# taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israels Regierung feuert Generalstaatsanwältin
       
       > Gali Baharav-Miara war Netanjahu schon lange zu kritisch und muss
       > deswegen nun gehen. Doch der Oberste Gerichtshof stellt sich dagegen.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen die Entlassung von Baharav-Miara sowie die noch immer in Gaza festgehaltenen Geiseln, am 4. August in Jerusalem
       
       ## Generalstaatsanwältin Baharav-Miara gefeuert
       
       Das israelische Kabinett hat am Montag einstimmig beschlossen,
       Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara zu entlassen. Das teilte
       Justizminister Yariv Levin in einer Erklärung mit.
       
       Die von der Regierung angestrengte Entlassung wird von Kritikern – und
       Baharav-Miara selbst – als rechtswidrig bezeichnet. Der Oberste Gerichtshof
       hat nach Angabe der Times of Israel entschieden, dass das Verfahren zur
       Entlassung von Baharav-Miara nun auf seine Rechtmäßigkeit geprüft werden
       müsse. Erst danach sei die Entlassung auch rechtskräftig.
       
       Die Entlassung kommt nicht überraschend und ist doch ein einschneidender
       Moment für das Verhältnis von Politik und Justiz: Die Regierung des
       rechtskonservativen Premier Benjamin Netanjahu steht seit ihrem Amtsantritt
       im Konflikt mit Baharav-Miara. Wiederholt wurde ihr vorgeworden, dass sie
       Entscheidungen, Ernennungen und Gesetze der Regierung aus politischen
       Gründen blockiert habe.
       
       Einige Beispiele: Sie ging vor gegen die Ernennung eines vorbestraften
       Nationalreligiösen als stellvertretenden Ministerpräsidenten und
       Gesundheitsminister, gegen die Einführung der Todesstrafe für Terroristen,
       gegen eine geplante Kampagne der Informationsministerin zur Erklärung der
       von der Regierung geplanten Justizreform. Und gegen die von der Regierung
       mit voller Kraft vorangetriebene Justizreform selbst.
       
       Bis zum [1][7. Oktober 2023] war die von der Regierung geplante
       Justizreform das wohl beherrschende Thema der israelischen Politik. In der
       Reform sägte die Regierung an der Unabhängigkeit und Effektivität des
       Justizsystems im Allgemeinen: Die Besetzung des Obersten Gerichts sollte
       künftig in den Händen der Regierung liegen; dessen Fähigkeit, Gesetze zu
       verhindern würde deutlich eingeschränkt, und die Knesset könnte mit einer
       simplen Mehrheit selbst vor Gericht gestoppte Gesetze wieder einführen.
       
       Die Position der Generalstaatsanwältin in Israel ist eine besondere: Sie
       ist zugleich Rechtsberaterin der Regierung, die Gesetzesvorhaben auf ihre
       konstitutionelle Rechtmäßigkeit prüft, sowie Kopf des öffentlichen
       Anklagesystems. Mit dieser dualen Position geht Macht einher.
       
       Kommunikationsminister Shlomo Karhi drängt nun darauf, „sofort“ einen
       Ersatz für die Gefeuerte zu bennen. Karhi ist Teil der Likud-Partei von
       Netanjahu und gilt als Initiator des Verfahrens, um Baharav-Miara zu
       feuern. [2][Aus der Opposition] kommt hingegen Widerstand: So hat Yesh
       Atid, die Partei von Oppositionsführer Yair Lapid, beim Obersten
       Gerichtshof gegen die Regierungsentscheidung vorgesprochen. Auch auf den
       Straßen gab es vor wie nach der Entscheidung Proteste, unter anderem vor
       dem Büro des Premiers in Jerusalem. (Lisa Schneider, taz)
       
       ## Dringlichkeitssitzung über Lage der Geiseln in Gaza
       
       Nach der Veröffentlichung von Propagandavideos ausgehungerter Geiseln
       beschäftigt sich der UN-Sicherheitsrat nach israelischen Angaben mit den
       weiterhin von islamistischen Palästinenserorganisationen im Gazastreifen
       festgehaltenen Menschen. Der Sicherheitsrat werde am Dienstag zu einer
       Dringlichkeitssitzung „über die schlimme Lage der Geiseln in Gaza
       zusammenkommen“, erklärte der israelische Botschafter bei den Vereinten
       Nationen, Danny Danon.
       
       Derweil [3][forderte das Außenministerium der Palästinensischen
       Autonomiebehörde auf X] den Sicherheitsrat auf, „seiner Verantwortung gemäß
       dem Völkerrecht nachzukommen, indem er eine sofortige Waffenruhe
       durchsetzt“.
       
       Zuvor hatten die Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamischer
       Dschihad [4][Propagandavideos von seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen
       Geiseln verbreitet]. Die Aufnahmen der ausgehungerten Geiseln lösten großes
       Entsetzen aus.
       
