# taz.de -- Bremer Klimadaten-Projekt Pangaea: Asyl für US-Forschung
       
       > Das bremische Pangaea-Projekt sichert Klimawandel-Daten der
       > US-Atmosphärenbehörde. Die Trump-Regierung will von denen nämlich nichts
       > mehr wissen.
       
 (IMG) Bild: Führte zu einer verheerenden Flutwelle: Hurrikan Milton, hier in einer Aufnahme der Noaa bevor er im Oktober 2024 auf Land traf
       
       Bremen taz | Bremen rettet vielleicht nicht das Klima. Aber wenigstens
       einen Teil der Daten, ohne die das Klima nicht gerettet werden kann: Die in
       Kooperation vom Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven und der Universität
       Bremen betriebene Pangaea-Plattform gewährt Daten der „Nationalen Ozean-
       und Atmosphärenbehörde“ der USA Asyl, der Noaa. „Wir übernehmen
       Verantwortung“, teilte Uni-Rektorin Jutta Günther mit. Frei zugängliche
       Daten seien „ein unverzichtbares Fundament“ für die Forschung.
       
       Die Noaa hatte Anfang April einen Hilferuf in die Forschungscommunity
       lanciert. Sie untersteht unmittelbar dem US-Handelsminister Howard Lutnick.
       Der lässt derzeit jeden einzelnen Noaa-Vertrag ab einem Wert von 100.000
       Dollar an aufwärts überprüfen – und, wo möglich, [1][kündigen].
       
       Seither hat die Forschungsbehörde fast wöchentlich eine neue „Notice of
       Change“ veröffentlichen müssen, bestehend aus dem Namen eines Programms und
       der Nachricht „is decommissioned“, wird eingestellt. Zuletzt, am 12. Mai,
       wurde angekündigt, dass ab 16. Juni die für die Klimaforschung zentralen
       Wetterdaten der polarumlaufenden Satelliten (POES) nicht mehr verfügbar
       sein werden.
       
       Eine Woche zuvor war Schluss gewesen für die Wassertiefenmessung
       (Bathymetrie) der Flussmündungen (Ästuare). Drei Tage später wurde das Aus
       für die „Billion-Dollar-Disaster-Database“ verkündet. In der finden sich
       detaillierte Aufzeichnungen zu 403 in den vergangenen 45 Jahren
       eingetretenen Ereignissen, die jeweils Schäden von mindestens einer
       Milliarde US-Dollar verursacht hatten.
       
       Das folgt der Linie, die Lutnick in seiner ersten Ankündigung des
       [2][rabiaten Kürzungskurses] skizziert hatte: Die Forschungsprogramme,
       Kooperationen der Noaa mit der Princeton-University, [3][bezichtigt er
       darin,] „übertriebene und nicht plausible Vorstellungen von
       Klimabedrohungen“ zu fördern, und damit eben auch „das Phänomen der
       ‚Klima-Angst‘, die in der amerikanischen Jugend um sich greift“.
       
       Laut internen Dokumenten, die dem amerikanischen Nachrichtensender CNN
       vorliegen, soll das Budget für Noaa spätestens 2026 um gut 27 Prozent
       gekürzt und der Forschungsbereich geschlossen werden. Im laufenden Jahr
       gilt noch das von Ex-Präsident Joe Biden 2024 unterzeichnete
       „Bewilligungsgesetz“, durch das [4][Noaa insgesamt 6,72 Milliarden Dollar
       zur Verfügung stellt] wurden. Davon waren 224 Millionen für die
       Klimaforschung reserviert.
       
       Auf der Plattform des Pangaea-Projekts kann nun jede:r online auf Erd- und
       Umweltdaten zugreifen und dort eigene einschlägige Forschung
       veröffentlichen. Mit [5][Noaa] arbeitet [6][Pangaea] bereits seit 15 Jahren
       zusammen. Sie ist eine der Initiativen, die dem amerikanischen Hilferuf
       nachgekommen ist. Bislang wurden 42 der in den USA bedrohten Datensätze in
       Bremen gehostet. Man habe sich dabei zunächst auf historische
       Aufzeichnungen zu Erdbeben und heißen Quellen konzentriert.
       
