# taz.de -- Staatsvertrag mit Muslimen im Norden: Einigung erreicht, Mehrheit verfehlt
       
       > Schleswig-Holstein ermöglicht Schulkindern und Landesbediensteten,
       > muslimische Feiertage zu begehen. Doch Ditib und Schura sind keine
       > Vertragspartner.
       
 (IMG) Bild: Vertrag unterzeichnet: In Schleswig-Holstein soll es perspektivisch Islamunterricht an Schulen geben
       
       Rendsburg taz | Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat einen
       Vertrag mit dem Verband der islamischen Kulturzentren geschlossen, es geht
       etwa um die Anerkennung von Feiertagen. Nicht dabei sind zu deren
       Missfallen die mitgliederstärksten muslimischen Verbände Dıtıb und Schura.
       
       Muslimische Landesbedienstete und [1][Schüler:innen haben künftig zu Beginn
       des Fastenmonats Ramadan und am Opferfest frei]. Das ist der wohl
       spürbarste Bestandteil des Vertrags, den Kulturministerin Dorit Stenke
       (CDU) und Murat Pırıldar, Landesvorsitzender des Verbandes islamischer
       Kulturzentren (VIKZ) Norddeutschland, [2][unterzeichnet haben]. Langfristig
       geht es nun auch um Islamunterricht in den Schulen, um ein eigenes
       Schulfach und die Frage, wer dort unterrichten soll.
       
       Der Vertrag [3][stelle ein wichtiges Zeichen der Anerkennung und
       Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften dar], sagte Stenke bei der
       Unterzeichnung: „Menschen muslimischen Glaubens sind Teil unserer
       Gesellschaft. Das besiegeln wir mit diesem Vertrag.“ Pırıldar freute sich
       im Gegenzug „auf die wichtige Rolle, die wir als Vertragspartner des Landes
       Schleswig-Holstein übernehmen“.
       
       Rund 12.000 Schleswig-Holsteiner:innen gehören dem Verband der
       Kulturzentren an. Das ist aber nur ein kleiner Teil der etwa 70.000
       Muslim:innen im Land, [4][darauf verweisen die Türkisch-Islamische Union
       (Dıtıb) Nord] und der Rat der islamischen Gemeinschaften (Schura) in einer
       Pressemitteilung. Beide Verbände seien „trotz zahlreicher Gespräche mit dem
       Bildungsministerium ausgegrenzt“ worden. Das verzerre die Wirklichkeit,
       verletze das Paritätsgebot und untergrabe das Vertrauen in staatliches
       Handeln, heißt es in der Mitteilung.
       
       Tatsächlich hat es lange Verhandlungen gegeben. Bereits 2022 gab die
       Landesregierung zwei Gutachten in Auftrag, die die Verbände in religiöser
       und rechtlicher Hinsicht auf ihre Vertragsfähigkeit prüfen sollten. Unter
       anderem wurde geprüft, ob die Nähe der Dıtıb zur Türkei ein
       Ausschlusskriterium für einen Vertrag darstelle.
       
       Ist es nicht, sagt Stefan Muckel, Professor für Religionsrecht an der
       Universität Köln. Es sei unbedenklich, wenn sich eine in Deutschland
       ansässige Religionsgemeinschaft in inhaltlichen Fragen an den Vorgaben
       einer ausländischen Stelle orientiere. Selbst „eine religiöse
       Fremdsteuerung aus dem Ausland“ sei verfassungsrechtlich unbedenklich –
       sagt er mit Blick auf die katholische Kirche. Muckel schlägt in seinem
       Gutachten aber eine Reihe von Maßnahmen vor, mit denen sich die Dıtıb
       politisch von der Türkei abgrenzen sollte.
       
       Das Land Schleswig-Holstein habe mit beiden Verbänden eigenständige
       Gespräche geführt, sagt Wilko Huper, Sprecher des Bildungsministeriums, auf
       taz-Anfrage. Mit der Schura waren die Verhandlungen [5][bis zur Ebene
       erster Vertragsgespräche gediehen], „aktuell sind jedoch noch nicht alle
       inhaltlichen Punkte geeint“. Die Dıtıb erfülle „jedoch derzeit nicht die
       Voraussetzungen für die Aufnahme konkreter Vertragsverhandlungen“. Die
       Regierung stehe aber mit beiden Gruppen weiter in einem „konstruktiven
       Dialog“.
       
       ## Positionierung gegen Hamas als Streitpunkt
       
       Auf einen Punkt, der die Verhandlungen zurzeit schwierig machen könnte,
       weist der Journalist und Buchautor Eren Güvercin in einem Post auf der
       Plattform X hin. Der Bundesverband der islamischen Kulturzentren war im
       Oktober 2023 aus dem Koordinierungsrat der Muslime ausgetreten, [6][dem
       auch Dıtıb als großer Mitgliedsverband angehört].
       
       Auf der Website des VIKZ findet sich keine Begründung für diesen Schritt.
       Güvercin schreibt aber, dass in dem Gremium „eine gemeinsame eindeutige
       Positionierung gegen die Hamas nicht möglich war“.
       
       Die Landesregierung nannte den Vertrag in einer ersten Mitteilung
       „wegweisend“. Auf Nachfrage teilte das Ministerium mit, das sei im
       bundesweiten Vergleich gemeint: „Verträge mit Islamverbänden gibt es bisher
       nur in wenigen Bundesländern.“ Wichtig sei der Vertrag vor allem als
       Zeichen der Anerkennung.
       
       14 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Muslimische-Kita/!6022352
 (DIR) [2] https://www.vikz.de/de/aktuelles/vikz-verlaesst-den-koordinationsrat-der-muslime-krm.html
 (DIR) [3] https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/III/Presse/PI/2025/09_September/20250924_VIKZ
 (DIR) [4] /Solidaritaetsproteste-fuer-die-Tuerkei/!6076465
 (DIR) [5] /Interview-mit-Murat-Kayman/!6106047
 (DIR) [6] https://www.ditib-nord.de/_files/ugd/aa96de_9f9cbe9b1deb4c59b13a27b5c0af9d3b.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geisslinger
       
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