# taz.de -- Polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2024: Erfasste Kriminalität sinkt leicht – wohl nur wegen Gras
       
       > Die Gesamtzahl der Fälle sinkt dank Cannabislegalisierung, doch die
       > Gewalt steigt. Verdächtig sind immer mehr Kinder und Ausländer.
       
 (IMG) Bild: BKA-Präsident Holger Münch neben Innenministerin Nancy Faeser: Die registrierte Kriminalität bleibt auf hohem Niveau
       
       Berlin taz | Das Bundeskriminalamt (BKA) hat letztes Jahr rund 5,8
       Millionen Straftaten registriert – etwas weniger als noch 2023. Allerdings
       ist der Rückgang in der Polizeilichen Kriminalstatistik mit Minus 1,7
       Prozent denkbar klein und wohl Ergebnis der Cannabis-Teillegalisierung, die
       Anfang 2024 in Kraft trat. Die Gewaltkriminalität stieg dagegen weiter,
       insbesondere die gegen Frauen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)
       nannte dies bei der Vorstellung der Statistik am Mittwoch „besonders
       besorgniserregend“. Auch die Zahl minderjähriger und ausländischer
       Tatverdächtiger wuchs deutlich.
       
       Veränderungen bei den Delikten 
       
       Während die Gesamtzahl der registrierten Fälle sich kaum veränderte, gibt
       es in einzelnen Kategorien durchaus Unterschiede zwischen 2024 und
       [1][2023]. Die registrierte Gewaltkriminalität insgesamt nahm um 1,5
       Prozent zu, hier wurden rund 217.000 Fälle registriert. Deutlicher ist der
       Anstieg von rund 9 Prozent bei Fällen von sexualisierter Gewalt wie etwa
       Vergewaltigungen, Nötigungen und anderen Übergriffen teils mit Todesfolge.
       Faeser sagte dazu: „Die Schuld liegt immer beim Täter, niemals beim Opfer.“
       Sie lobte das kürzlich beschlossene Gewalthilfegesetz, das Betroffenen
       unter anderem ab 2027 einen Platz im Frauenhaus garantiert.
       
       Um rund 9 Prozent stieg auch die Zahl von Fällen, in denen es um
       Missbrauchsdarstellungen von Jugendlichen geht. Registrierte Fälle von
       Bedrohung und Stalking nahmen je um rund 7 Prozent zu.
       
       Massiv gesunken ist dagegen die Zahl der Rauschgiftdelikte. Hier
       registrierte die Polizei über 100.000 Fälle weniger als noch im Vorjahr,
       ein Minus von rund 35 Prozent. Die Zahl von Ermittlungen im Zusammenhang
       mit dem inzwischen teil-legalisierten Cannabis sank gar um mehr als 50
       Prozent.
       
       Weiter viele ausländische Tatverdächtige 
       
       Bei den ermittelten Tatverdächtigen gibt es kaum Unterschiede zum Vorjahr.
       Zu den rund 6 Millionen Straftaten wurden letztes Jahr etwa 2 Millionen
       Tatverdächtige ermittelt, 3 Prozent weniger als 2023. Rund 58 Prozent von
       ihnen waren Deutsche, 42 Prozent Ausländer*innen, auch bei diesem
       Verhältnis hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast nichts verändert.
       
       Der Anteil der Ausländer*innen ist unter anderem deswegen so hoch, weil
       in die Statistik auch Delikte einfließen, die nur von Menschen ohne
       deutschen Pass begangen werden können – etwa Fälle von illegaler Einreise
       oder illegalem Aufenthalt.
       
       Vergleiche mit der Ausländerquote, die in der Bevölkerung Deutschlands bei
       rund 15 Prozent liegt, [2][sind also eher irreführend]: Ohne
       ausländerrechtliche Verstöße liegt der Anteil ausländischer Tatverdächtiger
       nur noch bei rund 35 Prozent, 2023 waren es 34 Prozent. Dabei handelt es
       sich aber weiter nicht nur um Ausländer*innen, die auch dauerhaft in
       Deutschland leben. Stattdessen sind auch Tourist*innen, Geschäftsreisende
       und solche Personen mitgezählt, die nur kurz nach Deutschland einreisen und
       Verbrechen zu begehen, etwa Drogenschmuggler oder ausländische Hooligans.
       
