# taz.de -- +++Nachrichten im Nahost-Krieg+++: Prekäre Waffenruhe
       
       > Trotz Waffenruhe sagt das israelische Militär, es habe „Terroristen“
       > getötet. Hunderte fliehen aus dem Norden des Gazastreifens.
       
 (IMG) Bild: Warten oder sofort zurück nach Hause? Vor dieser Frage stehen viele aus dem Süden des Libanons geflohene Familien
       
       afp ap dpa | Israels Armee warnt die Hisbollah-Miliz im Libanon energisch
       vor Verstößen gegen die [1][Waffenruhe]. Israelische Soldaten hätten im
       Süden des Libanons am ersten Tag nach Inkrafttreten der Feuerpause
       Verdächtige festgenommen, die sich Sperrgebieten mit weiterhin dort
       stationierten israelischen Truppen genähert hätten, sagte Militärsprecher
       Daniel Hagari am Abend. Zudem seien mehrere „Terroristen“ getötet worden.
       
       Die Anwesenheit Bewaffneter dort stelle einen Verstoß gegen das Abkommen
       dar. „Jede Verletzung der [2][Waffenruhe] wird mit Feuer beantwortet“,
       warnte der Armeesprecher. Jeder Bewaffnete werde „neutralisiert“ oder
       festgenommen. Libanesische Zivilisten forderte der Armeesprecher zudem
       erneut auf, mit ihrer Rückkehr in die Gegend noch zu warten. (dpa)
       
       ## Skepsis nach Beginn der Waffenruhe
       
       Die Einigung über eine Waffenruhe sieht vor, dass sich die Hisbollah gemäß
       einer UN-Resolution hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der
       israelisch-libanesischen Grenze zurückzieht. Unklar bleibt aber, wer
       darüber entscheidet, ob es sich bei Rückkehrern in südlichere Gebiete um
       Kämpfer der Hisbollah, Sympathisanten oder Zivilisten handelt. Israels
       Bodentruppen sollen innerhalb von 60 Tagen schrittweise aus dem Libanon
       abziehen.
       
       Eine Absicherung im Süden soll künftig die vergleichsweise schwache
       libanesische Armee sein, deren Kontingent von 5.000 auf 10.000 Soldaten im
       Grenzgebiet aufgestockt werden soll. Sie scheiterte aber schon nach dem
       vergangenen Krieg 2006 daran, Vereinbarungen zum Ende der Feindseligkeiten
       durchzusetzen. Daher gibt es auch diesmal Zweifel an ihrer
       Durchsetzungskraft.
       
       Vor Inkrafttreten des Abkommens in der Nacht auf Mittwoch habe Israels
       Armee rund 180 Stellungen der Hisbollah angegriffen, sagte Armeesprecher
       Hagari. Darunter sei eine rund anderthalb Kilometer lange, unterirdische
       Anlage zur Raketenherstellung. Nach Angaben der israelischen Armee soll es
       sich dabei um die größte Anlage zur Herstellung von Präzisionsraketen der
       proiranischen Schiiten-Miliz gehandelt haben. (dpa)
       
       ## Israels Armee geht weiter in Gaza vor
       
       Auch wenn es bis zu einem sicheren und langfristigen Kriegsende noch ein
       weiter Weg ist, atmen im Libanon wie auch in Israel viele Menschen auf,
       dass der schwere Beschuss und die Bombardierungen vorerst ein Ende haben.
       Für die palästinensischen Zivilisten [3][im umkämpften Gazastreifen]
       zeichnet sich dagegen weiterhin kein Ende des Leidens ab. Dort geht Israels
       Armee weiter gegen die islamistische Hamas vor.
       
       Medizinische Kreise sowie palästinensische Medien meldeten weitere
       Todesopfer bei israelischen Angriffen in der Stadt Gaza sowie in der Stadt
       Beit Lahia. Die israelische Armee gab bekannt, sie werde ihre Einsätze in
       Beit Lahia sowie in Dschabalia im Norden des Küstengebiets fortsetzen.
       
