# taz.de -- Wahlen in den Niederlanden: Weltbürger gegen Wilders
       
       > Der Sozialdemokrat Frans Timmermans will nächster niederländischer
       > Premier werden. Mit Machtkämpfen kennt er sich aus. Mit dem Scheitern
       > auch.
       
 (IMG) Bild: In der internationalen Politik ein bekanntes Gesicht: Frans Timmermans
       
       Er ist der Mann, der abermals [1][gegen Geert Wilders antritt]: Frans
       Timmermans, ehemaliger EU-Vizekommissionspräsident, Ex-Außenminister der
       Niederlande und nun Vorsitzender und Spitzenkandidat des niederländischen
       Parteienbündnisses aus Grünen und sozialdemokratischer Arbeiterpartei, das
       den Namen GroenLinks-PvdA trägt.
       
       An diesem Mittwoch gehen die Niederländer wieder einmal an die Wahlurne: Es
       gibt vorgezogene Neuwahlen, nachdem die rechte Vier-Parteien-Koalition –
       mit Wilders' Ein-Mann-Partei Partij voor de Vrijheid (PVV) als größten
       Partner – in die Brüche gegangen war. Von Anfang an war die Koalition aus
       PVV und der rechtsliberalen Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD),
       dem im politischen Spektrum schwer einzuordnenden Nieuw Sociaal Contract
       (NSC) und der europaskeptischen rechten Bauernprotestpartei BBB zerstritten
       und konnte sich kaum auf etwas einigen. Die Regierung war vom parteilosen
       Spitzenbeamten Dick Schoof geführt worden, weil NSC-Parteigründer Pieter
       Omtzigt sich vehement geweigert hatte, Wilders als Premier zu akzeptieren.
       
       Allein die Koalitionsverhandlungen hatten sich über ein halbes Jahr
       hingezogen. Nach nur elf Monaten [2][ließ Wilders die Regierung platzen],
       weil die Koalitionspartner [3][seinen Zehn-Punkte-Plan für eine
       rechtsradikale Migration- und Asylreform] nicht mittragen wollten.
       
       ## Ein zweiter Anlauf
       
       Der 22. November – der Tag, an dem Wilders im Jahr 2023 bei den
       niederländischen Parlamentswahlen Wahlsieger wurde – ist in den
       Niederlanden ein feststehender Begriff. Und nun, beinahe zwei Jahre später,
       ist die Ausgangslage fast genauso wie damals: Sozialdemokrat Frans
       Timmermans tritt an, um eine rechte Regierung in Den Haag zu verhindern.
       Und wieder könnte er scheitern, trotz guter Werte in den Prognosen.
       
       In der internationalen Politik ist Timmermans ein bekanntes Gesicht, und er
       ist ein Weltbürger. Der Diplomatensohn wuchs an der
       deutsch-niederländischen Grenze auf, außerdem in Brüssel, Paris und Rom. Er
       spricht sieben Sprachen fließend: Niederländisch, Limburgisch, Englisch,
       Deutsch, Französisch, Italienisch und Russisch. Er wurde ebenfalls
       Diplomat, wie sein Vater, und war von 2012 bis 2014 schon einmal
       niederländischer Außenminister.
       
       Mit seinem Wechsel nach Brüssel im Jahr 2014 war Timmermans endgültig in
       der großen Politik angekommen: Er wurde Erster Vizepräsident der
       EU-Kommission und leitete als solcher Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn,
       Polen und Rumänien ein. Damit zeigte er, dass er nicht davor
       zurückschreckte, sich unbeliebt zu machen. Genau das wurde ihm schließlich
       auf dem Weg ganz nach oben zum Verhängnis.
       
       ## Von der Leyen als lachende Dritte
       
       Bei der Europawahl 2019 ging er als Spitzenkandidat der europäischen
       Sozialisten – und damit als direkter Gegenkandidat zu CSU-Politiker Manfred
       Weber, der für die konservative Europäische Volkspartei (EVP) antrat – ins
       Rennen. Das jeweils erklärte Ziel der beiden: EU-Kommissionspräsident zu
       werden. Weber schaffte es nicht, sich die Mehrheit im Europäischen Rat zu
       sichern. Timmermans allerdings auch nicht: Die Osteuropäer stellten sich
       gegen ihn. Stattdessen wurde überraschenderweise Merkel-Freundin [4][Ursula
       von der Leyen] zur neuen Chefin der Brüsseler Behörde gewählt.
       
       Timmermans bekam wieder den Job des Ersten Vizepräsidenten und
       verantwortete in dieser Rolle den Green Deal – den Plan, die EU bis 2050
       klimaneutral umzubauen. Das brachte dem Niederländer im Brüsseler
       Politikbetrieb enorme Macht ein. Dennoch: Es gab Berichte über Machtkämpfe
       mit von der Leyen, und dass Timmermans, der als sehr eitel gilt, es nicht
       verwunden habe, nicht selbst der Kommissionschef zu sein.
       
       2023 witterte Timmermans dann die Chance, in den Niederlanden
       Ministerpräsident zu werden: Er verließ Brüssel – und landete in der
       Opposition. Derzeit sehen die niederländischen Wahlprognosen Timmermans auf
       dem zweiten Platz nach Wilders – also genauso wie 2023. Diesmal hat der
       Sozialdemokrat aber einen Vorteil: Keine Partei will mehr mit Wilders
       koalieren. Deswegen ist es wichtig, wer auf dem zweiten Platz landet und
       sich dann seine Partner sucht. In dem pluralistischen Parteiensystem der
       Niederlande ist es normal, dass mehrere Parteien miteinander koalieren.
       Timmermans' Plan, ganz nach oben zu kommen, könnte diesmal aufgehen.
       
       Es kann allerdings genauso gut sein, dass wieder jemand an ihm vorbeizieht.
       Denn auch dem Spitzenkandidaten des konservativen Christdemokratischen
       Appells (CDA), Henri Bontenbal, werden gute Chancen auf den zweiten Platz
       eingeräumt. Ebenso der sozialliberalen Partei Democraten 66 (D66).
       
       28 Oct 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eva Fischer
       
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