# taz.de -- Alternativer deutscher Boxverband: Eine sehr besondere Familie
       
       > Der auf Initiative des russischen IBA-Chefs entstandene Verband German
       > National Boxing Association ist ein kryptisches Gebilde – mit ungewisser
       > Zukunft.
       
 (IMG) Bild: Deutsche Repräsentantin bei der IBA-WM im März: Sarah Scheurich (r.) im Kampf gegen die Türkin Busra Isildar im serbischen Niš
       
       Im Internet habe er von der offenen Stelle gelesen. „Das fand ich super und
       habe angerufen“, erzählt Alexander Tilinin. Wenig später hatte er den Job
       als deutscher Box-Bundestrainer des neu gegründeten Verbandes [1][German
       National Boxing Association (GNBA)], der im Mai 2024 seine Arbeit aufnahm.
       Nebenbei betreibt er seit vielen Jahren den Boxclub Viking e. V. in
       Neuendettelsau südlich von Nürnberg. Was ihm an seinem neuen Arbeitgeber
       gefällt? „Sie machen keine Sportpropaganda“, sagt Tilinin. Er spielt auf
       den Deutschen Boxsport-Verband (DBV) an, unter dessen Dach er im
       bayerischen Landesverband arbeitete und der ihm mittlerweile Hausverbot für
       all seine Veranstaltungen erteilt hat.
       
       Der DBV hat sich [2][nach längerer Bedenkzeit aus den Fängen des
       Weltverbands IBA gelöst,] der vom [3][Russen Umar Kremlew geführt wird] und
       sich mit reichlich Gazprom-Geldern wieder das Recht auf die Austragung der
       olympischen Turniere zurückerobern wollte. Wegen anderer zwielichtiger
       Präsidenten zuvor und etlichen Korruptionsskandalen hatte das
       Internationale Olympische Komitee die Aufsicht einstweilen übernommen.
       
       Aus Sicht von Tilinin, der in der ehemaligen Sowjetunion in Kasachstan groß
       wurde, hätte der DBV der von einem bekennenden Putin-Freund geführten IBA
       besser die Treue gehalten. Vom Ausschluss Russlands aus dem Weltsport hält
       er sowieso nichts. „Wir sind Sportler, keine Politiker.“
       
       Tilinin arbeitet nun für den auf Initiative der IBA gegründeten
       Alternativverband GNBA. Das internationale Boxturnier, das er seit Jahren
       in Neuendettelsau organisiert, findet dieses Mal von Gründonnerstag bis
       Ostermontag als IBA-Event statt. Russische Boxer werden zum Bedauern von
       Tilinnin wegen der Visa-Bestimmungen in Deutschland nicht dabei sein. Und
       es ist ihm wichtig, darauf hinzuweisen, dass aus der ukrainischen
       Hauptstadt Kyjiw zehn Boxer zu seinem Turnier anreisen werden.
       
       ## Woher kommt das Geld?
       
       Sein neuer Verband mache vieles besser, findet Tilinin. Als er kürzlich zur
       IBA-Frauenbox-WM ins serbische Niš reiste, habe die GNBA alle Kosten
       komplett übernommen. Das kannte er so bislang nicht. Zwei deutsche
       Athletinnen betreute er. [4][Sarah Scheurich,] die sich auch im Kampf gegen
       sexualisierte Gewalt mit dem DBV überworfen hatte, und Melani Volkova. Die
       IBA hat ebenfalls für die Athleten den Geldhahn aufgedreht. Mit einem
       Scheck über 100.000 Dollar posierten die Goldmedaillengewinnerinnen bei der
       WM im Ring vor den Fotografen.
       
       Doch woher verfügt der neu gegründete Verband, dem ohne Anerkennung des
       DOSB die staatliche Unterstützung fehlt, über so viel Geld?
       DBV-Sportdirektor Michael Müller sagt, auf einer Zoomsitzung, die er mit
       den Verantwortlichen vom GNBA nach deren Neugründung gehabt habe, hätten
       diese freimütig erzählt, vom russischen Staatskonzern Gazprom finanziert zu
       werden. GNBA-Generalsekretär Michael Wachter, der bei der Sitzung dabei
       war, widerspricht. Das sei ein Märchen, um den Verband zu diskreditieren.
       Es seien Sponsorengelder, die durch die Geschäftsbeziehungen der Gebrüder
       Bakos geflossen seien.
       
       Ohne die aus Usbekistan stammende Familie Bakos, so viel lässt sich sagen,
       gäbe es die GNBA nicht. Über die Familie Bakos lässt sich wiederum nur
       begrenzt etwas sagen. Manches bleibt undurchsichtig. Ein direktes Gespräch
       sei schwierig, weil der GNBA-Präsident Lusen Bakos gerade und sowieso die
       meiste Zeit im Jahr in Dubai lebe, erklärt Wachter. Ab und an käme er noch
       nach Berlin, wo seine Familie wohne. Vizepräsident Jonny Bakos halte sich
       häufiger in Berlin auf.
       
       Und dann gibt es noch Adrian Bakos, [5][Mitglied in einem Führungsgremium
       des Internationalen Ringerverbands.] Über ihn, erzählt Wachter, ist
       IBA-Präsident Umar Kremlew an die Familie Bakos herangetreten. „In den
       Führungsstrukturen der Verbände wird der Tannenbaum immer spitzer“, erklärt
       Wachter. „Die kennen sich da alle.“ Die IBA habe den Wunsch gehabt,
       weiterhin deutsche Boxer auf ihren Veranstaltungen präsentieren zu können.
       