       [7][Bremen] ist nicht die einzige Uni, die hilft. Mehrere US-Hochschulen,
       aber auch die staatliche Universität von Guelph in Ontario, Kanada, oder
       die britische Universität von Southampton beteiligen sich am „Data Rescue
       Tracker“, über den die Datenrettung koordiniert wird. Hier sei zu erkennen,
       wann bestimmte Daten offline genommen werden, aber auch, welche der Daten
       am besten zum eigenen Forschungsbereich passen, erklärt Frank Oliver
       Glöckner, der Datenmanager des Pangaea-Projekts.
       
       Gesichert werden die Daten bei „Pangaea“ nicht nur auf einer Festplatte,
       sondern auch auf Bändern. Das ist ein in Archiven oft genutztes Prinzip.
       Vorstellen kann man sich das wie die Bänder einer alten VHS-Kasssette. Ein
       Schreib-Lese-Kopf spielt die Daten auf die magnetischen Bänder. Im
       Gegensatz zu einer Festplatte, die energietechnisch nie auf null stehen
       kann, können die Bänder bei Nichtnutzung einfach in einer Schublade liegen.
       
       ## Dreifache Sicherheit durch Speicherung auf Band
       
       Wenn dann wieder auf sie zurückgegriffen werden soll, dauert es jedoch
       länger. Eine Festplatte kann in wenigen Sekunden Daten abrufen. Ein
       Bandlaufwerk brauche mitunter mehrere Minuten, so Glöckner weiter. Auch
       hier helfe das Bild der Kassette: Die auf ein Band gespielten Informationen
       können nur nacheinander abgelegt werden. Wer Daten zu Beginn des Bandes
       benötigt, muss an den Anfang zurückspulen. Im sogenannten „schnellen
       Zugriff“ befinden sich die Daten, sobald die Bänder vom Bandroboter ins
       Bandlaufwerk gelegt und dann zurück auf eine Festplatte gespielt worden
       sind. Aus dem „schnellen Zugriff“ können sie sofort ausgespielt werden und
       wieder auf der Website erscheinen.
       
       Neben der Energieeffizienz haben Bandlaufwerke außerdem den Vorteil,
       kostengünstiger als Festplatten zu sein. Für einen Terabyte auf einem
       Bandlaufwerk zahlt man etwa fünf Euro, ein Terabyte auf einem
       Festplattenlaufwerk kostet nach Glöckners Schätzung etwa 150 Euro. Etwa
       alle zehn Jahre sollten neue Bänder bespielt werden, da sich die alten im
       Laufe der Zeit entmagnetisieren und nicht mehr lesbar sind. Es wird
       außerdem darauf geachtet, „immer auf neue Techniken zu migrieren“, wenn
       dieses sinnvoll erscheint, sagt Glöckner.
       
       Von den auf Bänder gespeicherten Datensätzen befinden sich zwei Exemplare
       in Bremerhaven und eins in Bremen. Im Fall von Beschädigungen oder
       Cyberangriffen bestehe also dreifache Sicherheit. Das „Pangaea“-Team hat
       die Datensätze zudem nicht nur gesichert, sondern die teils als Rohdaten
       erhaltenen Informationen auch aufbereitet. „Diese komplexen Services können
       wir kurzfristig nicht vollständig ersetzen“, räumt Glöckner ein.
       
       19 May 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kuerzungen-bei-US-Klimaforschung/!6067343
 (DIR) [2] /100-Tage-Chronik/!6083972
 (DIR) [3] https://www.commerce.gov/news/press-releases/2025/04/ending-cooperative-agreements-funding-princeton-university
 (DIR) [4] https://www.congress.gov/bill/118th-congress/house-bill/4366/text
 (DIR) [5] https://www.noaa.gov/
 (DIR) [6] https://www.pangaea.de/
 (DIR) [7] /Universitaet-Bremen/!t5021567
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Charlina Strelow
       
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