# taz.de -- Prozess gegen Querdenker: Querdenkerguru freigesprochen
       
       > Es sei nicht nachweisbar, dass Schenkungen in Millionenhöhe an Michael
       > Ballweg privat genutzt wurden. Er bekommt 3000 Euro Strafe auf Bewährung.
       
 (IMG) Bild: Michael Ballweg wurde vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen: Hier hält er 2021 eine Rede in Karlsruhe bei einer Querdenken Veranstaltung
       
       Stuttgart taz | Am Ende bleibt vom Betrugsvorwurf von über einer Million
       gegen Michael Ballweg 3.000 Euro Strafe auf Bewährung. [1][Das Landgericht
       Stuttgart hat die Galionsfigur der Querdenken-Bewegung] von den Vorwürfen
       des versuchten Betrugs und der Steuerhinterziehung fast vollständig
       freigesprochen. Damit geht ein Verfahren mit 44 Prozesstagen und 80 Zeugen
       nach zehn Monaten [2][mit einer Bewährungsstrafe zu Ende].
       
       Wie schon im Verlauf des Verfahrens erwartet, hält es die 10.
       Wirtschaftsstrafkammer für nicht nachweisbar, dass Michael Ballweg
       sogenannte Schenkungen, zu denen er seine Anhänger aufgerufen hatte und die
       diese in Millionenhöhe leisteten, für private Zwecke genutzt habe. Als Kopf
       einer politischen Bewegung sei er nicht zu einer Buchhaltung verpflichtet
       gewesen, deswegen könnte man fehlende Beträge nicht als private Ausgaben
       werten, wie das die Anklage getan habe, sagte Richterin Julia Weiss in der
       mehr als eine Stunde dauernden Urteilsbegründung.
       
       Bei den Vorwürfen der Steuerhinterziehung sieht die Kammer zwei Fälle der
       vollendeten Steuerhinterziehung bei Ballwegs Firma als verwirklicht an.
       Eine Hundematte und einen Parfümflakon habe er fälschlich als
       Betriebsausgaben verbucht, so das Gericht. In drei Fällen habe er versucht
       Steuern zu hinterziehen. Das gehe aber zum Teil auf Unstimmigkeiten mit
       seinem Steuerberater zurück. Ballwegs Anwalt, Löffler, rechnet später in
       einer Pressekonferenz genüsslich vor: Vom Vorwurf des Betrugs in Höhe von
       über einer Halben Million bleibe „gerade einmal 0,0093 Promille übrig“.
       
       Die Richterin weist in der Urteilsbegründung darauf hin, dass sich die
       Strafe am „untersten Rand“ bewege. Es ist kein Geheimnis: Die Kammer hätte
       das Verfahren gerne vorzeitig wegen Geringfügigkeit eingestellt. [3][Ohne
       eine Geldstrafe wollte das die Staatsanwaltschaft nicht akzeptieren], mit
       einer Strafe wiederum die Verteidiger Ballwegs nicht. „Aber ohne dass beide
       Parteien zustimmen können wir hat nicht einstellen“, so die Vorsitzende
       Richterin.
       
       ## Querdenker war kein Geschäftsmodell
       
       Als dann das Urteil verkündet und begründet ist, brandet Applaus unter
       Ballwegs Anhängern auf. Die Vorsitzende hatte die zahlreich erschienenen
       Querdenkerinnen und Querdenker vor jeder Verhandlung gewarnt, dass sie
       Beifall oder Unmut ahnden wird. Einige hatten an den 44 Prozesstagen ganz
       verwegen einen Zettel mit der Aufschrift „Prozessbeobachter“ auf ihren
       Stuhl geklebt.
       
       Klar ist jetzt, und das dürfte der Szene gefallen: Querdenker war kein
       Geschäftsmodell, sondern eine politische Bewegung, ihr Anführer hat sie
       nicht betrogen, auch Ballwegs Kandidatur bei der Oberbürgermeisterwahl, die
       er zum Teil aus Querdenker-Mitteln finanziert hat, sei Arbeit für die
       Bewegung gewesen. Ballweg saß also zu Unrecht in Untersuchungshaft; für die
       Durchsuchung seines Hauses wie auch die Haft steht ihm Entschädigung zu.
       
       Nichts ist übrig vom Vorwurf der Anklage, Ballweg habe 575.929,84 Euro für
       private Zwecke verwendet. Ursprünglich stand auch der Vorwurf der
       Geldwäsche gegen Ballweg im Raum, das Landgericht hatte den Punkt jedoch
       gar nicht erst zur Anklage zugelassen. Sein Steuervergehen schlägt kaum zu
       Buche. Die 30 Tagessätze à 100 Euro sind zur Bewährung ausgesetzt. Er wird
       sie also höchstwahrscheinlich nicht bezahlen müssen.
       
       ## Bestätigung der Rolle seines Lebens: das Opfer
       
       Trotzdem wollen beide Seiten prüfen, ob sie mit einer Revision vor den
       Bundesgerichtshof ziehen. Ballwegs Anwaltsteam ist uneins,
       Querdenker-Mitstreiter Ralph Ludwig hätte gern einen kompletten Freispruch.
       Die Staatsanwaltschaft dagegen klingt zurückhaltender als zuvor. Man werde
       Rechtsmittel prüfen, sagt eine Sprecherin.
       
       Während der Plädoyers hatten die Ankläger das noch als sicher angekündigt.
       So groß ist der offensichtliche Dissens in der juristischen Bewertung dass
       der Sprecher des Landgerichts Anlass sieht, die Unstimmigkeit zwischen
       Richterbank und Anklägern zu glätten. „Gericht und Staatsanwaltschaft
       hätten als Justizorgane weiterhin ein Vertrauensverhältnis, erklärt Timur
       Lutfullin. „Das nennt man Gewaltenteilung“.
       
       Ballweg sagt, „Es ist ein großer Tag.“ Mit dem Verfahren sei viel
       Steuergeld versenkt worden. Was er nicht sagt: Das Verfahren bestärkt ihn
       in der Rolle seines Lebens. Der Opferrolle.
       
       31 Jul 2025
       
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 (DIR) Benno Stieber
       
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