# taz.de -- Nazimusikschwemme auf Streamingportalen: Jawoll, mein Streamer
       
       > KI-generierte Songs mit Nazitexten fluten Plattformen wie Spotify.
       > Algorithmen sorgen für große Verbreitung. Wer gebietet dem Wahnsinn denn
       > Einhalt?
       
 (IMG) Bild: Fast wie die Musik auf den „Schulhof-CDs“, die von der NPD vertrieben wurden: KI-generierte Songs mit Nazitexten auf Spotify
       
       Die letzten Stunden habe ich mich dem Brainrot (die Autokorrektur wollte
       mit „braunrot“ korrigieren, was auch wahr gewesen wäre) ausgesetzt und das
       gleich auf mehreren Plattformen: Spotify, Youtube und Tiktok. Grund dafür
       war, dass dort vermehrt mit KI erzeugte Musik mit rechtsradikalen Inhalten
       hochgeladen wird.
       
       Auf das Thema aufmerksam gemacht hatte [1][die Musik-Journalistin Melanie
       Gollin], der vom Streamingmarktführer Spotify eben solche Songs empfohlen
       wurden. Und weil ich mich in den letzten Monaten immer wieder mit Spotify
       und KI auseinandergesetzt habe, dachte ich: Darüber einen Text zu schreiben
       – jetzt noch mit der zusätzlichen Fascho-Komponente – sollte doch kein
       Problem werden.
       
       Und nun noch zu meinem kleinen Ausflug ins Internet, den ich eigentlich
       schon beenden wollte, als ich bei Threads den Satz „Taylor Swift's victim
       complex is rivaled only by Israel“ las und einen Screenshot davon mit den
       Worten „Genug Internet für heute“ an eine Freundin weiterleitete.
       Anschließend aber bin ich erst einmal auf dem Spotify-Account des
       „Musikers“ Traditionshüter gelandet.
       
       ## Tausendfach gestreamt
       
       Dessen Songs, die Titel wie „Flieg deutscher Adler“, „Meine Stimme habt ihr
       nicht“ und „Leib und Leben“ tragen, haben dort Zehntausende bis
       Hunderttausende Streams. Musikalisch sind sie in etwa von der Qualität wie
       die Musik, die Anfang bis Mitte der nuller Jahre auf den sogenannten
       „Schulhof-CDs“, die von der NPD vertrieben wurden, zu finden war.
       
       Nur hat die Musik von Traditionshüter eben deutlich mehr Hörer:innen.
       Verändert hat sich auch der „Stil“, es klingt sehr viel gefühlsduseliger,
       beschwört mal das kommende Ende von Deutschland herauf, an dem natürlich
       Geflüchtete und queere Menschen Schuld sind, und sehnt sich nach der „guten
       alten Zeit“ zurück.
       
       Egal über welche Plattform diese Machwerke angehört werden, der Algorithmus
       führt zu weiteren, die ähnlich funktionieren. Mittels KI wird maximaler
       Content erzeugt, auf Tiktok hat der mal eine größere, mal eine kleinere
       Reichweite, die Accounts selbst haben Follower:innen von wenigen
       Tausend bis an die Hunderttausend und agieren vor allem in den
       Kommentarspalten. Oft mit dem Hinweis, man möge doch Musik und weitere
       Inhalte teilen, um den Algorithmus zu pushen.
       
       ## Verbreiten der Botschaft
       
       Hier zeigt sich auch der Wettbewerbsvorteil, den solche Accounts nun für
       das Verbreiten ihrer Botschaften nutzen. Plattformen wie TikTok begünstigen
       Creators, die viel Content produzieren und damit im besten Fall eben auch
       Interaktion mit Follower:innen und Nutzer:innen, die solche Inhalte
       angezeigt bekommen. In den Kommentarspalten finden sich dann viele blaue
       Herzen und Daumen-hoch-Emojis.
       
       Schon erstaunlich, wie sie es allesamt ablehnen, als rechts oder
       rechtsextrem bezeichnet zu werden. Vielmehr verstehen sie sich als die
       letzten Menschen mit Verstand, die eben einfach nur die Wahrheit sagen und
       sich nicht mundtot machen lassen wollen. Klar: Ideologisch sind immer nur
       die anderen.
       
       Dabei ist es aber wichtig, Musik und ihre Macher:innen als genau als das
       zu benennen, nämlich als rechtsextrem. In seinem Vortrag „Aspekte des neuen
       Rechtsradikalismus“ sagte [2][Theodor W. Adorno]: „Zur Frage der Abwehr
       lassen Sie mich nur noch ganz wenige Worte sagen. Ich glaube, die
       ‚Hush-Hush‘-Taktik, also die Taktik, diese Dinge totzuschweigen, hat sich
       nie bewährt, und es ist sicher heute bereits diese Entwicklung viel zu weit
       gegangen, als daß man damit noch durchkäme.“ Das war 1967 und es bleibt
       aktuell.
       
       6 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.zwischenzweiundvier.de/
 (DIR) [2] /Buch-ueber-die-Kritische-Theorie/!6004758
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johanna Schmidt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Spotify
 (DIR) Schwerpunkt Antifa
 (DIR) Theodor W. Adorno
 (DIR) GNS
 (DIR) Reden wir darüber
 (DIR) Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
 (DIR) Spotify
 (DIR) Pseudonyme
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Musikbranche im KI-Zeitalter: Musik, die nicht egal ist
       
       20.000 KI-generierte Songs werden täglich neu hochgeladen. Zeit, dem etwas
       entgegenzusetzen: Songs und Alben von echten Musikerinnen und Musikern.
       
 (DIR) Probleme beim Musikstreaming-Boom: The Winner Takes It All
       
       Spotify hat 95 Prozent Marktanteil am Musikstreaming in Deutschland. Welche
       Gefahren darin liegen, erläutert ein investigatives Buch von Liz Pelly.
       
 (DIR) Detlef Diederichsen Böse Musik: Richtig Schotter mit Johan Röhr und KI
       
       Kaum einer kennt Schwedens meistgestreamten Musiker: wie sich in der
       Anonymität mit KI viel Geld verdienen lässt.