# taz.de -- Skandal um Imane Khelif: Hauptsache, die da ist nicht dabei
       
       > Der Verband World Boxing sperrt die algerische Olympiasiegerin Imane
       > Khelif. Nur gesagt haben will er das nicht. Ein Fall voller Widersprüche.
       
 (IMG) Bild: Imane Khelif (2. v. l.) mit dem algerischen Staatspräsidenten Abdelmadjid Tebboune und weiteren olympischen Medaillengewinnern
       
       berlin taz | Ihr Name steht da, aber er dürfte da nicht stehen. Es geht um
       die Mitteilung des Weltverbandes World Boxing, „dass [1][Imane Khelif]
       nicht in der weiblichen Kategorie am Eindhoven Box Cup und anderen
       World-Boxing-Veranstaltungen teilnehmen darf, bis sie sich einem
       Geschlechtstest unterzieht“.
       
       Die Algerierin Imane Khelif wurde [2][2024 in Paris] [3][Olympiasiegerin im
       Weltergewicht]. Die Verkündung ihres Ausschlusses steht in einer Mitteilung
       vom 30. Mai. Es geht dort darum, dass bald sogenannte Geschlechtstests
       verbindlich eingeführt werden. Zwei Tage später hat sich der Präsident von
       World Boxing, der Niederländer Boris van der Vorst, beim algerischen
       Verband und bei Khelif entschuldigt – nur dafür, dass ihr Name genannt
       wurde: „Ich schreibe Ihnen allen persönlich, um mich formell und aufrichtig
       dafür zu entschuldigen und anzuerkennen, dass ihre Privatsphäre hätte
       geschützt werden müssen.“ In dem er an Khelif und ihren Verband schreibe,
       wolle er zeigen, dass wir „unseren wahren Respekt zeigen“.
       
       Der Brief und der Ausschluss Khelifs verwirren, und zwar auf ganz vielen
       Ebenen. Vor allem steht nämlich in der Pressemitteilung, dass es die
       Richtlinie, auf der dieser Test beruhen soll, noch gar nicht gibt: sie
       „befindet sich in der Endphase der Entwicklung“. Zudem solle diese
       Vorschrift am 1. Juli 2025 in Kraft treten. Der Eindhoven Box Cup, wo
       Khelif antreten wollte, findet aber vom 6. bis 9. Juni statt.
       
       Irritierend ist zudem die explizite Mitteilung, dass Khelif „nicht in der
       weiblichen Kategorie“ teilnehmen dürfe. Doch die Vorschrift, die World
       Boxing jetzt beschlossen hat, bezieht sich auf „die Teilnahmeberechtigung
       von männlichen und weiblichen Athleten“. Wenn der Ausschluss von Imane
       Khelif nur für die Frauenwettbewerbe gilt, sie aber bei den Männern
       ungetestet antreten dürfte, wäre das ein Verstoß gegen diese Vorschrift.
       Wie World Boxing den Verdacht gegen Khelif, die stets mitteilt, sie sei
       eine Cis-Frau, begründet, wird ebenfalls nicht erklärt.
       
       Und noch eine Irritation hat World Boxing fabriziert. „Gemäß der neuen
       Richtlinie sind die nationalen Verbände für die Tests verantwortlich“,
       heißt es. Im Falle Khelifs heißt das: der algerische Boxverband, der sich
       bislang gegen die als kolonial anmutende Demütigung empfundene Kritik an
       Khelif gewehrt hatte. World Boxing erklärt lediglich, dass er sich das
       Recht vorbehält, „bei neuen oder aktiven Athleten ein genetisches
       Geschlechtsscreening durchzuführen“.
       
       ## Zwei Boxverbände, keine Lösung
       
       Es zeigt sich, dass Überschriften der vergangenen Woche, wonach Imane
       Khelif nun auch vom Verband World Boxing gesperrt sei, zumindest zu diesem
       Zeitpunkt falsch waren. Aber die Schuld an den Fehleinschätzungen dürfte
       bei World Boxing liegen, das mit diesem Schritt nichts dazu beigetragen
       hat, das, was international als „Fall Khelif“ gilt, zu lösen.
       
       Das 2023 gegründete [4][World Boxing] ist nur einer von zwei
       Weltboxverbänden. Älter und größer ist die [5][International Boxing
       Association (IBA)], die allerdings wegen Korruption und zu großer
       Abhängigkeit vom russischen Staatskonzern Gazprom vom olympischen Sport
       suspendiert wurde. In der IBA sind 196 Nationen vertreten, in World Boxing
       106; die meisten Verbände pflegen Doppelmitgliedschaften.
       
       Als die IBA noch anerkannte Weltmeisterschaften durchführen durfte, hatte
       2018 Imane Khelif unbehelligt an einer WM teilgenommen. Bei den Olympischen
       Spielen 2021 war die IBA bereits suspendiert, und das IOC selbst
       organisierte das Boxturnier; da erreichte Khelif das Viertelfinale. 2022
       wurde sie Vizeweltmeisterin der IBA, doch 2023 wurde Khelif unmittelbar vor
       dem WM-Finale, das sie durch den Sieg über eine russische Boxerin erreicht
       hatte, disqualifiziert: Sie habe einen sogenannten Geschlechtstest nicht
       bestanden.
       
       Während und nach Olympia 2024, als die [6][Diskussionen um Khelif]
       besonders hitzig wurden, meldete sich die IBA zu Wort und behauptete,
       Khelif und eine weitere Olympiasiegerin, die aus Taiwan kommt, seien
       „eindeutig männlich“ oder „überwiegend männlich“. Über die Seriosität des
       Tests, den die IBA in Auftrag gegeben hatte, gibt es verschiedene
       Einschätzungen.
       
       „Sie wurde als Frau geboren, ist als Frau aufgewachsen, hat einen Pass als
       Frau und halt als Frau Wettkämpfe bestritten“, verteidigte der
       IOC-Präsident [7][Thomas Bach] die Boxerin. Nun erklärt das IOC World
       Boxing für zuständig. Und das wiederum sorgt für nicht gerade kleine
       Irritationen.
       
       7 Jun 2025
       
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