# taz.de -- Pro und Contra: Und jetzt, ab in die Badewanne?
       
       > Wenn's draußen kälter wird, lassen sich drinnen viele gern heißes Wasser
       > ein. Die Redaktion ist gespalten, ob das eine gute Idee ist.
       
 (IMG) Bild: Zumindest diese Enten lieben die Badewanne
       
       ## rein da!
       
       Noch immer suche ich nach der perfekten Wohnung, einer mit Doppel B: Balkon
       und Badewanne. Doch leider bleibt mir diese Combo, seit ich vor zehn Jahren
       bei meinen Eltern auszog, verwehrt. Nur für die ein oder andere
       Zwischenmiete lebte ich temporär mit ihr zusammen. Jedes Jahr im Winter
       vermisse ich sie. Wenn die Sonne sich kaum blicken lässt, die Wolkendecke
       drückt und der Tag aus mehr Dunkelheit als Licht besteht. Wenn mir einfach
       nicht warm werden will, weil die Kälte sich von innen so unter der Haut
       eingenistet hat, dass auch die aufgedrehte Heizung nichts bringt.
       
       Dann muss ich mich in meiner Wohnung mit der zweitbesten Lösung abgeben.
       Ich dusche, wie ich baden würde: bis die Haut schrumpelig wird – und erhöhe
       die Temperatur, sobald sich mein Körper an den nächstwärmeren Strahl
       gewöhnt hat. Wohltuend, aber kein Ersatz.
       
       Steige ich ins eingelassene Wasser, empfängt mich die Wanne in ihrer heißen
       Umarmung, die sich manchmal fast zu intensiv anfühlt. Dann kribbelt und
       brennt meine Haut. Das Licht gedämmt, beobachte ich die Flammen der Kerzen,
       forme Gebirgsketten aus Schaum, tauche unter die Oberfläche und verlasse
       kurz die Welt da draußen. Ich verfolge die Tropfen auf den Wänden – das Bad
       und ich, wir [1][schwitzen] beide. In der Badewanne kann ich planschen und
       weinen, lachen, Momenten der Einsamkeit begegnen, meinen Körper fühlen und
       loslassen. Sie fängt mich auf, wenn die tristen Wintertage mich
       feinfühliger für den Schmerz der Welt machen und meine Gedanken dunkel
       färben. Sie schenkt mir Geborgenheit.
       
       Kein Wunder also, dass ich jede Gelegenheit zum Bad ergreife. Zum Glück
       finde ich sie immer wieder bei Freund*innen und Familie. Dort bade ich
       meistens alleine, manchmal auch zu zweit. Dann fühlt es sich an, als wäre
       ich wieder ein Kind. Mit Schaum malen wir uns Vollbärte und Schnauzer ins
       Gesicht.
       
       Und wenn wie vergangenen Winter [2][eine Horrornachricht die nächste] jagt,
       hilft nichts so gut wie die Badewanne. Trumps Amtseinführung und das
       Kanzlerduell verfolgten mein Freund und ich aus dem heißen Wasser heraus
       mit Sekt und Pizza. Ein schräges Bild, aber so ließ sich das Ganze durchaus
       leichter ertragen. (Adefunmi Olanigan)
       
       ## bitte nicht!
       
       Für diesen Text habe ich mich extra noch einmal in die Badewanne gelegt.
       Wegen des Feelings. Ausgezogen habe ich mich aber nicht.
       
       Ich liege also in der emaillierten Wanne, und? Und finde es hart. Kalt
       auch. Denn es ist kein Wasser drin. Die Wanne ist eine Kiste ohne Deckel,
       kein See. Die geflieste Wand darüber verspricht: nichts. Mein Blick wandert
       über den Putz. Da sind Risse. An der Decke verläuft das Abflussrohr des
       Stockwerks über mir. Darauf eine dicke Schicht Staub. Schon lange hat bei
       uns niemand mehr nach oben geschaut. Denn wir baden nicht mehr.
       
       Gefragt, warum ich nicht bade, weiß ich nur eine Antwort: Weil ich mich
       langweile. Das ist die Wahrheit. Das war schon immer so. Das Gefühl stellte
       sich umgehend ein, kaum hatte ich mich ins Wasser gesetzt. Leute, die ihr
       psychologisches Wissen an den Ratgeberseiten von Frauenzeitschriften
       schulen, werden sagen: Sie hält es mit sich selbst nicht aus. Ich sehe das
       anders: Wenn ich mich schon langweile, dann möchte ich das nicht in einer
       Nasszelle tun. Dann möchte ich auf einer Bergwiese liegen. Oder am Strand.
       
       Das ist alles, was ich zur Badewanne zu sagen habe. Meine Freundin weiß
       mehr. Früher, sagt sie, sei sie, wenn sie nichts vorhatte, gern mal in die
       Badewanne gestiegen. Mit Kerze und Duftschaum, mit Schaumwein und der neuen
       [3][Emma] in der Hand. Sie hielt das für ein gehobenes Abendprogramm. Aber
       kaum sei sie im Wasser gelegen und habe angefangen sich zu entspannen, sei
       das auch schon wieder kühl geworden. Oder – noch schlimmer – meldete sich
       die Blase. „Gut, man kann Pipi ins Badewasser machen, ist ja nicht
       schlimm“, sagt sie. Aber schon alleine das Nachdenken darüber hätte die
       Entspannung hinfällig gemacht. Ihr Fazit: Zu viel Aufwand für zu wenig
       Freude. „Kommt noch die sinnlose Vergeudung von Strom dazu.“
       
       Wir sind schon lange ein Paar und ich erinnere mich an ihre
       Badewannensessions von früher.
       
       Manchmal habe ich mich, wenn sie schon eine Weile in der Wanne lag,
       ausgezogen und bin zu ihr ins Wasser. „Ich fand das entzückend“, sagt meine
       Freundin, „aber kaum warst du drin, fingst du an rumzuhampeln.“ Ja, mein
       Herz, du hast recht. War so. Ich wusste einfach nicht, was ich da sollte.
       (Waltraud Schwab)
       
       10 Nov 2025
       
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