# taz.de -- Niederlage gegen Stuttgart: St. Pauli macht’s noch mal ein bisschen spannend
       
       > In Unterzahl unterliegt der FC St. Pauli dem VfB Stuttgart mit 0:1. Der
       > Abstieg ist damit nicht vorzeitig abgewendet, bleibt aber
       > unwahrscheinlich.
       
 (IMG) Bild: Tragischer Held Vasilj (m.): Erst hielt er alles, dann war er kaum zu halten
       
       Hamburg taz | Es waren schon 97 Minuten gespielt am Millerntor. Da flog der
       beste Mann vom Platz. St. Paulis Torwart Nikola Vasilj war zur Eckfahne
       geeilt und hatte den Ball dort hingelegt, damit die Stuttgarter den Eckball
       ausführen. Als sie weiterhin keine Anstalten machten, das zu tun,
       beschwerte er sich bei Schiedsrichter Florian Exner, bekam die gelbe Karte
       – und binnen Sekunden die gelb-rote hinterher. Dazwischen hatte er „Daumen
       hoch“ gezeigt, was Exner offenbar als höhnische Geste interpretiert hat.
       
       Bis dahin hatte der Bosnier wieder einmal alles gehalten, was zu halten
       war, und gefühlt noch viel mehr. Mit beiden Händen, mit dem Fuß, mit der
       Faust. Nach einer knappen Stunde schien es vorbei zu sein, als St. Paulis
       Verteidiger Siebe van der Heyden im Strafraum im Fallen den Ball an den
       Unterarm bekam, damit einen Torschuss blockte und mit Gelb-Rot vom Platz
       flog. Dazu gab es Elfmeter. Doch Vasilj hielt, schon seinen vierten von
       fünf Strafstößen in dieser Saison.
       
       Dass er sich nach 88 Minuten doch noch geschlagen geben musste, zeigt, wie
       überlegen die Stuttgarter waren, nicht nur, aber erst recht, nachdem es
       gegen zehn St. Paulianer ging. Eine halbe Stunde hatte St. Pauli den
       Vizemeister stark unter Druck gesetzt und auch spielerisch mitgehalten.
       
       Als die Stuttgarter Passmaschine ins Laufen kam, hielt der Aufsteiger
       konzentriert und mit enormem läuferischem Einsatz dagegen. Die Stuttgarter
       kamen zwar zu Chancen – aber dann war da ja immer noch dieser Vasilj, der
       sie alle zunichte machte. Bis nach einer halben Stunde in Unterzahl dann
       doch die Kräfte schwanden, der [1][Ex-Bremer Nick Woltemade] frei zum
       Schuss kam und das entscheidende Tor erzielte.
       
       ## Vorzeitiger Klassenerhalt verpasst
       
       St. Pauli hat es damit verpasst, frühzeitig den Klassenerhalt klarzumachen.
       Dafür hätte schon ein Unentschieden gereicht. Im vorletzten Saisonspiel bei
       der Frankfurter Eintracht, für die es noch um die Teilnahme an der
       Champions League geht, fehlen nun mit Vasilj und van der Heyden zwei
       gesperrte Stammkräfte. Und vermutlich Flügelstürmer Elias Saad, der sich
       beim Aufwärmen verletzt hatte, neben bereits drei langzeitverletzten
       Stammspielern.
       
       „Was soll ich jetzt rumheulen?“, sagte [2][St. Paulis Trainer Alexander
       Blessin] dazu. „Wir haben genügend Spieler und genügend Qualität, um das
       aufzufangen, wie wir es bislang immer geschafft haben.“
       
       Damit lobt Blessin – vielleicht unbewusst – auch sich selbst: Er hat immer
       wieder kreative Lösungen im eigenen Team gefunden: Für den
       Stamm-Verteidiger Karol Metz spielt seit Monaten völlig solide David
       Nemeth, der in der Vorsaison in der zweiten Liga kaum Einsätze bekommen
       hatte. In den letzten Wochen leistete Blessin sich sogar den Luxus, seinen
       Abwehrchef Eric Smith ins Mittelfeld vorzuziehen, um den kreativen
       Spielaufbau zu stärken.
       
       Und, vielleicht die größte Überraschung: Im offensiven Mittelfeld trumpft
       seit Wochen Danel Sinani auf, Nationalspieler zwar, aber eben nur für das
       kleine Luxemburg. Vorher war er über fast zwei Jahre kaum zu sehen, spielte
       im Zweitligakader der Aufstiegssaison praktisch keine Rolle. Blessins
       größte Stärke ist, solche verborgenen Potenziale zu sehen und zu heben.
       
       Zur Wahrheit gehört auch, dass St. Paulis Kader zu Saisonbeginn nicht breit
       genug für die Bundesliga war. Deshalb haben sie in der Winterpause vier
       neue Spieler geholt, von denen drei sofort eingeschlagen sind. So reicht es
       gerade eben, um die vielen Verletzungen zu kompensieren, die auch mit der
       betont körperlichen, laufintensiven Spielweise zusammenhängen könnten. Wie
       zuletzt die Stressreaktion im Fuß von Kapitän Jackson Irvine, der nun
       monatelang pausieren muss.
       
       ## Endspiel gegen Bochum?
       
       Auch dank der Alternativen im Kader sind die Aussichten auf mindestens ein
       weiteres Jahr in der Bundesliga gut – auch wenn der letzte dazu noch
       fehlende Punkt gegen Stuttgart verpasst wurde. Zwei Spiele bleiben dafür
       noch, am kommenden Sonntag in Frankfurt – oder am Sonnabend darauf am
       Millerntor gegen den Tabellenletzten Bochum.
       
       Ein Szenario, das sie bei St. Pauli unbedingt vermeiden wollten. Doch
       selbst wenn beide Spiele verloren gingen, droht schlimmstenfalls der
       Relegationsrang 16. Und auch das nur, wenn der FC Heidenheim seine beiden
       letzten Spiele gewinnt.
       
       Wegen dieser Konstellation dürfte bei St. Pauli, das schon seit November
       nicht mehr auf einem Abstiegsplatz gestanden hat, nun keine Panik mehr
       ausbrechen. Auch wenn Trainer Blessin sagt: „Ich hasse Relegation.“
       
       4 May 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Jan Kahlcke
       
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