       Größere Veränderungen gibt es bei den Tatverdächtigen im Unterbereich der
       Gewaltkriminalität. Hier fällt zum einen auf, dass die Zahl ausländischer
       Tatverdächtiger mit Plus 8 Prozent deutlich stärker stieg als die
       Gesamtzahl der Fälle. Ihr Anteil an allen Verdächtigen aus dieser Kategorie
       liegt damit bei rund 43 Prozent. Mit einem Plus von mehr als 11 Prozent
       stieg auch die Zahl von Kindern unter den Tatverdächtigen massiv, der Wert
       für jugendliche Verdächtige stieg um 4 Prozent. Die Behörden konnten im
       letzten Jahr rund 58 Prozent aller registrierten Straftaten aufklären. Das
       entspricht fast exakt der Quote von 2023.
       
       Aussagekraft der Zahlen 
       
       Bei der Polizeilichen Kriminalstatistik handelt es sich um eine sogenannte
       Ausgangsstatistik. Es werden also nicht alle Fälle gezählt, die angezeigt
       werden, sondern nur diejenigen, bei denen die Polizei die Ermittlungen auch
       abschließt und eine Staatsanwaltschaft übernimmt.
       
       Expert*innen verweisen zudem darauf, dass das Dunkelfeld im Bereich der
       Kriminalität wohl sehr groß ist. Viele Vorfälle werden nicht angezeigt. Die
       Professorin Susann Prätor von der Polizei Akademie Niedersachsen sagte dazu
       bei einer Veranstaltung des Mediendienst Integration: „Das Hellfeld ist nur
       ein Ausschnitt, der vom Anzeigeverhalten der Bevölkerung abhängt – und das
       variiert je nach Deliktart.“
       
       Das bedeutet auch, dass allein steigende Sensibilität und gewachsene
       Anzeigebereitschaft zu höheren Fallzahlen in der Statistik führen können.
       Ob dahinter ein tatsächlicher Anstieg der begangenen Taten steht, ist damit
       nicht gesagt. Dies könnte etwa für den aktuellen Anstieg bei den Fällen
       sexualisierter Gewalt gelten.
       
       Dass nicht alle Delikte angezeigt werden, ist auch einer der Gründe dafür,
       dass so viele Ausländer*innen unter den Tatverdächtigen sind. Studien
       zeigen, dass Menschen, die als nicht-deutsch wahrgenommen werden, doppelt
       so häufig für Gewalttaten angezeigt werden, wie Personen, die keinen
       erkennbaren Migrationshintergrund haben.
       
       Gründe für die Entwicklungen 
       
       Der Anstieg der Gesamtzahl der erfassten Delikte geht wohl zu einem guten
       Teil auf die sozioökonomische Lage in Deutschland und die Inflation zurück.
       Prätor: „Die Bedingungen, unter denen Menschen leben, sind der zentrale
       Faktor dafür, wie hoch die Kriminalitätsrate unter ihnen ist.“
       
       Zwar sank die Inflationsrate zuletzt wieder deutlich, doch bleiben die
       Preise weiter hoch, während das Lohnniveau nur langsam hinterherkommt. Wenn
       das Leben teurer wird, steigt der Anreiz, kriminell zu werden. Auch die
       psychischen Folgen der Coronapandemie dürften eine Rolle spielen,
       insbesondere gilt das für Jugendliche und Kinder, die besonders betroffen
       waren.
       
       Allerdings: Gewaltkriminalität unter Jugendlichen sei auch vor Corona
       gestiegen, so Prätor. Die „Corona-Delle“ und der anschließende
       „Nachholeffekt“ suggeriere fälschlicherweise eine dramatische Entwicklung
       im Zusammenhang mit der Pandemie. Die Grünen-Innenpolitikerin Lamya Kaddor
       führte die höhere Jugendkriminalität am Mittwoch auch auf
       „gesellschaftliche Polarisierung und wachsenden Extremismus“ zurück.
       
       Inflation, Wirtschaftliche Lage und Folgen der Corona-Maßnahmen betreffen
       auch Ausländer*innen. Dass ihr Anteil an den Tatverdächtigen grundsätzlich
       so hoch ist, hat ebenfalls sozioökonomische Gründe. So leben
       Ausländer*innen öfter in Städten, wo Kriminalität und Armut insgesamt
       höher, gleichzeitig Polizeikontrollen aber sehr viel häufiger sind. Prätor
       dazu: „Wo viel kontrolliert wird, kann auch mehr entdeckt werden.“
       Geflüchtete, die einen deutlichen Anteil der Ausländer*innen ausmachen,
       sind zudem besonders oft jung, männlich oder haben traumatische sowie
       gewaltvolle Situationen erlebt – weitere Faktoren, die mit einer höheren
       Chance einhergehen, kriminell zu werden.
       
