# taz.de -- Abtreibungsrecht in den USA: Bedrohlich unberechenbar
       
       > Das „Project 2025“ will Schwangerschaftsabbrüche in den gesamten USA
       > verbieten. Donald Trump holt einige der Macher des Plans ins nächste
       > Kabinett.
       
 (IMG) Bild: Abtreibungsgegner:innen jubeln, als Donald Trump auf der „March for Life“-Kundgebung erscheint, Washington, D. C., 2020
       
       Berlin taz | Amerika soll konservativer werden, so hat es eine Mehrheit bei
       den US-Wahlen im November entschieden. Donald Trumps zweite Amtszeit steht
       nun kurz bevor, und sie wird sein Land für lange Zeit prägen.
       
       Denn Trump hat sich zwar im Wahlkampf vom radikalen „Project 2025“
       distanziert, nach der Wahl aber viele Vordenker des Manifests für [1][seine
       neue Regierung nominiert]. Zudem decken sich einige Ideen aus diesem
       detaillierten Plan zum Umbau der US-amerikanischen Demokratie mit den
       Zielen der republikanischen Partei. Und die steht mittlerweile ganz weit
       rechts.
       
       Einige Kernpunkte des von rechtskonservativen Thinktanks erdachten „Project
       2025“ unterstützt Trump ganz offen, etwa, die Macht des Präsidenten
       auszuweiten, die Einwanderung drastisch einzuschränken, [2][den Klimaschutz
       hintanzustellen und das Bildungsministerium abzuschaffen].
       
       Beim Thema Abtreibungen sind die vorgebrachten Pläne besonders extrem. Die
       präsidiale Macht solle demnach genutzt werden, um Abtreibungen aggressiv
       einzuschränken. Manche glauben nicht, dass Trump da mitzieht. Immerhin hat
       er erst kürzlich in einem NBC-Interview gesagt, dass er ein präsidiales
       Veto einlegen werde, sollte ein nationales Abtreibungsverbot auf seinem
       Schreibtisch landen. Doch Trump sagt oft das eine und tut dann das andere.
       
       ## Nach dem Ende von Roe v. Wade
       
       Während seines Präsidentschaftswahlkampfs 2016 forderte er, man müsse
       Abtreibungen „verbieten“ und sprach sich für „eine Art Bestrafung“ für
       Frauen aus, die [3][illegal Abtreibungen vornehmen lassen]. Ein zentraler
       Bestandteil seines Wahlprogramms 2016 war es, Richter am Obersten
       Gerichtshof zu ernennen, um die Grundsatzentscheidung zum
       Schwangerschaftsabbruch Roe v. Wade aufzuheben – was 2022 tatsächlich
       geschah.
       
       Das Recht auf Abtreibung ist seitdem nicht mehr durch die Verfassung
       geschützt. Als erster amtierender Präsident nahm Trump auch am „March for
       Life“ in Washington, D. C., teil, einer Großdemonstration der sogenannten
       „Pro-Life“-Bewegung gegen Abtreibungen.
       
       „Trump hatte die Pro-Life-freundlichste Regierung in der Geschichte
       Amerikas und verabschiedete die Pro-Life-freundlichsten Maßnahmen, die
       jemals eine Regierung umgesetzt hat“, sagte der Republikaner Roger Severino
       im Februar stolz der New York Times. Severino war während der ersten
       Trump-Präsidentschaft Direktor des Büros für Bürgerrechte im
       Gesundheitsministerium: „Diese Erfolgsbilanz ist, denke ich, der beste
       Beweis dafür, wie eine zweite Amtszeit aussehen könnte.“
       
       Auch wenn er derzeit einen moderateren Ton in der Abtreibungsdebatte
       anschlägt, will Trump die Pro-Life-Lobby nicht verärgern. Das zeigte sich
       Ende August bei einer Debatte um die strengen Gesetze im Bundesstaat
       Florida, wo Abtreibungen schon nach der sechsten Schwangerschaftswoche
       illegal sind. Trump kritisierte die Gesetzeslage in seinem Heimatstaat
       zunächst als „zu extrem“.
       