       ## Kampfsportaffine Brüder
       
       Die Familie Bakos ließ sich nicht lange bitten, auch wenn Lusen und Jonny
       Bakos ebenfalls nicht in der Welt des Boxens zu Hause sind. Lusen Bakos
       brachte Erfahrungen im Vorstand des Deutschen Mixed Martial Arts Verbands
       mit. Da war auch Wachter zuvor beheimatet.
       
       Die kampfsportaffinen Brüder arbeiten zudem geschäftlich Hand in Hand. Im
       Import-Export-Handel haben sie sich auf Rohstoffe wie Eisen und Erdöl
       spezialisiert. Genauere Informationen zu der Art und dem Umfang der
       Geschäfte sind in digital zugänglichen Räumen nicht aufzufinden. Die
       Firmenwebsite kommt in ihrer Selbstbeschreibung mit einem Dreizeiler aus.
       Zudem vertreiben sie über ein anderes Unternehmen Geräte für Fitnessstudios
       und Equipment für Militär & Einsatztraining. Die beiden Firmen sowie die
       GNBA sind alle beim Amtsgericht Charlottenburg in Berlin registriert.
       
       Auf den Profilen ihrer Instagram-Accounts lassen sich die Brüder gern auch
       mal mit Waffe fotografieren. Ihre spendablen Geschäftspartner tauchen auf
       der Website von GNBA nicht auf. Als Sponsor wird lediglich der Juwelier
       Hansjörg Kopp aus Heidenheim genannt, der sich [6][laut einem lokalen
       Zeitungsbericht im Jahr 2017] mit Wladimir Putin auf der Krim für ein
       persönliches Gespräch traf.
       
       Die GNBA hat nun nur ein Problem. Deren vom russischen IBA-Chef Umar
       Kremlew initiierte Gründung war mit der vagen Hoffnung verknüpft, wieder
       die Ausrichtung der olympischen Boxturniere übertragen zu bekommen.
       Mittlerweile hat sich aber auf starkes Betreiben von DBV-Sportdirektor
       Michael Müller mit World Boxing ein zweiter Weltverband etabliert, der just
       im März von IOC die vorläufige Anerkennung erhielt, künftig das
       Olympia-Boxen zu organisieren. Die IBA wurde dagegen suspendiert.
       
       ## Schrumpfbestand der GNBA
       
       Der ehemalige IBA-Funktionär Müller, der lange zögerte, bevor er Kremlew
       die Gefolgschaft aufkündigte, sieht sich indessen auf der Gewinnerseite.
       Die GNBA habe vielfach versucht, mit finanziellen Versprechungen,
       Athleten und Vereine vom DBV abzuwerben. „Mit der Entscheidung des IOC“,
       sagt er, „sehe ich sie nur noch als temporäre Erscheinung.“ Den
       Schrumpfbestand der GNBA taxiert er bei 3 bis 4 Vereinen, 5 bis 6 Athleten
       und 3 bis 4 Trainern.
       
       Diesen Zahlen widerspricht GNBA-Generalsekretär Michael Wachter nicht. Der
       DBV habe ja alles „weggebissen“ und mit Ausschlussverfahren bedroht. Als
       der Kampf der konkurrierenden Weltverbände um Olympia noch nicht
       entschieden war, hatte er dem DBV einen Deal vorgeschlagen. Der DBV solle
       jeweils seine beiden besten Boxer zu seinen internationalen Turnieren
       schicken und dafür der Nr. 3 und Nr. 4 die Teilnahme bei IBA-Turnieren
       ermöglichen.
       
       Das hätte nicht nur mehr deutschen Boxern die Teilnahme an Großevents
       garantiert, sondern auch allen alle Zugänge offengehalten. Der DBV, so
       behauptet es Wachter, habe dafür einen nicht geringen Geldbetrag gefordert,
       den der GNBA nicht bereit war zu zahlen. Wachter fand das unlauter: „Wenn
       sie aus moralischen Gründen einer Kooperation verweigert hätten, wäre das
       ja noch verständlich gewesen.“
       
       Für seine künftige Ausrichtung wartet der GNBA nun ab, welche
       Zukunftssignale die IBA setzt. Ein Einstieg ins Profiboxen hält Wachter für
       möglich. Man müsse zudem schauen, ob es jenseits des organisierten Sports
       und seiner staatlichen Fördergelder, die der Monopolist DBV einstreicht,
       einen Platz für den Verband gibt. Eine Zusammenarbeit mit Gyms, sagt
       Wachter, könne er sich vorstellen. Zuerst einmal steht jetzt in der
       Osterwoche das internationale IBA-Turnier in Neuendettelsau an. Ein
       Fest der Wiederauferstehung wird es eher nicht werden.
       
       11 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://gnbassociation.de/
 (DIR) [2] /Spaltung-im-internationalen-Boxsport/!5925424
 (DIR) [3] /Praesidentenwahl-im-Weltboxen/!5852375
 (DIR) [4] /Moegliche-Ausgrenzung-einer-Boxerin/!5807022
 (DIR) [5] https://uww.org/about-uww/committee/united-world-wrestling-committee-associated-styles
 (DIR) [6] https://www.pressreader.com/germany/heidenheimer-neue-presse/20170908/281878708527579?srsltid=AfmBOop78ViKkMzyGq2ZY790aOvGhdcqeKDwkdEFxGRUvUsUA4-cUVcs
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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