       Eines der Videos zeigt den abgemagerten Evyatar David, wie er sich in einem
       engen Tunnel sein eigenes Grab zu schaufeln scheint. Ein anderes Video
       zeigt, wie der Deutsch-Israeli Rom Braslavski sich Nachrichtenvideos über
       die Hungersnot der Palästinenser im Gazastreifen anschauen muss.
       
       Nach Angaben israelischer Behörden befinden sich derzeit 50 Geiseln im
       Gazastreifen, von denen nur 20 noch am Leben sein sollen. Die Hamas hat
       bisher humanitären Organisationen jeglichen Zugang zu den Geiseln verwehrt.
       (afp)
       
       ## 🐾 Die Grausamkeit der Geiselvideos
       
       Hamas und PIJ veröffentlichten zwei neue Videos der israelischen Geiseln.
       Es ist Teil ihrer psychologischen Kriegsführung. Und die Strategie geht
       auf, [5][kommentiert taz-Redakteur Nicholas Potter.]
       
       ## Netanjahu erwägt Ausweitung des Gaza-Kriegs
       
       Angesichts schockierender Videos von abgemagerten Geiseln der
       islamistischen Hamas erwägt Israels Regierung Medienberichten zufolge eine
       Ausweitung des Gaza-Krieges zur Befreiung der Entführten. Regierungschef
       Benjamin Netanjahu strebe danach, die Freilassung der Geiseln „auf dem Weg
       eines militärischen Sieges“ zu erreichen, zitierten israelische Medien
       einen namentlich nicht genannten Beamten. „Ich verstehe genau, was die
       Hamas will. Sie will keinen Deal“, sagte Netanjahu in einer
       Video-Botschaft. Er sei nun noch entschlossener, die Geiseln zu befreien,
       die Hamas zu eliminieren und dafür zu sorgen, dass vom Gazastreifen nie
       wieder eine Gefahr für Israel ausgeht, sagte Netanjahu laut Times of
       Israel. Einzelheiten nannte er nicht.
       
       Das Forum der Geisel-Familien übte deutliche Kritik an seinen Äußerungen.
       „Seit 22 Monaten wird der Öffentlichkeit die Illusion verkauft, dass
       militärischer Druck und intensive Kämpfe die Geiseln zurückbringen werden“,
       zitierte die Zeitung eine Erklärung der Gruppe. „Die Wahrheit muss gesagt
       werden: Die Ausweitung des Krieges gefährdet das Leben der Geiseln, die in
       unmittelbarer Todesgefahr schweben. Wir haben die erschreckenden Bilder der
       Geiseln in den Tunneln gesehen, sie werden weitere lange Tage des Grauens
       nicht überleben“, heißt es in der Erklärung des Forums. (dpa)
       
       ## Hamas bereit zu Zusammenarbeit mit Rotem Kreuz
       
       Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat das Internationale Komitee
       des Roten Kreuzes (IKRK) um Hilfe bei der Versorgung der im Gazastreifen
       festgehaltenen israelischen Geiseln gebeten. Dazu habe er mit dem Leiter
       der IKRK-Delegation in der Region, Julien Lerisson, gesprochen, erklärte
       Netanjahus Büro am Sonntag.
       
       Die radikal-islamische Hamas ist nach eigenen Angaben zur Zusammenarbeit
       mit dem Roten Kreuz bereit, um von ihr im Gazastreifen festgehaltenen
       Geiseln Hilfe zukommen zu lassen.
       
       Zuvor aber müsse Israel bestimmte Bedingungen erfüllen, teilte die Hamas am
       Sonntag mit. Jede Koordinierung mit dem Roten Kreuz hänge davon ab, dass
       Israel [6][dauerhaft humanitäre Korridore] öffne und Luftangriffe während
       der Verteilung der Hilfe einstelle.
       
       In einer Erklärung des Geisel-Familien-Forums, das die Angehörigen der
       festgehaltenen Geiseln vertritt, hieß es, die Hamas halte seit über 660
       Tagen unschuldige Menschen unter unmöglichen Bedingungen fest. Bis zu deren
       Freilassung habe die Hamas die Pflicht, sie mit allem Notwendigen zu
       versorgen. (rtr/afp)
       
       ## Weitere Hungertote im Gazastreifen
       
       Die der Hamas unterstellten Gesundheitsbehörden im Gazastreifen teilten
       mit, sechs weitere Menschen seien in den vergangenen 24 Stunden im
       Gazastreifen [7][an Hunger oder Unterernährung gestorben]. Damit steige die
       Zahl derer, die seit Beginn des Krieges an den Folgen einer sich
       abzeichnenden Hungersnot gestorben seien, auf 175 – darunter 93 Kinder.
       UN-Organisationen haben Israel aufgefordert, viel mehr Hilfe in das Gebiet
       zu lassen. Von israelischer Seite hatte es wiederholt geheißen, man müsse
       verhindern, dass die Hilfen in die Hände der Hamas gelangten.
       
