagen:
       Auch ein anderes Wirtschaften ist möglich. Wie setzen wir das um? Auch
       indem wir das Stadion öffnen für solche Veranstaltungen, für andere
       Genossenschaften. Wir wollen ein Forum bieten.
       
       taz: Und was genau passiert da? 
       
       Borcherding: Es ist eine Veranstaltung nicht nur für Fußballinteressierte,
       sondern auch für Leute, die nicht an dieser genossenschaftlichen Idee Spaß
       haben. Da geht es um Energie, bezahlbaren Wohnraum. Oder um die Frage, wie
       man ein Unternehmen an die Mitarbeitenden weitergeben kann, wenn man keine
       Nachfolge hat – das sind wichtige Fragen in unserer Wirtschaft, die viele
       umtreiben und wo nicht jeder als Erstes an Genossenschaften denkt. Dabei
       kann das eine Lösung sein. Eine solidarische Lösung, die darauf ausgelegt
       ist, dass viele an einem Strang ziehen.
       
       taz: Klingt gar nicht so nach Fest. 
       
       Borcherding: Stimmt, es ist eher eine Fachmesse. Es geht ums Netzwerken,
       darum, dass man sich fachlich austauscht. Wir wollen gemeinsam Inhalte
       erarbeiten. Man könnte sagen „wir feiern Genossenschaft“, aber „wir
       arbeiten Genossenschaft“ auch.
       
       5 Nov 2025
       
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