# taz.de -- Die Wahrheit: Man klebt nur zweimal
       
       > Ein geplantes Klimaschützermuseum im Harz soll mit lebenden Exponaten
       > auftrumpfen und wird schon in zwei Jahren den Klimaschutz musealisieren.
       
 (IMG) Bild: Klimakleber an Auto – Exponat des neuen Museums
       
       Auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz am Dienstag in Berlin gab
       der Aufsichtsrat des weltweit ersten Klimaschützermuseums (KSM) bekannt,
       dass es gelungen sei, kurz vor der Bundestagswahl, bei der das eigentlich
       drängende Thema Klima überhaupt keine Rolle spiele, die Finanzierung des
       Museums zu sichern. Die Gedenk- und Bildungsstätte werde künftig von einem
       Konsortium aus ADAC, Shell Deutschland, Porsche und BlackRock finanziert
       und dürfte als erstes reines Drive-in-Museum in die Geschichte eingehen –
       „oder besser: einfahren“, wie der Pressesprecher des Museums anfügte.
       
       Nach der Eröffnung, mit der in spätestens zwei Jahren zu rechnen sei, werde
       man der Öffentlichkeit ganzjährig in einem Freigehege die letzten
       existierenden Klimakleber präsentieren, ein ganz besonderes und sehr
       seltenes Exponat habe man sich gerade erst sichern können. Nahezu
       zeitgleich habe man nämlich, so Wulf Prischardt, Sprecher des KSM, zwei
       jahrelang völlig unbeachtete Klima-kleber aufgespürt.
       
       Zara Traber, das weibliche Exemplar, wurde in einer Sackgasse hinter einem
       Bahndamm in Neustadt an der Aisch entdeckt, wo sie sich seit
       schätzungsweise fünf Jahren von Moos und Regenwasser ernährt hatte.
       Vermutlich hatte sie bei ihrer Aktion übersehen, dass das Haus am Ende der
       von Müll und Hundekotbeuteln gesäumten Sackgasse seit Jahren leer stand, da
       es einem verstorbenen Immobilienspekulanten aus Aserbaidschan gehörte. In
       der Folge war es Traber nicht gelungen, auch nur ein einziges Fahrzeug an
       der Weiterfahrt zu hindern, weshalb auch niemand die Polizei verständigte.
       
       ## Beidseitig angeklebt
       
       Das zweite Exemplar, Timo Leinweber, ist zur Freude des Kuratorenteams ein
       insbesondere nach seiner Befreiung sehr fortpflanzungswilliges Männchen. Es
       hatte sich auf einer Baustellenzufahrt inmitten des Autobahnkreuzes
       Ludwigshafen mit beiden (!) Händen an den Asphalt geklebt, ohne zu
       bedenken, dass es quasi unmöglich war, ihn in dieser komplett von der Welt
       abgeschnittenen Zone zu unterstützen, loszulösen, zu treten oder zu
       beschimpfen.
       
       Den Recherchen des Klimaschützermuseums zufolge lebte Leinweber nahezu
       sieben Jahre von den Fast-Food-Resten, also im wesentlichen Cola und
       Burger, die ihm grölende Jungmänner aus breitbereiften, vielfach
       ausgepufften Tuning-Fahrzeugen zuwarfen. Die Mehrheit der Autofahrer hielt
       ihn für eine Art Kunstwerk, wie es auch auf zahllosen Inseln in deutschen
       Kreisverkehren zu finden ist.
       
       Die letzten beiden Klimakleber würden durch eine Zahl anderer Exponate
       ergänzt werden, erklärte Pressesprecher Prischardt. So habe man es
       bewerkstelligt, eines der Baumhäuser aus dem Hambacher Forst zu sichern.
       Außerdem sei eines der Banner, mit denen regelmäßig Autobahnbrücken
       verunstaltet worden waren, erworben worden, bevor der Strafkatalog mit
       lebenslänglicher Freiheitsstrafe für Verunglimpfung des Straßenverkehrs in
       Kraft trat.
       
       Zu sehen seien außerdem Klebstofftuben, die von Greta Thunberg
       zurückgelassen wurden, und sehr stolz sei man insbesondere auf einen noch
       intakten Beutel Dinkel-Apfelmus, der von französischen Klimasektierern für
       einen Anschlag auf van Goghs Gemälde mit Sonnenblumen vorbereitet worden
       war.
       
       ## Sechsspurig ausgebaut
       
       Der Ausbau des Museums schreite laut Prischardt ansonsten zügig voran,
       schließlich sei die Musealisierung des Klimaschutzes besonders wichtig in
       diesen Zeiten, in denen das Klima an sich geleugnet werde und Klimaschützer
       zu einer aussterbenden Spezies zählten. Deshalb würden die Zufahrtsstraßen
       zum Gelände, das sich in einem entwaldeten Bereich des Harz befindet,
       inzwischen mit Tempo sechsspurig ausgebaut. Und mit dem Richtfest für das
       Gebäude sei noch in diesem Frühjahr zu rechnen.
       
       „Mitten im Harz – im Herzen Autodeutschlands“, laute fortan der Slogan des
       KSM. „Wir geben Vollgas“, fügte Wulf Prischardt hinzu, „die Bauarbeiten
       befinden sich jetzt absolut auf der Überholspur, maximaler Speed für
       maximales Adrenalin, gib Gummi – Sie wissen schon.“
       
       Berichte darüber, dass die Einrichtung der Baustelle bisher schon zig Mal
       durch Erdrutsche, Waldbrände und Wirbelstürme behindert worden sei, wollte
       der alerte Public-Relations-Mann nicht kommentieren. Sonnenbrille auf,
       Gaspedal bis aufs Bodenblech durchgetreten, Winke-Winke im Rückspiegel – so
       endete auch diese Pressekonferenz im blauen Rauch der köstlich duftenden
       Abgase. Die im übrigen laut offizieller Website des Klimaschützermuseums
       zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt werden sollen. Verhandlungen mit
       der Unesco seien dahingehend schon mit Karacho angedacht.
       
       19 Feb 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Theobald Fuchs
       
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