       Den palästinensischen Behörden zufolge wurden am Sonntag in der
       Küstenenklave zudem auch mindestens 80 Menschen durch israelischen Beschuss
       und Luftangriffe getötet. Darunter seien auch Personen, die versucht
       hätten, zu Hilfslieferungen in den südlichen und zentralen Gebieten des
       Gazastreifens zu gelangen. (rtr)
       
       ## 🐾 Scharfe Worte stoppen keinen Genozid
       
       Die Bundesregierung äußert sich kritischer zu Israel. Die Genozidkonvention
       verpflichtet sie aber, zu handeln, um das Sterben in Gaza zu beenden,
       [8][kommentiert taz-Redakteur Leon Holly] nach der Reise von Außenminister
       Wadephul.
       
       ## Demos für Gaza und Gefangene im Westjordanland
       
       Tausende Palästinenser haben im von Israel besetzten Westjordanland gegen
       den Krieg im Gazastreifen und für die palästinensischen Häftlinge in
       israelischen Gefängnissen demonstriert. Allein auf einem zentralen Platz in
       Ramallah, wo die Palästinensische Autonomiebehörde ihren Sitz hat,
       versammelten sich am Sonntag hunderte Menschen und schwenkten
       palästinensische Flaggen. Auch in Städten wie Nablus und Hebron gab es
       Proteste. Viele Regierungsangestellte hatten den Tag frei bekommen, um an
       den Demonstrationen teilnehmen zu können.
       
       Viele Demonstranten hielten Fotos von Palästinensern hoch, die von Israel
       getötet [9][oder inhaftiert worden waren]. Die palästinensische Autorin
       Rula Ghanem etwa demonstrierte für ihren Sohn, der im israelischen
       Megido-Gefängnis sitzt. Er leide dort „unter vielen Dingen“, etwa einem
       Mangel an Nahrung und Medikamenten, sagte Ghanem. Ihr Sohn habe im
       Gefängnis zehn Kilogramm abgenommen und sich Krätze zugezogen.
       
       Die Zahl der Palästinenser, die in israelischer Haft sitzen, ist seit
       Beginn des Gaza-Krieges stark angestiegen. Einige seien wegen Gewalttaten
       inhaftiert worden, andere aber auch wegen politischer Äußerungen in
       Onlinenetzwerken, teilte die Palästinensische Kommission für die
       Angelegenheiten von Häftlingen und Ex-Häftlingen mit. (afp)
       
       ## US-Bürger bei Siedlerangriff getötet
       
       Bei Brand[10][anschlägen israelischer Siedler im besetzten Westjordanland]
       ist nach Angaben der US-Regierung ein US-Bürger getötet worden. „Wir können
       den Tod eines US-Bürgers in der Stadt Silwad im Westjordanland bestätigen“,
       sagte am Sonntag ein Sprecher des Außenministeriums in Washington. Den
       Namen des Getöteten nannte er nicht.
       
       Israelische Siedler hatten im Westjordanland nach palästinensischen Angaben
       am Donnerstag Brandanschläge auf Häuser und Fahrzeuge in Silwad verübt. Wie
       das Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde
       mitteilte, starb der 41-jährige Khamis Ayyad an einer durch die Feuer
       verursachten Rauchvergiftung.
       
       Die Familie des Verstorbenen erklärte am Freitag in Chicago, Ayyad sei vor
       einigen Jahren mit seiner Frau und seinen Kindern ins Westjordanland
       gezogen, habe aber weiter für ein US-Unternehmen gearbeitet.
       
       Er ist bereits der zweite US-Bürger, der im Juli bei Siedlergewalt im
       Westjordanland getötet wurde. Zuvor war bereits ein 20-jähriger Mann bei
       einem Familienbesuch in Sindschil zu Tode geprügelt worden. Der
       US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee, forderte Israel auf, diesen
       „kriminellen und terroristischen Akt“ zu untersuchen. Zum Tod von Ayyad
       äußerte er sich bisher nicht. Der Sprecher des US-Außenministeriums
       erklärte: „Wir verurteilen kriminelle Gewalt aller Parteien im
       Westjordanland.“ (afp)
       
       ## 🐾 Sport in Gaza: Die schwersten Tage meines Lebens
       
       Maha Shabat hat Mädchenteams trainiert, und als Schiedsrichterin leitete
       sie Fußballspiele. Nun kämpft sie ums Überleben. [11][Und schreibt einen
       Hilferuf in der taz.]
       
       4 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [6] /Europaeische-Nahost-Politik/!6099587
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 (DIR) [10] /Gewalt-im-Westjordanland/!6098944
 (DIR) [11] /Sport-in-Gaza/!6101767
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Schneider
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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 (DIR) Gaza
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