# taz.de -- Sexarbeit: Prostituierte geschützt, aber noch nicht genug
       
       > Seit 2017 gilt das Prostituiertenschutzgesetz. Es zeigt Wirkung, lautet
       > das zentrale Ergebnis einer Evaluation. Trotzdem müsse es verbessert
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Von selbstbestimmter Sexarbeit, entkriminalisiert und entstigmatisiert, sind wir noch weit entfernt
       
       Berlin taz | Das Prostituiertenschutzgesetz zeigt Wirkung. Es sei ein
       Gesetz, das „beachtliche Erfolge vorweisen kann“, schreibt das
       Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen ([1][KFN]) in einer am
       Dienstag vom Bundesministerium für Bildung, Senioren, Familie, Frauen und
       Jugend [2][vorgelegten Evaluation]. So spreche viel dafür, dass es gelingt,
       Prostituierte „über ihre Rechte zu informieren, sie über gesundheitliche
       Risiken aufzuklären und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, in schwierigen
       Lebenslagen Unterstützung zu erhalten“.
       
       Zudem sei anzunehmen, dass sich die Arbeitsbedingungen für Prostituierte in
       erlaubten Gewerben „ebenso verbessert haben wie die Möglichkeiten zur
       staatlichen Überwachung solcher Gewerbe“. Auch die Kondompflicht wird
       positiv bewertet.
       
       Das Prostituiertenschutzgesetz trat 2017 in Kraft. Seitdem müssen
       Prostituierte ihre Tätigkeit bei der zuständigen Behörde vor Ort anmelden.
       Auch, wer gewerbsmäßig Räumlichkeiten oder Leistungen im Zusammenhang mit
       sexuellen Dienstleistungen anbietet, braucht eine Erlaubnis der Behörde.
       Personen, die in der Prostitution tätig sind, müssen sich zudem regelmäßig
       gesundheitlich beraten lassen.
       
       Lange hatten Union und SPD in der damaligen Großen Koalition um jedes Wort
       gerungen. Das erklärte Ziel war, Frauen und wenige Männer vor
       Zwangsprostitution zu schützen und Kriminalität vorzubeugen. Heraus kam ein
       Kompromiss, der aber auf viel Kritik stieß.
       
       ## Sexarbeit „grundrechtlich geschützt“
       
       Die kam sowohl von Berufsverbänden und Beratungsstellen wie auch von Seiten
       der Politik selbst. Im November 2023 wandte sich etwa die Unionsfraktion
       gegen Prostitution als solche und beschloss ein Papier namens
       „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf
       bestrafen“. Die Union hatte ein Sexkaufverbot auch in den Koalitionsvertrag
       hineinverhandeln wollen, war damit aber gescheitert.
       
       Nun räumt die Evaluation mit einigen Vorurteilen auf: So sei Prostitution
       eine „grundrechtlich geschützte Tätigkeit“, betonen die Forschenden. Und
       das Prostituiertenschutzgesetz sei „entgegen einer schon weit vor dem
       Abschluss dieser Evaluation zu lesenden Bewertung“ keineswegs gescheitert.
       Allerdings lasse seine Wirkung sich noch „deutlich steigern“, sofern
       „behebbare Schwächen“ angegangen würden.
       
       Dazu zählt die Akzeptanz des Anmeldeverfahrens unter den Prostituierten.
       Diese hätten zum Teil Sorge um die Sicherheit ihrer Daten bei den Behörden,
       was unter anderem an der Benachteiligung und Stigmatisierung liege, die
       Prostituierten entgegen gebracht werde. Zudem müsse über einen
       niedrigschwelligeren Zugang zum Anmeldeverfahren nachgedacht werden. Dieses
       biete sich zugleich an, um Personen „in die Lage zu versetzen, informiert
       über die Aufnahme der mit bestimmten Risiken behafteten“ Tätigkeit zu
       entscheiden.
       
       Die Forschenden stellen außerdem fest, dass Sachbearbeiter*innen zum
       Teil keine Fortbildungen zum Gesetz bekommen. Oft fehle ihnen zudem die
       Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Prostituierten. Dem könne über eine
       Zentralisierung der Anmeldung in den Ländern entgegengewirkt werden. Helfen
       könne diese auch dabei, Prostituierte zu identifizieren, die von
       Menschenhandel oder Ausbeutung betroffen sind.
       
       ## Appell für sachliche Diskussion
       
       Für die Evaluation wurden mehr als 2.300 Prostituierte, 800 Mitarbeitende
       von Behörden, 3.400 Kund*innen und 280 Gewerbetreibende befragt. So sei
       es gelungen, „ein außerordentlich breites Spektrum an Menschen zu
       befragen“, so das KFN. Da weiter „keine belastbaren Erkenntnisse über die
       Grundgesamtheit der hierzulande tätigen Prostituierten“ vorlägen, könne
       nicht abschließend beantwortet werden, ob die Ergebnisse repräsentativ
       seien. Sie seien für die untersuchten Gruppen jedoch „in jedem Fall“
       aussagekräftig.
       
       Eines der spannendsten Ergebnisse der nun vorgelegten Evaluation sei für
       ihn, dass Menschen in der Prostitution sich als deutlich selbstbestimmter
       sähen als Menschen von außen, etwa in Behörden, sagte Studienautor Tillmann
       Bartsch der taz. „Ich würde mir wünschen, dass wir im Hinblick auf das
       Thema Prostitution zu einer sachlichen Diskussion kommen“, sagte er. „Wir
       sollten überlegen, wie dieser Lebensbereich so geregelt werden kann, dass
       es insbesondere für diejenigen, die der Prostitution nachgehen,
       gewinnbringend sein kann.“
       
       Die Evaluation diene „als datenbasierte Grundlage für die weitere
       politische und rechtliche Auseinandersetzung mit dem Thema Prostitution in
       Deutschland“, erklärte am Dienstag Bundesfrauenministerin Karin Prien
       (CDU). Der Schutz vor Zwangsprostitution und sexueller Ausbeutung wie auch
       die Rechte der Betroffenen seien wichtige Aufgaben. Nun werde „eine
       unabhängige Expertenkommission eingesetzt“, um diese Ziele zu erreichen.
       
       Die Grüne Denise Loop mahnte derweil: „Das Prostituiertenschutzgesetz
       verfehlt in Teilen seinen Anspruch, Sexarbeiter*innen wirksam zu
       schützen“, sagte die Sprecherin für Sexarbeit und Menschenhandel. Es müsse
       nun so verbessert werden, dass die Rechte von Sexarbeiter*innen
       gestärkt und die legale Arbeit sicherer werde, zum Beispiel durch geschulte
       Ansprechpersonen in Behörden, unabhängige Beratungen und flächendeckende
       Gesundheitsangebote.
       
       Johanna Weber vom Berufsverband erotischer und sexueller Dienstleistungen
       sagte, die Evaluation müsse den Weg weisen zu besseren Reglungen und
       Rechten. Der Verband fordert dennoch weiter eine Abschaffung des Gesetzes.
       
       24 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://kfn.de/
 (DIR) [2] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/evaluation-des-gesetzes-zur-regulierung-des-prostitutionsgewerbes-sowie-zum-schutz-von-in-der-prostitution-taetigen-personen-prostituiertenschutzgesetz-prostschg--266228
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Patricia Hecht
       
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