# taz.de -- Kostenxplosion bei Gefängnisbau: Großknast wird zur Dauerbaustelle
       
       > Ein Jahrzehnt lang wird schon an der sächsisch-thüringischen JVA in
       > Zwickau gebaut, bis 2029 soll es noch dauern. Die Kosten haben sich
       > verdreifacht.
       
 (IMG) Bild: Bitter hinter Gitter: Der Neubau der JVA in Zwickau am 25. Juni 2025
       
       Zwickau taz | Die unendliche Geschichte erinnert an den Schönefelder
       [1][BER-Flughafen] oder an den nach 15 Jahren immer noch nicht vollendeten
       unterirdischen [2][Bahnhof Stuttgart 21]. Die von Thüringen und Sachsen
       geplante gemeinsame Haftanstalt in Zwickau erreicht nach jüngsten Prognosen
       [3][mit „nur“ einer halben Milliarde Baukosten] nicht die finanziellen
       Dimensionen dieser spektakulären Geldschlucker. Verdreifacht aber haben
       sich die Kosten auch schon. Und der ursprünglich geplante
       Fertigstellungstermin 2019 ist mittlerweile schon um sechs Jahre
       überschritten.
       
       Auf dem Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes im Stadtteil
       Marienthal aber stehen nur die Rohbauten, ein Längsbau und sechs quer
       angeordnete Riegel. Seit dem Richtfest im Oktober 2022 hat sich auf der
       Baustelle nicht viel verändert. Die Umsetzung des gemeinsamen
       Baubeschlusses der Nachbarländer aus dem Jahr 2014 stieß früh auf massive
       Planungs- und bautechnische Probleme.
       
       Auf Antrag des BSW debattierte der Sächsische Landtag im Mai dieses Jahres
       über das „Millionengrab“. Ende Juni veröffentlichten die beteiligten Länder
       Sachsen und Thüringen nach einem Besuch der zuständigen Ministerien in
       Zwickau eine Vereinbarung, die 2029 als neuen Fertigstellungstermin nennt.
       Der Kernsatz lautet: „Wir haben uns entschieden, den Weg weiter gemeinsam
       zu gehen, auch wenn es kompliziert ist.“
       
       Solche Komplikationen deuteten sich bereits 2013 an, als [4][eine
       Bürgerinitiative in Zwickau] 10.000 Unterschriften gegen das geplante
       Großgefängnis sammelte. Eigenheimbesitzer befürchteten sinkende
       Grundstückswerte, Mütter sorgten sich um ihre Kinder, die üblichen
       Ressentiments gegen Gefangene im Freigang kamen zur Sprache, obschon
       ausdrücklich keine Schwerverbrecher mit mehr als fünf Jahren
       Freiheitsentzug inhaftiert werden sollen.
       
       ## Pannen und Fehlplanungen
       
       Insgesamt sind 820 Haftplätze vorgesehen. Dafür will Sachsen die alte
       Zwickauer Haftanstalt und die in Zeithain schließen. Der Zwickauer Stadtrat
       lehnte damals das Bürgerbegehren als rechtlich unzulässig ab.
       
       In einer Mitteilung blickt das für Bau zuständige sächsische
       Finanzministerium selbstkritisch auf die zahlreichen Pannen und
       Fehlplanungen zurück. Der Aufwand für den Abriss des Reichsbahnwerkes und
       die Altlastenbeseitigung auf 25 Hektar Baugrund wurde unterschätzt.
       
       2015 erhielt die ARGE Justiz-Planungen den Auftrag als Generalplaner für
       den JVA-Neubau. Ulrike Grosse-Röthig, justizpolitische Sprecherin der
       Linken im Thüringer Landtag, kritisierte im Januar 2025 dieses Modell, vor
       dem Fachleute bereits gewarnt hatten. Erst 2018 trat der Bebauungsplan der
       Stadt Zwickau in Kraft, was eine Fertigstellung nur ein Jahr später
       illusorisch erscheinen ließ.
       
       Im selben Jahr scheiterte die beabsichtigte Vergabe der Bauleistungen an
       einen Generalunternehmer, weil „kein wirtschaftlich annehmbares Angebot
       abgegeben wurde“. Der Generalplaner schrieb daraufhin die Leistungen nach
       Gewerken aus. Erst 2019 konnte der Bau beginnen.
       
       ## Teilabriss wegen Mängeln
       
       Im Jahr des Richtfestes 2022 verstärkten sich die Konflikte mit dem
       Generalplaner. In etwa 50 Schreiben rügten die sächsisch-thüringischen
       Bauherren rund 100 konkrete Mängel. Weil der den Pfusch am Bau nicht
       wirksam korrigierte, wurde ihm 2023 gekündigt, in der Folge auch den
       beauftragten Firmen. Ab Ende März 2024 ruhten die Arbeiten an dem schon
       fast fertiggestellten Rohbau.
       
       Es kam noch schlimmer. Ende Januar dieses Jahres bestätigte der
       Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement SIB, dass ein
       Teilabriss von Gebäuden und technischen Anlagen aufgrund der Mängel im Raum
       stehe. Der neue Generalplaner S&P Sahlmann und Partner Leipzig, der 2024
       seine Arbeit aufnahm, hatte dies in einem mehrere hundert Seiten starken
       Gutachten vorgeschlagen.
       
       Etwas kryptisch teilte das sächsische Finanzministerium Ende Juni aber mit,
       auch das Fertigstellungskonzept des zweiten Generalplaners werde nicht
       weiterverfolgt. Das Prinzip der Generalplanung entspreche nicht der
       „spezifischen Situation“. Eine späte Bestätigung der bereits vor zehn
       Jahren hörbaren Anfangskritik also.
       
       ## Suche nach einem Totalunternehmer
       
       Stattdessen solle nun ein „Totalunternehmer“ gefunden werden, bei dem
       Planen und Bauen in einer Hand liegt. Die „umfangreiche Ausschreibung“ soll
       im Dezember dieses Jahres veröffentlicht werden, teilte das SIB Ende August
       mit.
       
       Thüringen und Sachsen halten das Projekt trotz der Pannen und gestiegenen
       Baukosten weiterhin für erforderlich und wirtschaftlich. Sogar Valentin
       Lippmann von den oppositionellen Grünen im Sächsischen Landtag spricht zwar
       von einem „planerischen Totalversagen“, sieht aber keine Alternative zu
       einer Fertigstellung. Ein Ausstieg Thüringens steht nicht mehr zur Debatte,
       wie Staatssekretär Tobias J. Knoblich vom Infrastrukturministerium
       bestätigt.
       
       Es sei aber wichtig für Thüringen gewesen, „sich von der Seitenlinie aus
       stärker ins Spiel zu bringen“. In beiden Freistaaten steht eine Abrechnung
       mit den politisch Verantwortlichen noch aus. Bis auf kleine Seitenhiebe hat
       die derzeitige Thüringer Brombeer-Koalition in dieser Causa noch nicht
       heftiger gegen ihre rot-rot-grünen Vorgänger ausgeteilt.
       
       25 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Flughafengesellschaft-stabil/!5686029
 (DIR) [2] /Urteil-ueber-Stuttgart-21/!6102015
 (DIR) [3] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/zwickau/jva-bau-fortschritt-planung-gefaengnis-thueringen-100.html
 (DIR) [4] /Kontroverse-um-Gefaengnis-Neubau/!5051632
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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