       ## Der Zugang zu Medikamenten
       
       Er deutete an, dass er eine Verankerung von Abtreibungsrechten in der
       Verfassung Floridas unterstützen werde. Die Frist von sechs Wochen hielt er
       für zu kurz. Mehrere Tage lang setzten ihn daraufhin
       Anti-Abtreibungs-Gruppen unter Druck, Trump änderte kurzerhand seine
       Meinung und sprach sich für die bestehende Sechs-Wochen-Regelung aus.
       Ähnlich wankelmütig ist Trump, wenn es um Abtreibungspillen geht.
       
       Trotz des Endes von Roe v. Wade ist es überall in den USA noch legal, die
       Medikamente Mifepriston und Misoprostol zu kaufen oder sie sich aus einem
       anderen Staat schicken zu lassen. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche
       werden derzeit mit diesen Medikamenten durchgeführt.
       
       Trump erklärte kürzlich in einem NBC-Interview, dass er nicht plane, den
       Zugang zu Mifepriston zu beschränken, und hielt es für „sehr
       unwahrscheinlich“, dass die US-amerikanische Food and Drug Administration
       (FDA) die entsprechende Zulassung zurücknehmen werde. Als die Reporterin
       nochmal nachhakte, zögerte er plötzlich: „Well, I commit. I mean, – things
       do – things change,“ sagte er. [4][„I think they change].“
       
       Und in der Tat ändert sich einiges bei der nationalen Gesundheitsbehörde.
       Vor wenigen Wochen hatte Trump angekündigt, dass der Chirurg und Autor
       Martin Makary der neue Präsident der FDA werden soll. Makary wurde
       landesweit durch Fernsehauftritte bekannt, bei denen er gegen
       Impfvorschriften wetterte.
       
       ## Menschen mit geringem Einkommen besonders betroffen
       
       Rukmini Timmaraju, Präsidentin der Organisation „Reproductive Freedom for
       All“, warnt: „Marty Makary ist ein bekannter Anti-Abtreibungs-Extremist,
       der die Agenda des Project 2025 vorantreiben wird. Er könnte die FDA als
       Waffe benutzen, um medikamentöse Abtreibung effektiv zu verbieten, die
       Empfängnisverhütung einzuschränken und die FDA als Waffe gegen reproduktive
       Freiheit einzusetzen.“
       
       In der Tat sieht das „Project 2025“ vor, die FDA-Zulassung für Mifepriston
       zurückzuziehen und sie vom Markt zu nehmen. Außerdem wollen seine Verfasser
       den Comstock Act wiederbeleben, ein Bundesgesetz aus dem 19. Jahrhundert,
       das den Versand von „obszönem Material“ per Post verbietet, einschließlich
       Informationen über Verhütung, Abtreibung und sexuelle Gesundheit.
       
       Würde der Comstock Act wieder aktiviert, könnte damit auch der Versand von
       Abtreibungspillen stark eingeschränkt werden. Besonders Menschen mit
       geringem Einkommen würde das treffen, denn für Alternativen, etwa
       Abtreibungen in anderen Bundesstaaten oder im Ausland, fehlen ihnen die
       finanziellen Mittel. Trumps rechtskatholischer Vizepräsident J. D. Vance
       hatte sich schon 2022 dafür ausgesprochen, den Comstock Act
       wiederzubeleben.
       
       Trump selbst zögert, sich offen zu diesen Maßnahmen zu bekennen. Sie kämen
       einem nationalen Abtreibungsverbot gleich und sind selbst bei weiten Teilen
       der konservativen Bevölkerung unpopulär. Auch die republikanische Partei,
       die neben der Präsidentschaft den Senat und das Repräsentantenhaus gewonnen
       hat, windet sich und spricht von notwendigen „nationalen Standards“.
       Parlament und Präsident könnten jedoch tricksen und ein nationales
       Abtreibungsverbot einfach nicht so nennen, sondern es als Vereinheitlichung
       dessen verkaufen, was rechtskonservative Bundesstaaten schon an Verboten
       beschlossen haben.
       
       28 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kuenftige-US-Regierung/!6053999
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 (DIR) [3] /Abtreibungsrechte-in-den-USA/!6042762
 (DIR) [4] http://www.nbcnews.com/meet-the-press/video/trump-says-he-doesn-t-plan-to-restrict-abortion-pills-but-also-says-things-change-226489413997
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Belzig
       
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