       Geisel-Angehörige fordern Gaza-Deal 
       
       Die Hamas hat noch immer rund 100 Geiseln in ihrer Gewalt, die nach dem
       Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober 2023 aus Israel in den Gazastreifen
       entführt wurden. „Wir sind entschlossen, sie nach Hause zu bringen“, sagte
       Hagari. Schätzungen zufolge dürfte nur etwa die Hälfte der Entführten noch
       am Leben sein.
       
       Angehörige der Geiseln blockierten am Mittwoch israelischen Medienberichten
       zufolge vorübergehend den Eingang zum Parlamentsbüro von Ministerpräsident
       Benjamin Netanjahu. Sie fordern, dass er so wie mit der Hisbollah im
       Libanon nun auch einen Deal mit der Hamas eingeht. „Wenn Sie wollen, können
       Sie. Bitte, wir flehen Sie von ganzem Herzen an“, wurde ein Angehöriger
       zitiert. Kritiker werfen Netanjahu vor, die Geiseln faktisch aufgegeben zu
       haben.
       
       Aus ägyptischen Sicherheitskreisen hieß es, die USA seien in Kontakt mit
       Ägypten, der Türkei und Katar, um eine Einigung auf ein Ende des
       Gaza-Kriegs herbeizuführen. Die Hamas bekräftigte zwar ihre grundsätzliche
       Bereitschaft für ein Ende der Kämpfe. Ein Vertreter der Islamisten sagte
       der Deutschen Presse-Agentur aber auch, sie bestünden auf ihren Bedingungen
       für eine Waffenruhe.
       
       Auslöser des Gaza-Kriegs war das Oktober-Massaker der Hamas und anderer
       terroristischer Gruppen, bei dem sie rund 1.200 Menschen getötet und rund
       250 als Geiseln nach Gaza verschleppt hatten. Kurz darauf begann Israel
       eine Bodenoffensive zur Vernichtung der Hamas. Seither sind nach Angaben
       der von der Hamas kontrollierten Behörden im Gazastreifen mehr als 44.200
       Menschen getötet worden. Die Zahl unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und
       Zivilisten und lässt sich kaum überprüfen. (dpa)
       
       ## Hamas besteht auf ihren Bedingungen
       
       Man respektiere die Entscheidung der Hisbollah, aber das palästinensische
       Volk sei trotz des Leidens im Gazastreifen nicht bereit, seinen Widerstand
       gegen Israel aufzugeben, sagte der Hamas-Vertreter der dpa. Seit Beginn des
       Gaza-Kriegs sind die Bedingungen der Terrororganisation unverändert: Sie
       fordert unter anderem im Gegenzug für eine Freilassung der israelischen
       Geiseln eine umfangreiche Entlassung palästinensischer Häftlinge aus
       israelischen Gefängnissen und einen vollständigen Rückzug der israelischen
       Armee aus Gaza. Israel will seine Truppen jedoch in strategischen
       Positionen in dem abgeriegelten Gebiet belassen. (dpa)
       
       ## Erste Stellungnahme der Hisbollah
       
       Nach Inkrafttreten einer Waffenruhe mit Israel hat sich die
       militant-islamistische Hisbollah im Libanon als Siegerin der
       vorangegangenen Kämpfe dargestellt. Die Hisbollah habe sich entschlossen
       gegen die israelische Bodenoffensive verteidigt und ihre Kämpfer seien nach
       diesem „Sieg“ bereit, auf jegliche künftige Angriffe Israels wieder ebenso
       zu reagieren, hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung der Hisbollah. „Sie
       haben die Hand am Abzug, um die Souveränität des Libanons zu verteidigen.“
       
       Es war die erste öffentliche Stellungnahme der Hisbollah seit Inkrafttreten
       der Waffenruhe in der Nacht zum Mittwoch.
       
       Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari betonte am Mittwochabend
       ebenfalls die Erfolge der Streitkräfte des Landes in den vergangenen Wochen
       und Monaten. Die Hisbollah-Führung sei eliminiert und die Fähigkeit der
       Gruppe, Raketen und Drohnen auf Israel abzufeuern, empfindlich geschwächt
       worden, sagte Hagari in einer Videobotschaft. Auch Israel bereite sich auf
       die Möglichkeit vor, den Kampf wieder aufzunehmen. In den fast 14 Monaten
       seit Kriegsbeginn habe Israel 12 500 Ziele im Libanon angegriffen, rund 360
       davon in Dahija im Süden Beiruts, wo die Hisbollah ihre Hochburgen hat.
       (ap)
       
