# taz.de -- Schüsse an Schule: Schweden im Schock
       
       > In einem Erwachsenen-Bildungszentrum in Örebro wurden bei einer
       > Schießerei mindestens elf Menschen getötet. Das Motiv des mutmaßlichen
       > Täters ist unklar.
       
 (IMG) Bild: Gedenken an die Opfer von Örebro
       
       Härnösand taz | Was nicht passieren darf, ist passiert. Jetzt auch in
       Schweden“: Ulf Kristersson musste Worte für das Unfassbare finden. Es sei
       das schwerste Verbrechen dieser Art in der schwedischen Geschichte, sagte
       der schwedische Ministerpräsident, als er am Dienstagabend vor die Presse
       trat. Er war nicht der einzige, der darauf hinwies. Der Eindruck, dass
       etwas bisher Undenkbares geschehen ist, prägte Schweden da schon den halben
       Tag.
       
       Anderthalb Stunden zuvor hatte die Polizei die schlimmsten Befürchtungen
       bestätigt: Bei der Gewalttat an einem Zentrum für Erwachsenenbildung in
       Örebro wurden mindestens zehn Menschen erschossen – die Zahl wurde später
       auf elf erhöht.
       
       Dem Schock für das Land waren Stunden der Sorge, Ungewissheit und
       Spekulationen vorausgegangen, seit mittags die ersten Eilmeldungen kamen.
       Von einer ernsten Gewalttat und einer lebensgefährlichen Situation an einer
       Schule war da die Rede – aber was passiert war oder noch passierte, blieb
       quälend lange unklar.
       
       Die Anzahl der Polizei- und Rettungswagen, die Zahl der Schüsse, die ein
       Anlieger gehört hatte, die Ankunft schwer bewaffneter Sondereinheiten, die
       Aussagen von Augenzeugen, die das Gelände hatten verlassen können, im Netz
       kursierende Videos und die Tatsache, dass das Krankenhaus in Örebro
       offiziell auf Krisenmodus umstellte: Alles wurde in diesen Stunden zu
       Indizien für den Ernst der Situation, ohne wirklich Antworten zu geben.
       
       ## „Ein Albtraum“
       
       Viele Schüler saßen stundenlang im Gebäude fest, andere rannten um ihr
       Leben auf diesem riesigen Campus, wo mehrere Schulen angesiedelt sind.
       Schwedische Medien hatten unterschiedliche, unbestätigte Informationen über
       Verletzte und sogar Tote. Die Polizei hatte lange, während sie versuchte,
       die Lage unter Kontrolle zu bringen, nur sehr wenige Informationen für die
       Öffentlichkeit.
       
       Um 15.30 Uhr bestätigte Roberto Eid Forest, der Polizeichef von Örebro,
       fünf Verletzte seien ins Krankenhaus gebracht worden, darunter der
       mutmaßliche Täter. Dessen Tod wurde später von der Polizei bestätigt. Um 18
       Uhr trat Roberto Eid Forest erneut vor die Presse, und dann verstand
       Schweden, dass jede heimlich gehegte Hoffnung, alles möge glimpflich
       ausgehen, vergeblich gewesen war. „Ungefähr zehn Tote“, sagte er. „Ein
       Albtraum.“
       
       Ein Tag, der mit jeder Stunde dunkler und dunkler sowie schwerer und
       schwerer wurde, so beschrieb es spät am Abend ein Radioreporter. Örebros
       Bürgermeister John Johansson bezeichnete die Tat als „dunkelsten Tag in der
       Geschichte von Örebro.“ Und der Ministerpräsident sprach von „der
       Dunkelheit, die sich heute Abend über Schweden legt“. Die Gesellschaft sei
       in ihren Grundfesten erschüttert, sagte Justizminister Gunnar Strömmer.
       
       Dabei stand sie schon auf wackeligem Boden, gerade erst durchgerüttelt von
       der bandenkriminellen Sprengstoffserie im Januar [1][und mehreren Morden,
       darunter dem an Koran-Verbrenner Salwan Mumika vor einer Woche]. Das Jahr
       hatte besonders schlecht angefangen. Und dann passierte diese Katastrophe.
       
       ## Weitere Eskalationsstufe
       
       Der Täter: ein Mann, 35 Jahre, polizeilich bis dahin nicht in Erscheinung
       getreten. Kein Hinweis auf Verbindungen zu Bandenkriminalität. Und trotzdem
       wurde seine Tat immer wieder mit den anderen Ereignissen zusammen erwähnt –
       für viele in Schweden war dies vor allem eine weitere Eskalationsstufe der
       Gewalt. Eine weitere Stufe der Verunsicherung.
       
       „Man versucht zu verstehen, dass das tatsächlich passiert ist. Denn so
       etwas kann doch eigentlich nicht passieren“, sagte ein hörbar angefasster
       Reporter aus Örebro. Schweden ist nun in dieser neuen Realität aufgewacht.
       Viele werden einen Moment gebraucht haben, um sich darüber klar zu werden:
       Es ist tatsächlich passiert.
       
       Wer der Täter eigentlich war, welches Motiv er hatte, was genau passiert
       ist, ob die Tat gesellschaftliche oder politische Folgen haben wird, wie
       man wissen kann, ob Schulen jetzt noch sicher sind: Viele Antworten stehen
       noch aus. Einen ersten neuen Hinweis von der Polizei gab es am
       Mittwochmorgen: Sie sieht keinen Hinweis auf ein ideologisches Motiv.
       
       5 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
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