       Langfristige Trends 
       
       Grundsätzlich sind die Zahlen der [3][aktuellen Kriminalstatistik] nur
       begrenzt mit denen aus vergangenen Jahren vergleichbar, wie schon das
       Beispiel Cannabis zeigt. Die Gesetzeslage ändert sich, genauso wie das
       Anzeigeverhalten der Bevölkerung oder die Ermittlungsschwerpunkte der
       Polizei.
       
       Dennoch sind einige Trends ablesbar. Im mittelfristigen Vergleich zeigt
       sich ein deutlicher Anstieg der Zahlen nach dem Ende der Maßnahmen gegen
       die Coronapandemie ab 2022. Von 2022 auf 2023 nahm sowohl die Gesamtzahl
       der Fälle (+5 Prozent) als auch die Gewaltkriminalität zu (+9 Prozent).
       Insbesondere die Zahl der ausländischen Tatverdächtigen (+18 Prozent) sowie
       der Kinder (+12 Prozent) und Jugendlichen (+10 Prozent) nahm damals
       deutlich zu. Der Anstieg scheint nun zumindest gebremst. Die Gesamtzahl der
       Fälle hat sich auf einem hohen Plateau eingependelt, das deutlich über dem
       Niveau der Vor-Corona-Jahre liegt.
       
       Der langfristige Vergleich zeigt aber, dass die Zahl ermittelter Fälle und
       besonders die Gewaltkriminalität auch schon deutlich höher lag als jetzt.
       2007 registrierte die Polizei etwa rund 6,3 Millionen Straftaten, 500.000
       mehr als 2024.
       
       Aktualisiert am 02.04.2025 um 12:00 Uhr. d. R.
       
       2 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2023/pks2023_node.html
 (DIR) [2] /Polizeiliche-Kriminalstatistik-2023/!6000508
 (DIR) [3] /Kriminalstatistik/!t5059967
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederik Eikmanns
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kriminalität
 (DIR) BKA
 (DIR) Nancy Faeser
 (DIR) Gewaltverbrechen
 (DIR) Kriminalstatistik
 (DIR) Kolumne Die Woche
 (DIR) Psychische Erkrankungen
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
 (DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
 (DIR) Kriminalstatistik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nationalitäten-Nennung bei Straftaten: Statistische Hetze
       
       Hamburgs CDU fordert, bei Straftaten alle Nationalitäten aller Beteiligten
       zu nennen. Das normalisiert Rassismus unterm Deckmantel der Objektivität.
       
 (DIR) Erste deutsche Überfliegerin im All: Fit, fähig, frohgemut – und Frau
       
       Diese Woche: Geld für die Raumfahrt und Zölle für Pinguine. Außerdem: Haben
       Sie bitte keine Angst vor, sondern um kriminelle Jugendliche.
       
 (DIR) Straffällige Ausländer*innen: Es ist nicht der Pass
       
       Ausländer*innen sind in der BKA-Kriminalstatistik überrepräsentiert.
       Das überrascht bei Armut und psychologischer Unterversorgung kaum.
       
 (DIR) Studie von Wirtschaftsforschern: Klimapolitik stärkt Sicherheit Europas
       
       Wenn Europa weniger Öl kauft, schwächt das die russische Kriegswirtschaft.
       Eine Studie zeigt, wie Klimaschutz Geld spart.
       
 (DIR) ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren: Migration allein macht niemanden kriminell
       
       Studien belegen immer wieder, dass sozioökonomische Faktoren Kriminalität
       schaffen. Wer das Problem nur auf Migration schiebt, verhindert deren
       Bekämpfung.
       
 (DIR) Nennung der Nationalität durch Polizei: FDP will Täter-Herkunft wissen
       
       FDP-Generalsekretär Djir-Sarai will, dass die Nationalität von Verdächtigen
       in Polizeimeldungen auftaucht. In NRW hat die CDU das schon beschlossen.
       
 (DIR) Polizeiliche Kriminalstatistik 2023: Gefährlicher Alarmismus
       
       Die Kriminalstatistik ist noch gar nicht veröffentlicht, da starten rechte
       Medien schon eine Migrationsdebatte. Dabei geben die Zahlen dazu keinen
       Anlass.