# taz.de -- Südkoreas suspendierter Präsident: Der sture Widerstand des Yoon Suk Yeol
       
       > Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol verschärft die Krise mit seinem Kampf
       > gegen die Justiz. Währenddessen provoziert Nordkorea mit einem
       > Raketentest.
       
 (IMG) Bild: „Verhaftet Yoon Suk Yeol“, fordert diese Demonstrantin am Montag in Seoul. Doch das ist gar nicht so einfach
       
       Seoul taz | Südkoreas suspendierter Präsident mag bei der breiten
       Öffentlichkeit in Ungnade gefallen sein. Doch vor seiner Residenz in Seoul,
       [1][wo er sich seit Tagen hinter meterhohen Mauern verschanzt], kampieren
       trotz Eiseskälte Hunderte loyale Anhänger.
       
       Mit ihren Südkorea-Flaggen und roten Leuchtstäbchen fungieren sie als
       menschliche Schutzschilde: Wer auch immer Yoon verhaften will, muss an
       dieser wütenden Menge vorbei.
       
       „Wir unterstützen ihn, weil er für Gerechtigkeit steht, für
       Rechtsstaatlichkeit und Patriotismus“, sagt ein 35-Jähriger, der trotz
       später Stunde eine schwarze Sonnenbrille trägt. Mit Freunden ist er vor den
       Präsidentensitz gezogen, die Kälte versuchen sie mit Wärmekissen und viel
       Überzeugungskraft zu bekämpfen.
       
       „Stop the Steal“ steht auf ihren Schildern – eine Anspielung darauf, dass
       die linke Opposition angeblich die Parlamentswahl von den Konservativen
       gestohlen habe. Yoons Anhänger sehen sich dabei in der Tradition des 6.
       Januar 2024, als vor genau vier Jahren Trump-Anhänger das Capitol in
       Washington stürmten.
       
       ## Verschwörungstheorien haben Konjunktur
       
       „Yoons Entscheidung für das Kriegsrecht war ein Alarmsignal, um die
       Südkoreaner wachzurütteln“, sagt der Mann, der seinen Namen nicht nennen
       will. Sein Freund sagt: „Die koreanischen Linken sind allesamt
       kommunistische Spione: Sie wollen das Land an China verscherbeln.“
       
       Es ist eine extrem polarisierte, teils auf kruden Verschwörungstheorien
       beruhende Rhetorik, die Südkoreas Politik immer stärker prägt. Und sie ist
       ein Grund dafür, warum Yoon auch eine Woche nach dem [2][Haftbefehl] gegen
       ihn noch auf freiem Fuß ist: Die Gesetzeshüter fürchten eine Eskalation.
       
       Am Montag, nur wenige Stunden vor Ablauf des Haftbefehls, bat die
       ermittelnde Antikorruptionsbehörde die Polizei, nach mehreren gescheiterten
       Versuchen die Verhaftung nun selbst zu vollstrecken. Doch auch wenn die
       Polizei dem präsidialen Sicherheitsdienst zahlenmäßig hoch überlegen ist,
       rührte sie keinen Finger – wegen „rechtlicher Bedenken“.
       
       Es ist wie ein K-Drama, nur spektakulärer: Ein geschasster Präsident, der
       das Kriegsrecht gegen sein Land ausruft, von einer Verschwörung Nordkoreas
       schwadroniert und sich über die Staatsmacht stellt.
       
       ## Provokante Raketen aus Nordkorea
       
       Am Montagmittag schließlich feuerte erstmals in diesem Jahr Nordkorea ein
       Geschoss Richtung Ostmeer ab. Sollte sich die erste Einschätzung von
       Südkoreas Generalstab bewahrheiten, handelte es sich gar um eine
       Hyperschallrakete. Die, so Experten, verfüge über genügend Reichweite, um
       die US-Pazifikinsel Guam zu treffen.
       
       Schon in normalen Zeiten ist ein solcher Raketentest Nordkoreas eine
       Provokation. Schlittert Südkorea jedoch in ein tiefes Machtvakuum, ist die
       Bedrohung viel höher.
       
       Während das Projektil 1.000 Kilometer östlich der koreanischen Küste
       versank, befand sich US-Außenminister Antony Blinken schon in Seoul. Mit
       seinem Amtskollegen Cho Tae Yeol beschwor er die „eiserne Allianz“ zwischen
       Washington und Seoul, die auch von der Staatskrise unangetastet sei.
       
       Während der Pressekonferenz der beiden Minister kritisierte Blinken die
       wachsende Militärachse zwischen Moskau und Pjöngjang. Erstmals nannte er
       konkret, was die Nordkoreaner für ihre Soldaten- und Munitionslieferungen
       an Russland von dort erhalten: „Wir glauben, dass Russland die Absicht hat,
       Weltraum- und Satellitentechnologie mit Nordkorea zu teilen“, so Blinken.
       
       ## Blinken kritisiert Putins Nähe zu Nordkorea
       
       „Die größten Rivalen, die es Russland ermöglichen, seine Aggressionen gegen
       die Ukraine fortzusetzen, sind Nordkorea – mit Artillerie, Munition und
       Truppen – und China, dessen Firmen die russische Verteidigungsindustrie
       unterstützen“.
       
       Zudem stünde Putin kurz davor, Nordkorea auch offiziell als Atommacht
       anzuerkennen. Sollte dies eintreten, dann wäre die Büchse der Pandora –
       wieder einmal – geöffnet. Seit den 1990ern wäre das Kim-Regime der erste
       Staat, dem es gelänge, mit der Entwicklung eigener Atomwaffen
       durchzukommen.
       
       Ironischerweise war es ausgerechnet Yoon Suk Yeol selbst, der die Debatte
       über eine eigene südkoreanische Atombombe in den öffentlichen Mainstream
       erhoben hat. Ob es dazu kommt, wird auch davon abhängen, [3][ob das
       Verfassungsgericht seine Amtsenthebung bestätigt].
       
       6 Jan 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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