# taz.de -- Sicherheitskonferenz in Warschau: Zauberformel gegen Moskau
       
       > Der US-Gesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, wirbt in Warschau um
       > Verständnis für Washingtons Russlandpolitik. Man müsse mit allen Seiten
       > sprechen.
       
 (IMG) Bild: Der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Keith Kellogg, während des Sicherheitsforums in Warschau, Polen, 30. September 2025
       
       Warschau taz | Es war der Tag von Keith Kellogg am Dienstag in Warschau:
       Donald Trumps spezieller Gesandter für die Ukraine bemühte sich bei dem
       „Warsaw Security Forum 2025“ (WSF) von früh morgens bis zum späten
       Nachmittag redlich, um Verständnis für die neue Russlandpolitik des Weißen
       Hauses zu werben.
       
       Kelloggs wichtigster Satz fiel, als die meisten der hunderten Zuhörer die
       Augen kaum aufgeschlagen hatten: „Ich spreche hier nicht für den
       Präsidenten, das überlasse ich ihm, er kann das gut“, sagte Trumps wohl
       häufigster Europa-Reisender. Das wirkte besser als der beste Espresso,
       serviert von iCloud-Anbietern und globalen Wirtschaftsprüfern.
       
       Zwei Tage lang kämpften sich hunderte Politiker, Militärs und NGO-Vertreter
       durch insgesamt 60 Diskussionsveranstaltungen, die sich allesamt rund um
       die hybride und kybernetische Kriegsführung Russlands gegen den kollektiven
       Westen drehten.
       
       Prominent vertreten war natürlich die Ukraine, deren Staatspräsident
       Wolodymyr Selenski am Montag zusammen mit Polens Regierungschef Donald Tusk
       das Sicherheitsforum eröffnet hatte. Entsprechen strikt waren die
       Sicherheitskontrollen der Handtaschen, Beauty-Cases und Rücksäcke.
       
       ## Modeshow und Männlichkeitswahn
       
       Denn wie jede Konferenz oszillierte auch das WSF bisweilen zwischen
       Modeshow und Männlichkeitswahn. Daran erinnerten besonders die Modelle der
       neusten EU-produzierten Raketen. Denn zu den Sponsoren des WSF gehören vor
       allem Waffenschmieden.
       
       Dies macht angesichts der aktuellen Bedrohungslage durchaus Sinn. Daran
       gewöhnen muss sich das einst pazifistische, typisch westeuropäisch
       sozialisierte Auge, dennoch. Kaum ein Redner aus Zentral- und Osteuropa,
       der die russische Drohnen-Attacke auf Polen vor drei Wochen nicht erwähnte.
       
       Ausgerechnet dazu gab sich jedoch der ehemalige US-General Kellogg am
       Dienstag kleinlaut. [1][Das Weiße Haus hatte damals die klare
       Luftraumverletzung mit über 20 Drohnen gegen das direkte an der
       Nato-Ostflanke gelegene Polen] tagelang nicht einmal erwähnt, geschweige
       denn verurteilt. „Es gilt zu bedenken, dass sich der Präsident in einem
       Verhandlungsprozess mit Russland befindet“, ließ dazu am Dienstag in
       Warschau Kellogg verlauten.
       
       Trumps früherer Vertrauter, Ex-General mit immerhin 23 internationalen
       Einsätzen auf dem Buckel, brach bei dem WSF eine Lanze dafür, mit allen
       Seiten eines Konfliktes zu sprechen. Joe Biden habe den Fehler gemacht,
       sich einem Kontakt zu Moskau zu verschließen.
       
       ## Keine Chance
       
       Kellogg wiederholte stattdessen Trumps Geschichte von den ungemein hohen
       Opferzahlen, vom größten Sterben in der Ukraine nach dem Zweiten Weltkrieg,
       dem es ein Ende zu bereiten gelte. Russland habe keine Chance, diesen Krieg
       gegen die Ukraine zu gewinnen, ließ sich Kellogg noch entlocken. Das jedoch
       war keine klare Aussage darüber, wer den Krieg begonnen hat.
       
       Besonders düpiert durch Kellogg wurden auch die demokratisch gesinnten
       Belarussen, die mit der bei den Präsidentenwahlen 2020 mutmaßlich
       siegreichen Svitlana Tichanowskaja an beiden Gipfeltagen sehr prominent
       vertreten waren.
       
       Donald Trump verhandle mit Staatschef Alexander Lukaschenko nur, weil
       dieser oft mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin spreche, erklärte
       Kellogg einem oppositionellen Medienvertreter. „Die Freilassung von
       politischen Gefangenen ist nicht das Ziel dieser Verhandlungen, sondern ein
       Nebeneffekt“, sagte er. „Wir wissen sehr gut, mit wem wir es zu tun haben“,
       sagte Kellogg.
       
       Das Weiße Haus sei nicht naiv, natürlich [2][würden für jeden
       Freigelassenen zwei neue Personen eingesperrt]. Die Behauptung, nur noch
       ein Deal zähle für die USA sei falsch. „Wir wollen beides: Gemeinsame Werte
       verlangen auch ein Quid-pro-Quo, den transaktionellen Tausch“, so Kellogg.
       Manch einer verließ das Tagungshotel in den östlichen Outskirts von
       Warschau mit gemischten Gefühlen. Ein Ende der Naivität täte nicht nur im
       Bezug auf Russland Not, sondern auch auf die USA.
       
       1 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Russische-Drohnen-ueber-Polen/!6109344
 (DIR) [2] /Politische-Gefangene-in-Belarus/!6110269
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Paul Flückiger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Sicherheitskonferenz
 (DIR) Warschau
 (DIR) Weißes Haus
 (DIR) GNS
 (DIR) Kolumne übrigens
 (DIR) Finnland
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Russland
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zu rosige Perspektiven: „Gebrochene Versprechen“ und das endgültige Ende der BRD
       
       Etwas leiser treten wollen offenbar die politischen Köpfe der Nation. Die
       Wirtschaftsministerin jedenfalls sollte keine falschen Hoffnungen wecken.
       
 (DIR) An der russisch-finnischen Grenze: Zwischen Helsinki und Petersburg
       
       1.340 Kilometer lang ist die Grenze zwischen Russland und Finnland. Vor dem
       Ukraine-Krieg herrschte an vielen Orten viel Betrieb, jetzt ist es
       menschenleer.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Festnahmen auf verdächtigem Schiff
       
       Frankreich hat Personen auf einem Schiff festgenommen, das mutmaßlich der
       russischen Schattenflotte angehört. Dänemark fordert beim EU-Gipfel
       schnelle Aufrüstung.
       
 (DIR) Kriegsgefahr in Europa: Begrabt den letzten Sommer in Frieden
       
       Die Angriffe auf den Nato-Luftraum fühlen sich an, als würden wir nicht nur
       die warmen Sonnenstrahlen verabschieden. Provokationen werden Alltag.
       
 (DIR) Folgen auf Drohnenangriff über Polen: Angst vor einer Eskalation nutzt niemandem
       
       Europa darf sich keine Illusionen machen: Putins Feind ist die EU. Sie muss
       Russland stärker sanktionieren und sich von den USA unabhängig machen.
       
 (DIR) Trump, Putin und Europa: Dies ist unser Krieg
       
       Wer in Europa denkt, der Krieg in der Ukraine ginge uns nichts an, träumt.
       Das Überleben der Ukraine ist auch für Europa unerlässlich.