       ## Flucht aus Norden des Gazastreifens
       
       Hunderte Palästinenser sind am Mittwoch aus dem Norden des Gazastreifens
       geflohen. Viele zwängten sich auf Eselskarren oder gingen zu Fuß und
       hielten Kinder an den Händen, wie Reporter der Nachrichtenagentur AP
       beobachteten. „Wir sind losgezogen, jetzt sitzen wir hier ohne Dach über
       dem Kopf oder Essen und wir wissen nicht, wohin wir gehen sollen“, sagte
       Umm Saleh al-Adham, die aus der Stadt Beit Lahia geflohen war.
       
       Am Mittwochmorgen war eine Waffenruhe zwischen Israel und der
       militant-islamistischen Hisbollah im Libanon im Kraft getreten, im
       Gazastreifen gingen die Kämpfe aber weiter. Unter anderem kamen nach
       palästinensischen Angaben bei zwei Angriffen auf als Notunterkünfte
       genutzte Schulen in der Stadt Gaza elf Menschen ums Leben, darunter vier
       Kinder. Das israelische Militär teilte mit, es habe zudem in einer Schule
       im Norden des Gazastreifens gegen Extremisten der Hamas gekämpft und die
       Evakuierung von Tausenden Zivilisten ermöglicht. Dutzende mutmaßliche
       Extremisten seien festgenommen worden.
       
       Umm Saleh al-Adham sagte der AP, im Norden des Gazastreifens seien Frauen
       und Kinder von den Männern getrennt worden, bevor ihnen erlaubt worden sei,
       weiter in Richtung der Stadt Gaza zu reisen.
       
       Die israelischen Streitkräfte haben die palästinensische Bevölkerung
       aufgerufen, Gebiete wie Beit Lahia, Beit Hanun und Dschabalia zu verlassen,
       und so gut wie keine humanitäre Hilfe dorthin durchgelassen. Nach
       Schätzungen der Vereinten Nationen halten sich dort immer noch rund 75 000
       Menschen auf. (ap)
       
       ## Drohne aus Ägypten abgeschossen
       
       Eine mit Waffen beladene Drohne ist nach Angaben des israelischen Militärs
       in den Luftraum Israels eingedrungen und abgeschossen worden. Vier Gewehre,
       fünf Magazine und Hunderte Patronen seien am Mittwoch mit der Drohne von
       Ägypten aus transportiert worden, teilte das Militär mit. Für wen die
       Waffen gedacht waren oder andere Details wurden nicht genannt.
       
       Israel warf der Hamas lange vor, Waffen durch Tunnel von Ägypten in den
       Gazastreifen zu schmuggeln. Im Mai besetzten israelische Truppen die Grenze
       in Rafah. (ap)
       
       28 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kampfpause-zwischen-Israel-und-Hisbollah/!6048540
 (DIR) [2] /Israel-und-Hisbollah/!6048489
 (DIR) [3] /Sourani-ueber-das-Recht-der-Palaestinenser/!6053307
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Hamas
 (DIR) Benjamin Netanjahu
 (DIR) Libanon
 (DIR) Waffenruhe
 (DIR) Waffenstillstand
 (DIR) UN-Resolution
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Gaza
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kampfpause zwischen Israel und Hisbollah: Frist bis Ende Januar
       
       Israel und die Hisbollah haben sich auf eine Waffenruhe geeinigt. Auch die
       Hamas spricht sich für ein Ende der Kämpfe aus. Das jedoch ist
       unwahrscheinlich.
       
 (DIR) Waffenruhe im Libanon: Biden hofft auf Katalysatorwirkung für Gaza
       
       Seit dem frühen Mittwochmorgen ruhen die Waffen zwischen Israel und der
       Hisbollah im Libanon. Biden hofft, dass eine Waffenruhe in Gaza folgen
       wird.
       
 (DIR) Sourani über das Recht der Palästinenser: „Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
       
       Wie kommen die Palästinenser zu ihrem Recht? Der palästinensische
       Menschenrechtsanwalt Raji Sourani hat an Klagen vor dem Internationalen
       Gerichtshof und Internationalen Strafgerichtshof mitgewirkt.