# taz.de -- Brasiliens verurteilter Ex-Präsdient: 982.000 Brasilianer:innen schwänzen Bolsonaros Megademo
       
       > Zur Kundgebung des Rechtsaußenpolitikers Jair Bolsonaro an der Copacabana
       > waren bis zu einer Million Menschen angekündigt worden. Es kamen nur
       > 18.000.
       
 (IMG) Bild: Brasiliens Trump-Fan: Jair Bolsonaro am Sonntag in Rio de Janeiro inmitten seiner Anhänger
       
       Rio de Janeiro taz | Berührt sei er, sein Idol Jair Bolsonaro einmal so nah
       zu Gesicht zu bekommen. Sérgio Galvão, 51, steht am Sonntag auf der
       berühmten Promenade des Copacabana-Strandes. Er trägt ein gelbes T-Shirt
       und ein Banner mit dem Konterfei von Elon Musk. Der kleingewachsene Galvão
       kommt aus dem Küstenstädtchen Rio das Ostras und ist mit einer Buskolonne
       nach Rio de Janeiro gereist, um die Rede des Ex-Präsidenten zu hören. „Die
       Rechte lebt, wir kommen viel stärker zurück“, sagt er.
       
       Unter dem Motto „Amnestie jetzt“ hatten sich seit dem Morgen einige Tausend
       in den Nationalfarben Gelb und Grün gekleidete Demonstrant*innen auf
       der Promenade versammelt. Ein Meer aus Brasilien- und Israel-Fahnen, es
       läuft Gospelmusik und die Nationalhymne in Dauerschleife. Rufe fordern die
       Rückkehr Bolsonaros und eine Haftstrafe für den linken Präsidenten Luiz
       Inácio Lula da Silva. Auf einem Lautsprecherwagen ist ein Trump-Porträt
       angebracht, darüber der Spruch: „Fight, fight, fight“.
       
       Anlass der Demonstration ist die Forderung, die „politischen Gefangenen“
       freizulassen. Am 8. Januar 2023 hatten Bolsonaro-Fans das Regierungsviertel
       der Hauptstadt Brasília gestürmt und verwüstet. Seitdem sitzen mehr als 150
       Menschen in Haft, einige Verurteilte haben sich nach Argentinien abgesetzt.
       Für alle Demonstrant*innen, mit denen die taz jetzt sprach, ist klar: Die
       Verurteilten seien unschuldig, die Gewalt sei von Linken ausgegangen, die
       die Proteste infiltriert hätten. Doch Belege dafür gibt es keine.
       
       Schwitzend und mit knallrotem Kopf stand Bolsonaro am Sonntag mit
       Angehörigen von Angeklagten auf der Bühne. Begleitet von dramatischer Musik
       heizte er seine Anhänger*innen ein, hielt sich trotz einiger Spitzen
       gegen die Justiz aber auffällig zurück. Er erklärte sogar, es gebe „in
       allen Parteien gute Politiker“. Das dürfte strategische Gründe haben: Im
       Kongress bereitet das Bolsonaro-Lager derzeit ein „Amnestiegesetz“ vor und
       braucht dafür Stimmen der Mitte-Rechts-Parteien.
       
       ## Bolsonaristen hoffen auf ein Comeback wie bei Trump
       
       Der Wahlerfolg Donald Trumps in den USA sollte der brasilianischen Rechten
       eigentlich Auftrieb geben. Der wichtigste internationale Verbündete zeigt,
       was sich viele Bolsonaristen für Brasilien erträumen: Rückkehr ins
       Präsidentenamt und einen radikalen Umbau des Staates. Das Problem für
       Bolsonaro: Er wurde wegen Attacken auf das Wahlsystem verurteilt und darf
       bis 2030 nicht kandidieren. Alle Anhänger*innen, mit denen die taz jetzt
       sprach, unterstützen trotzdem seine Kandidatur. Wie das funktionieren soll,
       sagen sie nicht.
       
       Neben Bolsonaro sprach auch der Gouverneur von São Paulo Tarcísio de
       Freitas. Er wird als möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2026
       gehandelt. Doch vielen eingefleischten Bolsonaro-Fans gilt er als nicht
       radikal genug. Auch Bolsonaros Frau und einer seiner Söhne werden als
       mögliche Kandidaten genannt.
       
       Einige Analyst*innen vermuten, dass Bolsonaro bald wegen eines
       mutmaßlichen Putschversuchs angeklagt werden könnte. Der Oberste
       Gerichtshof STF dürfte in den nächsten Tagen darüber entscheiden.
       [1][Bolsonaro soll in ein Komplott verwickelt gewesen sein, mit dem Ziel,
       Lula zu ermorden und einen Staatsstreich einzuleiten.]
       
       Für Bolsonaro war es jetzt der erste größere Auftritt seit dem 8. Januar
       2023. Von der Bühne rief er: „Der Bolsonarismus wird nicht sterben.“ In
       sozialen Medien hatte er anfänglich großspurig eine Million
       Teilnehmer*innen angekündigt – gekommen sind laut Medienberichten etwa
       18.000. Selbst einige Bolsonaro-Fans nannten die Teilnehmerzahl im Gespräch
       mit der taz „enttäuschend“.
       
       ## Manche Anhänger kritisieren Bolsonaros Taktieren
       
       Laut einem 54-Jährigen, der anonym bleiben wollte, hätten viele „Patrioten“
       wegen der „Tyrannei des Obersten Gerichtshofs“ Angst, auf die Straße zu
       gehen. Im Vorfeld war auch zaghafte Kritik aus dem rechten Lager zu hören,
       weil sich Bolsonaro gegen einen Generalstreik ausgesprochen hatte, der
       Regierung und Obersten Gerichtshof stürzen sollte.
       
       Bolsonaros Anhänger*innen geben sich zuversichtlich. Auch Sérgio
       Galvão, der rechte Aktivist aus Rio das Ostras: „Donald Trump wurde von
       seinen Gegnern verfolgt und ist zurück an der Macht.“
       
       Nach Bolsonaros Rede löste sich die Menge schnell auf, nur ein kleiner
       Kreis folgt ihm durch die Straßen Copacabanas und versucht noch, die alte
       Euphorie heraufzubeschwören. Doch die bleibt aus.
       
       17 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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