# taz.de -- Ehemaliger Athener Flughafen: Zeitbombe auf Europas größter Baustelle
       
       > Auf dem Athener Flughafengelände soll eine ökologische Stadt entstehen.
       > Aber Kraftstoffe sind in den Boden gesickert und verseuchen das
       > Grundwasser.
       
 (IMG) Bild: Hier entstehen Luxushotels, Büros, Einkaufszentren, ein Jachthafen, Strandbäder und ein Spielkasino – auf kontaminiertem Boden
       
       Athen taz | Es war eine schlimme Entdeckung: Im Mai fanden Bewohner des
       südöstlichen Athener Vororts Kato Ellinikon Öl in ihren Brunnen. Das Wasser
       aus der automatischen Bewässerungsanlage für ihren Garten sei plötzlich
       „extrem giftig“ geworden, erzählten die Schwestern Theofanidou dem
       [1][Athener Investigativteam Reporters United (RU)]. Die Verschmutzung
       müsse mit der angrenzenden Baustelle auf dem Gelände des alten Athener
       Flughafens zusammenhängen.
       
       Ein übler Geruch habe bereits im vergangenen Jahr ahnen lassen, dass
       Kraftstoffe von dort in den Brunnen gelangt seien, so die Schwestern. Im
       Mai habe sich die Situation rapide verschlechtert. Der Geruch sei
       unerträglich geworden, einige Pflanzen seien auf der Stelle verdorrt.
       „Sogar die Pfoten der Hunde sind verätzt“, sagte Eleana Theofanidou zu RU.
       An einem Tag sei das Öl so dickflüssig gewesen, dass einige
       Bewässerungsdüsen verstopft seien – zum Glück für die Pflanzen, die auf
       diese Weise gerettet wurden.
       
       Die RU-Reporter machten sich auf, die Behauptung zu überprüfen und die
       Quelle der Vergiftungen zu suchen. An vier Tagen im Juni entnahmen sie
       Proben aus dem Brunnen der Theofanidou-Schwestern und schickten sie zur
       Analyse an die Ägäis-Universität. Ergebnis: Die Gesamtmenge an
       Kohlenwasserstoffen aus Erdöl betrug zwischen 6,2 und in der Spitze 368,8
       Milligramm pro Liter. Das entspricht dem 6,2-Fachen bis 368,8-Fachen des
       deutschen Grenzwertes.
       
       Der alte Athener Flughafen war Anfang 2001 stillgelegt worden, das Gelände
       ist 620 Hektar groß – dreimal so groß wie Monaco – und liegt zwischen einem
       Berg und dem Meer. Nur acht Kilometer von der Akropolis entfernt ist es
       heute eine riesige Baustelle. [2][Das Projekt heißt „The Ellinikon“].
       
       ## Umweltverantwortung lag bei Lamda
       
       Entwickelt wird es von der Firma Lamda des einflussreichen griechischen
       Oligarchen Spiros Latsis. Aushängeschild ist der 207 Meter hohe Riviera
       Tower, künftig Griechenlands höchstes Gebäude mit 53 Etagen und 169
       Wohnungen für einen Verkaufspreis von bis zu 32.000 Euro pro Quadratmeter.
       Gebaut werden zudem drei Luxushotels, Büros, Einkaufszentren, ein
       Jachthafen, Strandbäder und ein Spielkasino. Lamda verbreitet, hier wachse
       „eine neue Stadt, die alle Anforderungen des 21. Jahrhunderts erfüllen soll
       – ökologisch, technologisch, sozial“.
       
       Doch Ende Juli räumt das Unternehmen erstmals ein, dass das auf dem Areal
       des alten Airportsgelagerte und im Boden versickerte Flugbenzin und Öl
       benachbarte Brunnen verseucht habe. Dabei hatte Lamda 2014 mit der
       Unterzeichnung des Pachtvertrags die Verantwortung für alle Umweltrisiken
       übernommen. Dass der Boden kontaminiert war, war schon bekannt: Die
       [3][Athener Privatisierungsbehörde Taiped dokumentiert die Verschmutzung
       auf dem Areal seit 2012].
       
       Spätestens seit Juni 2019 verpflichtet zudem ein Gesetz Lamda zur Sanierung
       von Böden und Grundwasser. Begonnen mit der Dekontaminierung des Areals hat
       das Unternehmen aber erst im März 2022 – und zwar parallel zu den
       Bauarbeiten. Doch für das „größte Stadterneuerungsprojekt Europas“ fehlt
       offenbar eine Umweltüberwachung. Keine Athener Regierung hatte Lamda dazu
       aufgefordert, die Dekontaminierung des Geländes vor dem Baubeginn
       abzuschließen.
       
       Inzwischen hat die Firma 260 Tonnen Kraftstoff aus dem Grundwasser
       gesammelt. Öl, das aus Tanks, unterirdischen Rohrleitungen, Pumpstationen
       und anderen Einrichtungen des Flughafens ausgelaufen und unverändert in den
       Grundwasserspiegel gelangt ist. Nun droht neues Ungemach: Während Lamda
       noch versucht, das Grundwasser zu reinigen, werden am Strand riesige Mengen
       Wasser abgepumpt und in die Regenwasserkanäle geleitet, um die Baustellen
       trocken zu halten. Ein solcher tiefer Aushub findet neben dem Haus der
       Theofanidou-Schwestern statt. Dort soll das Casino samt Hotel entstehen.
       
       11 Aug 2025
       
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