# taz.de -- Kongos M23-Rebellen übergeben Gefangene: Endstation für den ruandischen Völkermordgeneral
       
       > FDLR-General Stany Gakwerere war der höchstrangige noch aktive Täter des
       > Völkermords an Ruandas Tutsi 1994. Jetzt ist er in Ruanda in Haft.
       
 (IMG) Bild: General „Stany“ Gakwerere wird von M23-Kämpfern den ruandischen Sicherheitskräften übergeben, Samstag an der Grenze Kongo-Ruanda
       
       Kampala taz | Mit erhobenen Armen steht er an der Grenze. Mehr als 30 Jahre
       ist es her, dass der ruandische Offizier Ezéchiel Gakwerere seine Heimat
       1994 nach dem Genozid an über einer Million Tutsi verließ. Er galt als
       einer der letzten verbliebenen mutmaßlich direkten Beteiligten am
       Völkermord innerhalb der ruandischen Hutu-Miliz [1][FDLR (Demokratische
       Kräfte zur Befreiung Ruandas)] in der Demokratischen Republik Kongo.
       
       Jetzt wurde Gakwerere von den Rebellen der [2][M23 (Bewegung des 23. März)]
       geschnappt und Ruandas Behörden übergeben. Die von kongolesischen Tutsi
       gegründete M23 hat in den vergangenen Wochen mit Unterstützung Ruandas die
       ostkongolesischen Millionenstädte [3][Goma] und [4][Bukavu] erobert und das
       gesamte Grenzgebiet unter Kontrolle gebracht.
       
       In Sonnenbrille, Kappe, einer nagelneuen kongolesischen Armeeuniform mit
       kongolesischer Nationalflagge am Revers und weißen Turnschuhen wurde
       General Gakwerere am Samstag am Grenzposten von ruandischen Polizisten
       abgetastet. Dazu musste er die Arme heben. Dann ging es im Stechschritt
       durch den Metalldetektor. Seinem Gesichtsausdruck war anzusehen: Da war
       nicht mehr viel übrig vom stolzen General, der beim [5][Interview mit der
       taz 2012 in Ostkongos Dschungel] siegessicher erklärte: „Wir werden das
       Regime in Ruanda unter dem Despoten Kagame stürzen!“
       
       Für Ruandas Präsident Paul Kagame, der 1994 als Tutsi-Rebellenführer das
       für den Völkermord verantwortliche Hutu-Regime Richtung Kongo verjagt
       hatte, gilt die FDLR bis heute als Sicherheitsrisiko. Ihre Präsenz in der
       DR Kongo rechtfertigt aus Kagames Sicht auch Ruandas militärische
       Unterstützung der M23.
       
       ## Nachfolgeorganisation der Völkermordarmee
       
       Die FDLR ist die [6][Nachfolgeorganisation der ruandischen Hutu-Armee], die
       maßgeblich den Völkermord an den Tutsi in Ruanda 1994 verübte und dann nach
       Ostkongo floh, wo Ruandas neue Regierung sie danach immer wieder quer durch
       das Land jagte. [7][Die Hutu-Offiziere], die das Massenschlachten akribisch
       geplant und befohlen hatten, setzten sich ab 2001 in den dichten Wäldern
       Ostkongos fest – mit dem erklärten Ziel, Ruanda zurückzuerobern. Mehrfach
       begingen sie gezielte Angriffe, zum Teil mit Unterstützung der
       kongolesischen Armee. Im Jahr 2021, so die Aussage eines demobilisierten
       Leibwächters der obersten FDLR-Militärführung gegenüber der taz, schloss
       die FDLR mit Kongos Armeeführung ein Abkommen, „um ihnen im Kampf gegen die
       Tutsi zu helfen“.
       
       Gakwereres Name taucht in den Gerichtsakten des
       UN-Ruanda-Völkermordtribunals (ICTR) auf. Der heute 61-Jährige war 1994 als
       junger Leutnant in der Unteroffiziersschule im südruandischen Butare ein
       direkter Untergebener von Oberst [8][Ildephonse Nizeyimana], dem
       sogenannten Schlächter von Butare. Dieser wurde 2014 vom ICTR [9][zu
       lebenslanger Haft verurteilt]. Unter anderem hatte er, so das Gericht, den
       Befehl, Ruandas letzte Tutsi-Königin zu ermorden: Rosalie Gicanda, Witwe
       des 1959 verstorbenen letzten ruandischen Königs.
       
