# taz.de -- Apple-Serie „Platonic“: Freundschaft in der Rushhour
       
       > In der Serie „Platonic“ sind Will und Sylvia beste Freunde – ein Konzept,
       > das zwischen Mann und Frau nicht selbstverständlich zu sein scheint.
       
 (IMG) Bild: Können zusammen Pferde stehlen: Rose Byrne und Seth Rogen in „Platonic“
       
       Aus der Familienforschung stammt der Begriff der „Rushhour des Lebens“.
       Gemeint sind die mittleren Lebensjahre, in denen für viele Menschen
       zwischen Familie und Beruf kaum mehr Zeit für etwas anderes bleibt. Eine
       griffige Metapher, selbsterklärend und ein wenig einschüchternd.
       
       Nun scheint in dieser Lebensphase bei allem beglückenden Füßchentrappeln
       einiges erst einmal aufgeschoben werden zu müssen. Wahrscheinlich beginnt
       man die schon lang geplante [1][Proust]-Lektüre nicht, wenn das zweite Kind
       zahnt. Wahrscheinlich werden die disziplinierten Meditationsvorsätze aus
       Studienzeiten erst einmal auf Eis gelegt, wenn Morgende mit diversen
       Toastbelagwünschen navigiert und Kinder und Eltern pünktlich und regenfest
       im Alltag abgeliefert werden müssen.
       
       Die [2][Apple TV+-Serie „Platonic“] zeigt ein weiteres Phänomen auf, das
       häufig mit Gründung der Kernfamilie einhergeht: der Verlust von
       Freundschaften zwischen Männern und Frauen.Will (Seth Rogen) und Sylvia
       (Rose Byrne) pflegen so eine Freundschaft. In Studienzeiten unzertrennlich,
       haben sie sich nach einem Streit fast ein Jahrzehnt lang aus den Augen
       verloren, bis sie ihre Freundschaft wieder aufleben lassen.
       
       Hier steigt die erste Staffel der Comedyserie (2023) ein und zeigt auf
       ausgesprochen lustige Weise ein Dilemma auf, das alte Freundschaften häufig
       mit sich bringen: Was ist, wenn man mit Freunden aus der Vergangenheit ganz
       anders ist als in seiner Rolle des verantwortungsvollen Erwachsenen? Wenn
       alte Spaßdynamiken wieder hochkochen, Erinnerungen an Tage ohne
       Elternpflegschaftssitzungen und glutenfreien Kuchen?
       
       An diese Prämisse knüpft die aktuelle Staffel an, wenn Sylvia in der ersten
       Szene ein Familienauto kaufen soll und stattdessen mit Will einen gelben
       Sportwagen probefährt. Natürlich ist Mitte 40 nicht Mitte 20, und die
       liebevolle Selbstironie ist eine große Stärke der Serie – etwa dann, wenn
       der wildeste Junggesellenabschied an Intervallfastenplänen zerschellt oder
       Sylvia Nachrichten verschickt wie „When iz da lunch?“.
       
       ## Keine augenzwinkernde Zweideutigkeit
       
       Ein treffsicheres Gespür für hochaktuelle Situationskomik, die sich
       zwischen politischer Korrektheit, dem Barbie-Film und Timothée Chalamet
       bewegt, durchzieht die aktuelle Staffel, in der Männerfiguren
       Floral-Arrangement-Kurse von Jennifer Garner belegen.
       
       Die manchmal verunsichernde Wirkung von langjährigen Freundschaften auf
       neue Partnerschaften ist erneut Thema: So bittet Will Sylvia weise,
       gegenüber seiner Verlobten nicht als „Will-Historikerin“ aufzutreten. Auf
       manche Einfälle kommen eben nur alteingeschworene Freunde – etwa auf den,
       die Alkoholknappheit bei einer Verlobungsfeier durch Wodka Sprite zu
       überbrücken und das Gemisch als „Dry Spanish Cider“ an die Gäste zu
       bringen.
       
       Die Chemie zwischen Rogen und Byrne, die schon für „Bad Neighbors“ als
       Comedypaar vor der Kamera standen, trägt die Serie über einige Albernheiten
       hinweg. Die beiden Darsteller gehören mittlerweile zum festen Repertoire
       des Streaminganbieters und haben mit [3][„The Studio“] und „Physical“
       jeweils massive Erfolge auf Apple TV+ eingefahren.
       
       Der originellste Clou von „Platonic“ ist – obgleich von Fans mitunter
       sehnlichst erwünscht – das Verkneifen jeglicher Andeutungen, die
       Freundschaft zwischen Sylvia und Will könne mehr sein als platonisch. Keine
       augenzwinkernde Zweideutigkeit wird zugelassen, das Klischee der
       unmöglichen Freundschaft zwischen Männern und Frauen wird nicht bemüht –
       und stattdessen gezeigt, dass verschiedene Menschen verschiedene Rollen im
       Leben einnehmen.
       
       Will könnte Sylvia nicht heiraten, und er könnte mit seiner Verlobten
       keinen Champagner stehlen. Wie gut, dass es Freunde gibt.
       
       8 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /150-Geburtstag-von-Marcel-Proust/!5782342
 (DIR) [2] https://tv.apple.com/us/show/platonic/umc.cmc.y7bc18x7co813l8i2tlsyb4l
 (DIR) [3] /Serie-The-Studio/!6075008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marie-Sofia Trautmann
       
       ## TAGS
       
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