# taz.de -- Ungerechtes Bildungssystem: Lasst Schulkinder länger zusammen lernen
       
       > Unsere Schulen folgen einem sehr alten Prinzip. Die frühe Trennung nach
       > der Grundschule sollte abgeschafft werden.
       
 (IMG) Bild: Klassenfoto einer Mädchenschule in Kiel, 1917: die Trennung nach wenigen Jahren Grundschule ist ein Relikt aus dem Kaiserreich
       
       Dieser Tage werden in Deutschland Zeugnisse verteilt. Insbesondere für
       Kinder am Ende der Grundschulzeit ist das ein kritischer Moment: Die
       Übergangszeugnisse entscheiden über ihre weiteren Lebenschancen. Die frühe
       Separierung der Kinder ist nicht nur aus sozialen, sondern auch aus
       wirtschaftlichen Gründen falsch.
       
       Die Trennung nach wenigen Jahren Grundschule ist ein Relikt aus dem
       [1][Kaiserreich]. Schon damals wurde die frühe Separierung mit Verweis auf
       die Gefahr einer „sozialistischen Einheitsschule“ von konservativen Kreisen
       durchgesetzt. Begabte müssten früh gefördert werden, um Deutschland
       voranzubringen.
       
       Dass die begabten Kinder fast immer auch die gut betuchten waren – kein
       Zufall. Aber die Argumentation hält sich hartnäckig. Die Schule dürfe kein
       „Pseudoschonraum“ unter Laborbedingungen sein, meint etwa Jürgen Böhm,
       Bundesvorsitzender des Verbands Deutscher Realschullehrer.
       
       Dabei ist es vor allem [2][die Herkunft, die über die Schulform
       entscheidet]: Die Wahrscheinlichkeit, eine Gymnasialempfehlung zu bekommen,
       ist für Kinder von Akademikerinnen oder Unternehmern viermal so hoch wie
       für (Fach)arbeiterkinder. Selbst bei vergleichbaren Lesekompetenzen
       schätzen Lehrkräfte die Gymnasialtauglichkeit von Schüler:innen aus
       akademischen Haushalten deutlich höher ein.
       
       Fair ist das nicht.
       
       [3][Die Debatte über Deutschlands Schulsystem ist ermüdend], aber sie darf
       nicht ad acta gelegt werden. Wer weiß schon, ob ein zehnjähriges Kind sich
       noch zum Mathe- oder Sprachgenie entwickeln oder bei „Jugend forscht“
       brillieren würde, wenn es die Chance dazu hätte?
       
       Nicht nur der Fachkräftemangel erfordert es, alle gleichermaßen zu fördern.
       Eine gemeinsame Schulerfahrung und diverse Freundeskreise wirken gegen die
       Fragmentierung unserer Gesellschaft. Trotzdem spielt das Schulsystem in den
       Wahlprogrammen der großen Parteien keine Rolle. Daher ein Zwischenruf:
       Lasst die Kinder länger zusammen lernen!
       
       28 Jan 2025
       
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 (DIR) Milena Feldmann
       
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