# taz.de -- Debatte um Kinderfernsehen: Der KiKA sollte im linearen TV bleiben – logo!
       
       > Im Kinderkanal habe ich mehr fürs Leben gelernt als in der Schule. Nun
       > soll der Sender nur noch über Streaming abrufbar sein. Das ist ein
       > Fehler.
       
 (IMG) Bild: Im Internet bleiben sie erhalten: Figuren aus dem Kika-Programm
       
       Wer als erster oben ist!“ Regelmäßig schleuderten mein Bruder und ich nach
       der Schule unsere Ranzen in die Ecke und machten den Weg ins Wohnzimmer zum
       Wettkampf. Mit roten Köpfen und viel Euphorie landeten wir schließlich vor
       dem Fernseher. 14.10 Uhr, genau pünktlich zum Highlight des Tages. „Schloss
       Einstein“ fängt an.
       
       Um das Fernsehprogramm wurde sich in unserer Kindheit nicht gestritten.
       Ohnehin gab es nur einen einzigen Sender, den meine Mutter durchgehen ließ:
       [1][KiKA, der Kinderkanal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks]. Bekannt
       ist er für die Gute-Nacht-Geschichten des Sandmännchens oder [2][die
       Kindernachrichtensendung „logo!“]. Jetzt soll der Sender ab Dezember
       langsam aus dem linearen Fernsehen verschwinden. Das sieht der sogenannte
       Reformstaatsvertrag vor, der ARD, ZDF und Deutschlandradio digitaler und
       zukunftsfähiger machen soll.
       
       Zum Glück bedeutet das nicht wirklich das, was manche Schlagzeile seitdem
       verkündet hat: das KiKA-Aus, die rigorose Abschaltung eines Kult-Senders.
       Das ganze Programm soll weiterhin verfügbar sein, aber online, über
       Mediatheken oder Apps. Kinder und Jugendliche sollen künftig rund um die
       Uhr ihre Lieblingssendungen streamen können. Klingt erst mal gar nicht so
       tragisch. Nostalgisch werde ich trotzdem.
       
       Und etwas skeptisch. Denn was passiert, wenn man die App eines Senders oder
       Streamingdienstes öffnet und plötzlich Hunderte Sendungen auf einmal
       aufploppen? Wenn das aufsehenerregendste Format in Form einer großen
       Preview oben auf der Seite beworben wird? Wenn überhaupt alles dafür
       ausgelegt ist, dass Menschen irgendwo rein- und raufklicken und am besten
       nicht mehr damit aufhören? Richtig, man ist überfordert, wird abgelenkt.
       Und hat manchmal nach einigen Sekunden vergessen, was man sich eigentlich
       ansehen wollte.
       
       ## Kika als niedrigschwelliger Zugang zu Informationen
       
       Die Inhalte, die auf KiKA laufen, sind dafür zu wichtig. Sendungen wie
       „Wissen macht Ah!“ oder „logo!“ machen komplexe gesellschaftspolitische und
       wissenschaftliche Zusammenhänge verständlich.
       
       Dass sie durch die Umstellung aufs Internet unzugänglicher werden könnten,
       darüber machen sich auch Menschen Sorgen, die ihre Jugend gerade erst
       hinter sich gebracht haben. „Für viele Familien ist KiKA der einfachste
       Zugang zu Medien, Wissen und politischer Orientierung, und zwar unabhängig
       von Einkommen oder Internetanbindung“, [3][schreibt Amy Kirchhoff von der
       Bundesschülerkonferenz in einer Pressemitteilung].
       
       Eine 18-Jährige aus Schleswig-Holstein startete [4][die Onlinepetition
       #KiKAretten, die schon von mehr als 50.000 Menschen unterzeichnet wurde].
       Sie sei auf Tiktok aktiv, sagt sie, „aber ohne KiKA im TV wäre ich nie die
       geworden, die ich heute bin“.
       
       Ich frage meinen Bruder, ob er das auch so sieht. Er zögert und antwortet
       schließlich: „Auf jeden Fall hat uns KiKA mutig und abenteuerlustig
       gemacht.“ Bis heute wissen wir die Sendezeiten unserer Lieblingsserien,
       fangen manchmal an, ihre Titelsongs zu trällern: „Ich nehm' dich bei der
       Hand, zeig' dir das Märchenland!“ („SimsalaGrimm“).
       
       Von Shary und Ralph („Wissen macht Ah!“) habe ich gefühlt mehr über Physik
       und Chemie gelernt als in der Schule. Und von Jana, Natascha, Fiete, Cem
       und Vivi („Die Pfefferkörner“) wissen wir, wie wichtig Freundschaften sind
       und dass man einander nicht im Stich lässt, auch wenn es mal brenzlig wird.
       
       Nur ob Wickie („Wickie und die starken Männer“) jetzt ein Junge oder ein
       Mädchen ist, da waren wir uns lange nicht so sicher. Aber – Wickie würde
       sich jetzt so lange an der Nase reiben, bis die Sterne fliegen, und dann
       sagen: Ich hab’s! – vielleicht hat uns die Serie auch genau das
       beigebracht: dass es eigentlich gar keine Rolle spielt.
       
       23 Nov 2025
       
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 (DIR) Katharina Federl
       
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