# taz.de -- Zurückgetretener Premier in Serbien: Wo ist die Alternative?
       
       > Machthaber Aleksandar Vučić lässt seinen Premier fallen, um von sich
       > selbst abzulenken. Das Problem im Land ist die zersplitterte Opposition.
       
 (IMG) Bild: Präsident Aleksandar Vučić (l.) küsst Miloš Vučević nach der Vereidigung zum serbischen Ministerpräsidenten im Mai 2024
       
       Berlin taz | Nach [1][drei Monaten Protesten von Studierenden] ist der
       serbische Ministerpräsident Miloš Vučević zurückgetreten. Dem war eine
       24-stündige Verkehrsblockade in Belgrad vorangegangen, der sich
       Zehntausende angeschlossen hatten, darunter auch Landwirte. Es ist die
       größte Protestbewegung in Serbien seit dem Sturz des Milošević-Regimes.
       
       Der Protest geht auf den Einsturz des Bahnhofsvordachs in Novi Sad im
       vergangenen November zurück. Besonders brisant: Der Bahnhof war frisch
       renoviert; die neue Schnellstrecke hatte der omnipräsente Präsident
       Aleksandar Vučić in seinem Wahlkampf herausgestellt. Die Regierung
       behauptete, das Vordach sei nicht Teil der Bauarbeiten gewesen, was sich
       als Lüge herausstellte. Der Verdacht: 15 Menschen sind tot, weil sich ein
       korruptes Regime Geld in die eigenen Taschen statt in den Bau steckte.
       
       Laut Umfragen unterstützen 61 Prozent der Bevölkerung die
       Studierendenproteste. Selbst Nationalheld Novak Đoković – sonst nicht als
       Regierungsgegner bekannt – erklärte seine Unterstützung. Auch von rechts
       und vom Land gibt es schon länger Unmut gegen Vučić [2][wegen des geplanten
       Lithiumabbaus im serbischen Jadartal].
       
       Die seit Jahren andauernden Proteste von Progressiven konnte Vučić
       aussitzen, weil sie in der Minderheit sind. Wenn die Kritik aber von links
       und rechts – von Đoković und den Bauern – kommt, dann wird es eng. Nun hat
       er seinen Ministerpräsidenten geopfert und einen Regierungsumbau
       angekündigt, um dem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen.
       
       Die Studierenden machen sich derweil mit keiner der zahlreichen kleinen
       Oppositionsparteien gemein – aktuell ist das eine Stärke. Es ist aber auch
       eine Schwäche, weil keine Alternative zum System Vučić erkennbar ist. Der
       Staat wurde in den vergangenen 12 Jahren von der Regierungspartei gekapert,
       die Opposition unterdrückt und marginalisiert. Aleksandar Vučić wird jetzt
       wohl versuchen, einen neuen Befehlsempfänger zu installieren und so
       weiterzumachen wie bisher. Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob er damit
       durchkommt angesichts des wachsenden Unmuts.
       
       28 Jan 2025
       
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