# taz.de -- Digitale Bildwelten: Wie Bildgebungs-KI die Anime-Studios bestiehlt
       
       > Mit nur wenigen Klicks verwandelt KI Selfies in Ghibli-Figuren – süß,
       > aber urheberrechtlich fragwürdig. So wird Kunst zur Massenware gemacht.
       
 (IMG) Bild: Das nächste Feld, das künstliche Intelligenz für seinen Profit sinnbefreit und ausbeuterisch abgrast: Ghibli-Figuren
       
       Wer in den letzten Tagen auf Social Media unterwegs war, hat es bemerkt:
       Etwas ist anders. Statt der üblichen Videoflut dominiert ein neuer –
       stiller – Trend: Pastellfarben, sanfte Pinselstriche und große,
       [1][gutmütige Augen] verzücken das Netz.
       
       Am 25. März veröffentlichte [2][OpenAI], das Unternehmen hinter ChatGPT,
       ein Update, das die [3][KI-basierte Bilderzeugung] auf ein neues Level
       hebt. Aus Prompts oder Fotos entstehen Kunstwerke im Stile von Pixar,
       Muppets, Gameboy oder Studio Ghibli.
       
       Besonders letzterer hat das Netz im Sturm erobert: Social Media ist
       überschwemmt mit Bildern, die aussehen, als wären sie direkt aus „Chihiros
       Reise ins Zauberland“ entnommen.
       
       Die Ästhetik trifft einen Nerv, weil sie viele schöne Kindheitserinnerungen
       hervorruft. Aus dieser Nostalgie heraus kann scheinbar niemand widerstehen,
       das eigene Selfie in eine Anime-Figur zu verwandeln und sich für einen
       kurzen Moment besser zu fühlen. Auch Unternehmen und Politiker*innen
       haben ihre Chance auf kostenlose Werbung im Ghibli-Style erkannt.
       
       Emmanuel Macron richtet mithilfe der KI-Ghibli-Bilder auf Instagram ein
       paar Dankeszeilen an die potenzielle Wählerschaft. Der X-Account des Weißen
       Hauses inszeniert das Foto einer verhafteten Migrantin kurz vor der
       Abschiebung als ghiblieskes Meme.
       
       Eine Geschmacklosigkeit, vor der auch Medienschaffende nicht haltmachen.
       Plötzlich erscheinen Darstellungen der katastrophalen Zustände in Gaza als
       weichgezeichnete Anime-Szenen. Ein grotesker Kontrast, dessen Nutzen unklar
       bleibt. Doch während das Internet irgendwo zwischen digitalem Spieltrieb
       und Ghibli-Fiebertraum taumelt, schlagen Künstler*innen Alarm.
       
       ## „Beleidigung für das Leben selbst“
       
       Was viele als Hommage feiern, ist für die Kunstszene ein dreistes Plagiat
       und der klare Verstoß gegen Urheberrechte. Der Schöpfer des ikonischen
       Anime-Stils, Hayao Miyazaki, positionierte sich bereits im Jahr 2016 mit
       den klaren Worten „Beleidigung für das Leben selbst“ gegen KI-generierte
       Kunst.
       
       OpenAI beteuert, keine lebenden Künstler*innen direkt zu imitieren,
       sondern nur Stilrichtungen nachzubilden – doch das Training der KI auf
       Ghiblis Werken bleibt mindestens umstritten, immerhin replizieren
       Algorithmen nun in wenigen Sekunden ein kreatives Erbe, in dem
       jahrzehntelange Arbeit steckt.
       
       Vielleicht ist genau das der einzig gute Effekt am Hype. Sie entfacht die
       Debatte um KI und fair bezahlte Kunst neu. Doch nicht nur den
       Kreativschöpfern schadet der Trend. Auch die Kunstdiebe von OpenAI, die
       Magie zur Massenware machen wollen, spüren erste finanzielle Konsequenzen.
       
       So rief Sam Altman, CEO von OpenAI, der selbst sein X-Profilbild durch eine
       Ghibli-Version ersetzt hat, User zur Mäßigung auf: „Könnt ihr euch bitte
       mit der Bilderzeugung zurückhalten? Das ist verrückt, unser Team muss
       schlafen.“ Der plötzliche Boom dieser Funktion führt dazu, dass die Server
       von OpenAI immer wieder überlastet sind.
       
       Was aber auch nach dem Trend noch bleiben wird, sind die Fragen über
       Kreativität, Urheberrecht und den Wert menschlicher Kunst im Zeitalter von
       KI. Ist es eine Revolution oder Ausbeutung? Sicher ist, die
       Ghibli-Raubkopien haben das Netz verhext – für die einen ist es süße Magie,
       für die anderen ein böser Fluch.
       
       1 Apr 2025
       
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