# taz.de -- Intelligente Maschinen: Der Taschenrechner, der die Welt regiert
       
       > Die künstliche Intelligenz wird dem Menschen nie überlegen sein. Warum?
       > Sie kennt nur Wahrheit oder Lüge, aber nicht den produktiven Zweifel
       
 (IMG) Bild: Wir sind die Roboter – nur schlauer oder auch nicht
       
       Blechern und hohl klingen die Leitartikel. Da schaben ölglänzende
       Panzerplatten der Rüstungen aneinander. Hart sind die Zeiten, hart der
       Harnisch. Die Schilde und Helme sind geschmiedet, die Speere gespitzt. Der
       öffentlich geführten Debatte ist selbstverständlich schon immer die Neigung
       eigen, zur eitlen Parade vorgefertigter Antworten zu veröden. Zu
       Rechthaberei verkümmerte Argumente, am besten gleich mehrere gegenteilige,
       bestimmen den Diskurs. Lärm ist im Dutzend billiger zu haben.
       
       Nichts entwickelt sich. Alles ist immer schon vollständig und fertig. Von
       [1][Maschinen generierte Gewissheiten], so absurd und blödsinnig sie auch
       sein mögen, überzeugen deshalb nicht durch ihren Gehalt, sondern in ihrer
       vom Publikum gewünschten Eindeutigkeit. [2][Null oder eins.] True or false.
       Keine Fragen offen. Logik ist kein Werkzeug mehr, sondern ein Habitus. Der
       produktive Zweifel wird ersetzt durch pro und kontra. Ist die Erde rund?
       Ja. Nein. Danke schön.
       
       Es gibt diese Erzählung, das Netz habe den Diskurs verflacht und verroht.
       Ist es aber nicht so, dass anders als früher die Demonstration des eigenen
       intellektuellen und emotionalen Stillstands nicht mehr allein ein paar
       Gatekeeper:innen vorbehalten ist? „Endlich sagt’s mal einer.“ Einer kann
       jetzt jeder sein und jede, egal ob ein Herz den Takt vorgibt oder ein
       Prozessor. Schlichte Antworten verstopfen Raum und Zeit; die schlichtesten
       im Regelfall vermählt mit der Behauptung, man stelle lediglich Fragen. Nur
       Zweifel, die kennen keine Konjunktur.
       
       Dass wir uns nur nicht missverstehen, der Zweifel ist keine Flucht, ist
       kein Versteck, im Gegenteil. Er führt, wenn nötig, in die Konfrontation.
       Denn er weist eine Richtung. Beweglichkeit zeichnet ihn aus, nicht Lähmung
       und starre Verhärtung. Ich behaupte auch nicht, dass es leichter ist, einen
       Leitartikel zu schreiben, aber recht haben braucht eben keinen Mut. Feuer
       vielleicht. Der Zweifel aber spuckt kein Feuer, er geht da hindurch.
       Zweifel lehrt etwas über die Welt, über uns. Er belehrt aber nicht. Er
       sucht und lädt ein, sich mit ihm auf die Suche zu machen.
       
       „Er liebt mich, er liebt mich nicht.“ Die klare Antwort hier mag einmal von
       lebensentscheidender Bedeutung für mich gewesen sein. Alles aber, was an
       dieser Versuchsanordnung interessant ist, sie menschlich macht, ist doch
       das, was vor der simplen Abzähloperation geschieht. Das, was mich zur Blume
       greifen lässt.
       
       Es ist erschütternd, in welcher Timeline wir gelandet sind. Das ist die, in
       der jene, die erzählen, generative künstliche Intelligenz sei den Menschen
       bald ebenbürtig oder überlegen, nicht aus jedem seriösen Raum gelacht
       werden. Also mal ganz ehrlich, seid ihr ein bisschen doof? – Ich stelle nur
       Fragen.
       
       Die Weltherrschaft der [3][Techbarone] und ihrer mit Lametta behängten
       Taschenrechner kann nur funktionieren, wenn wir uns klein genug gemacht
       haben. Null und eins. Pro und kontra. Denn dann sind die geölten
       Panzerplatten am Ende doch nur ein Sichtschutz, der die vor Langeweile
       gähnende Leere dahinter verbirgt.
       
       27 Apr 2025
       
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