       Auf Nizeyimanas Befehl hin wurde die 80-Jährige damals aus ihrem Haus
       geholt und in einem Wald nahe Butare erschossen. Gakwerere war einer der
       Beteiligten, möglicherweise auch einer der direkten Mörder, sagten Zeugen
       in Arusha aus. Aus diesem Grund galt Gakwerere, bekannt unter dem
       Kriegsnamen „Stany“, innerhalb der FDLR als einflussreicher Offizier – und
       ideologischer Führer.
       
       In der Kommandostruktur war er zuletzt zuständig für die verbliebenen 200
       bis 300 FDLR-Kämpfer in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu, deren
       Hauptstadt Goma ist, insbesondere für die Spezialeinheit CRAP, zuständig
       für verdeckte Operationen hinter den feindlichen Linien. Er war in der
       FDLR-Führung zuletzt die Nummer zwei, direkt hinter FDLR-Militärchef
       [10][General Omega, der eigentlich Pacifique Ntawunguka heißt].
       
       Omega und Stany waren seit 2022 mit ihren CRAP-Einheiten im kongolesischen
       Militärlager Mubambiro stationiert, rund 20 Kilometer westlich von Goma. In
       dieser Militärbastion waren außerdem südafrikanische Soldaten sowie
       [11][rumänische Militärausbilder] untergebracht. Alle gemeinsam sollten mit
       Kongos Armee gegen einen gemeinsamen Feind kämpfen: die M23-Rebellen und
       deren Hilfstruppen aus Ruanda.
       
       Laut Angaben eines desertierten Leibwächters von FDLR-General Omega war
       Stany für die Koordination der Operationen zwischen der FDLR und Kongos
       Armee zuständig. Die CRAP-Einheiten galten für Kongos Armee als
       Speerspitze, für ihre verdeckten Operationen erhielten sie Waffen und
       Munition sowie kongolesische Uniformen.
       
       ## FDLR-Militärchef ist nach Burundi geflohen
       
       Während der letzten Friedensverhandlungen zwischen Kongo und Ruanda, die
       [12][im Dezember gescheitert] waren, hatte Ruanda gefordert, dass Kongos
       Armee die Zusammenarbeit mit der FDLR beendet. Daraufhin startete Kongos
       Armee einen halbherzigen Versuch, die FDLR zu verjagen. FDLR-Militärchef
       Omega wurde jedoch gewarnt und flüchtete ins Nachbarland Burundi, wo er
       gute Kontakte hat. Sein Stellvertreter Gakwerere blieb in Mubambiro und
       wurde Operationskommandant.
       
       Laut Angaben aus Ruandas Armee wurde er nun bei „Militäroperationen“
       gefasst – Mubambiro fiel an die M23 im Zuge ihrer [13][Offensive zur
       Einnahme Gomas] Ende Januar. Bevor die M23 die FDLR-Kämpfer an Ruanda
       übergab, präsentierten sie sie vor laufender Kamera – einer war gerade
       einmal 13 Jahre alt, wie er selbst angab.
       
       Es sei wahrscheinlich, so Ruandas Armee, dass sich weitere FDLR-Einheiten
       in den von der M23 kontrollierten Gebieten verstecken, heißt es aus Ruanda.
       
       Kongos Armee behauptet hingegen, die ganze Überstellungsaktion sei eine
       „Manipulation“ Ruandas. Als Beweis führen sie an, der junge
       FDLR-Unteroffizier Patrick Ishimwe, einer der Überstellten vom Samstag, sei
       bereits im Januar geschnappt und nach Ruanda gebracht worden. Er habe im
       Gefängnis gesessen und sei nun neu präsentiert worden. Nach dieser
       Darstellung arbeite auch Gakwerere „seit Langem“ für Ruanda.
       
       2 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [6] /Voelkermord-in-Ruanda/!6001170
 (DIR) [7] https://francegenocidetutsi.org/LeadershipOfRwandeseArmedGroupsInDRC.pdf
 (DIR) [8] https://unictr.irmct.org/en/cases/ictr-00-55c
 (DIR) [9] https://unictr.irmct.org/en/news/ild%C3%A9phonse-nizeyimana-sentenced-life-imprisonment
 (DIR) [10] https://www.opensanctions.org/entities/NK-VWjF73YwSHcGhYA28bqqZ5/
 (DIR) [11] /Europaeische-Ausbilder-im-Kongo/!6048466
 (DIR) [12] /Friedensgespraeche-in-Angola-geplatzt/!6054211
 (DIR) [13] /Krise-im-Osten-der-DR-Kongo/!6064749
       
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