# taz.de -- Aufarbeitung des Krieges in Kolumbien: Erstes Urteil gegen Kolumbiens Farc-Guerilla
       
       > Wegen über 20.000 Entführungen sollen frühere Kommandeure der
       > Farc-Guerilla in Kolumbien Wiedergutmachungsarbeit leisten. Es ist das
       > erste Urteil der Sonderjustiz.
       
 (IMG) Bild: Der kolumbianische Richter der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP), Camilo Andres Suarez, während der Urteilsverkündung
       
       Berlin taz | Fast 22.000 Menschen hat die Farc-Guerilla im bewaffneten
       Konflikt in Kolumbien entführt. Das Sondergericht für den Frieden hat jetzt
       sein erstes Urteil verkündet – und sieben Mitglieder des letzten
       Sekretariats der Farc-Guerilla mit der Maximalstrafe versehen: acht Jahre –
       aber kein Gefängnis, sondern „Wiedergutmachungsarbeit“ für die Menschen in
       den Regionen, die darunter besonders gelitten haben.
       
       Die ehemaligen Kommandanten müssen unter anderem in dieser Zeit verminte
       Gebiete entschärfen, bei der Suche nach gewaltsam Verschwunden helfen und
       bei Umweltprojekten den Schaden an der Natur wiedergutmachen und den
       Ökotourismus fördern.
       
       Die Verurteilten gehörten der Spitze der demobilisierten Guerilla an, die
       das Friedensabkommen mit der kolumbianischen Regierung unter dem späteren
       Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos unterzeichnete.
       
       Entführungen waren ein Mittel, um die Guerilla zu finanzieren und Druck auf
       die Regierung auszuüben. Auch wenn die Taten in den meisten Fällen vom
       Mittelbau, Unterbau oder von einfachen Milizionären und nicht der Spitze
       der Guerilla begangen wurden: „Die Verantwortung liegt auch bei denen, die
       an der Spitze die strukturellen Voraussetzungen für diese Verbrechen
       geschaffen haben“, erklärte Richter Camilo Andrés Suárez.
       
       ## Wahrheitsfindung und Opfer im Mittelpunkt
       
       Sieben Jahre hatte das Gericht für die Ermittlungen und das Urteil
       gebraucht. Das Urteil umfasst auch Verbrechen, die während der
       Gefangenschaft begangen wurden. Dazu gehören Verschwindenlassen, Mord,
       Vertreibung, Zwangsarbeit, Folter, grausame und unmenschliche Behandlung
       sowie sexuelle Gewalt.
       
       Das [1][Sondergericht für den Frieden] (JEP) ist ein Teil des
       [2][„Integralen Systems für Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und
       Nichtwiederholung“ (SIVJRNR)]. Geschaffen hat es 2016 das Friedensabkommen
       zwischen Farc-Guerilla und kolumbianischem Staat. Es soll die Verbrechen
       aufklären und bestrafen, die in den mehr als 50 Jahren bewaffnetem Konflikt
       begangen wurden – durch die Guerilla, aber auch durch staatliche
       Sicherheitskräfte.
       
       Das Gericht arbeitet nach den Prinzipien der „restorative justice“. Dabei
       stehen die Opfer und ihre Rechte im Mittelpunkt, die Wiedergutmachung an
       ihnen. Die Wahrheitsfindung ist ihnen in den meisten Fällen wichtiger als
       die Höhe der Strafe. Außerdem geht es um Versöhnung.
       
       Deshalb gibt es die reduzierten Strafen nur für Täter:innen, die zur
       Wahrheitsfindung beitragen – und zum Beispiel verraten, wo Menschen
       ermordet und begraben wurden. Sieht das Gericht keinen Willen bei den
       Angeklagten, zur Wahrheitsfindung beizutragen, müssen diese vor die
       ordinäre Justiz, wo ihnen weitaus höheren Strafen drohen.
       
       ## Für die volle Umsetzung der Urteile fehlt noch immer Geld
       
       Die Opfer standen zudem im Zentrum bei den Ermittlungen und bei den
       öffentlichen Anhörungen, wo Opfer ihren Peinigern oder den Peinigern ihrer
       verstorbenen oder verschwundenen Lieben Fragen stellen konnten, die sie ein
       Leben lang umgetrieben hatten. Dabei wurden sie psychologisch betreut, um
       den aufreibenden Prozess durchzustehen.
       
       Auch bei den Strafen stehen die Opfer und ihre Bedürfnisse im Zentrum. Das
       erste Urteil ruft in Kolumbien gemischte Reaktionen hervor. Manche zivile
       und militärische Opfer beklagen in der Onlinezeitschrift [3][Cambio ] die
       in ihren Augen zu milden Strafen. Sie hatten teils mehr als zehn Jahre in
       Gefangenschaft unter entwürdigenden Bedingungen verbracht.
       
       Eine weitere Schwierigkeit: Für die Umsetzung dieses und der kommenden
       Urteile fehlt immer noch ein Großteil des Geldes. Insgesamt braucht es etwa
       26 Millionen Euro für die Projekte, die fünf bis acht Jahre laufen werden.
       „Das sind keine Kosten, sondern eine Investition in den Frieden“, betont
       Gerichtspräsident Alejandro Ramelli.
       
       17 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Friedensprozess-in-Kolumbien/!5472542
 (DIR) [2] https://recursos.observajep.com/wp-content/uploads/2022/10/139329784560426b655eb594.15835704.pdf
 (DIR) [3] https://cambiocolombia.com/conflicto-armado-en-colombia/articulo/2025/9/victimas-de-secuestro-dicen-que-la-decision-de-la-jep-no-repara-los-anos-de-cautiverio-ni-los-tratos-inhumanos-de-las-farc/?utm_campaign=linkinbio&utm_medium=referral&utm_source=later-linkinbio
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Wojczenko
       
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