# taz.de -- Rodungen für einen neuen Stadtteil: Dieti bleibt nicht
       
       > Die Stadt Freiburg setzt seit Samstag vorletzter Woche die Rodung eines
       > Waldgebiets durch. Entstehen soll ein sozial-ökologisches Stadtviertel.
       
 (IMG) Bild: Aktivist:innen haben Baumhäuser errichtet. Sie wollen verhindern, dass ein Waldstück für den neuen Stadtteil weichen muss
       
       Am frühen Morgen rückte am Freiburger Langmattenwäldchen die Polizei an.
       Sie soll die teilweise Rodung eines Waldes für den geplanten neuen
       Stadtteil Freiburg Dietenbach absichern. Derzeit wird eine Schneise durch
       den Wald gerodet. Hier sind Versorgungsleitungen und eine Bahntrasse
       geplant. Seit vergangenem Samstag wird nun die Waldbesetzung von der
       Polizei geräumt. Dabei kam es wiederholt zu Festnahmen wegen Verstößen
       gegen das Versammlungsgesetz und das Vermummungsverbot.
       
       Sophia Rudolf, Pressesprecherin der Besetzung von „DietiBleibt“, kritisiert
       das Vorgehen der Stadt: „Die Rodung der Schneise wäre aus unserer Sicht
       vermeidbar gewesen.“ Es hätte Alternativen gegeben, so die Sprecherin.
       
       Auch das Aktionsbündnis „Hände weg vom Dietenbachwald“ übt Kritik. „Die
       Rodung ist in Zeiten eines allgemeinen Artensterbens ein Armutszeugnis für
       die Stadt Freiburg“, sagt Pressesprecher Christian Zissel. Durch die Rodung
       seien rund 21 Tierarten gefährdet, darunter verschiedene Vogel- und
       Fledermausarten. Frau Rudolf kritisiert zudem den Polizeieinsatz. Die
       Räumungs- und Rodungsarbeiten hätten teils ohne Rücksicht auf die
       Sicherheit der Menschen in den Baumhäusern stattgefunden.
       
       Am vergangenen Samstag hatte sich eine Person in einem drei Meter tiefen
       Tunnel unter der Erde angekettet und zusätzlich einbetoniert. Der Tunnel
       sei wegen des anhaltenden Regens einsturzgefährdet gewesen, [1][berichtete
       die Polizei dem SWR]. In Zusammenarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THW)
       wurde sie aus dem Erdloch befreit.
       
       ## Räumung nach Urteil des VGH
       
       Die Rodungen waren vom Naturschutzbund (NABU) mit einer Klage im
       vergangenen Jahr zunächst gestoppt worden. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH)
       Mannheim entschied im März dieses Jahres jedoch, dass die Rodungen ab
       Oktober weitergehen dürfen.
       
       Es ist vermutlich eines der letzten Gefechte um den Bau des neuen
       Wohnviertels in Freiburg. Der letztlich unauflösliche Konflikt zwischen
       Wohnungsnot und Flächenverbrauch auch bei sozialen und ökologischen
       Bauvorhaben wird in Freiburg seit Jahren in allen Facetten ausgefochten.
       Schon 2019 hatten sich nach einer überwältigenden Mehrheit im Gemeinderat
       auch die Freiburger in einem [2][Bürgerentscheid mit 60 Prozent klar für
       den Bau des neuen Viertels ausgesprochen], und das bei einer Beteiligung
       von 50 Prozent.
       
       Tatsächlich soll das Quartier nahezu klimaneutral gestaltet werden, durch
       energieeffizientes Bauen, erneuerbare Energieversorgung und nachhaltige
       Mobilitätskonzepte. Dazu gehören nach den Planungen auch großzügige
       Grünflächen und Versickerungsflächen. Mindestens 50 Prozent der Wohnungen
       sollen preisgebunden sein und eine sozial wie auch sonst vielfältige
       Bewohnerschaft anziehen. Bis zu 16.000 Menschen sollen in 6.900 Wohnungen
       Platz finden.
       
       Dafür müssen 4,4 Hektar Wald gerodet und der namengebende Dietenbach
       verlegt werden. Das Viertel selbst wird auf 150 Hektar fruchtbarem
       Ackerland entstehen. Die Stadt führt insbesondere für die Rodung
       umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle durch.
       
       Anm. d. Red vom 16. 12. 2024: In einer ersten Version dieses Textes vom 10.
       12. 2024 sind uns Fehler unterlaufen. Anders als zunächst berichtet, sind
       die Rodungen nicht abgeschlossen. Gegen die Rodung hatte nicht das
       Aktionsbündnis „Hände weg vom Dietenbachwald“, sondern der Umweltverband
       Nabu geklagt. Die Proteste richten sich zudem nicht grundsätzlich gegen die
       Bebauung. Wir haben die entsprechenden Stellen korrigiert.
       
       16 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/waldbesetzung-dietenbachwald-freiburg-raeumung-rodung-polizei-100.html
 (DIR) [2] /Buergerentscheid-in-Freiburg/!5576007
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicolai Kary
 (DIR) Benno Stieber
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Waldbesetzung
 (DIR) Freiburg
 (DIR) Stadtentwicklung
 (DIR) Bauprojekt
 (DIR) Räumung
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Deutsche Bahn
 (DIR) Tesla
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zugverkehr im europäischen Vergleich: Deutsche Bahn schlecht, aber immerhin besser als Flixtrain
       
       Eine Rangliste gibt einen Überblick über Preise und Zuverlässigkeit der
       Eisenbahnen in Europa. An der Spitze stehen Italien und die Schweiz.
       
 (DIR) Streit um Wasser und Abwässer: Wirrwarr um Tesla geht weiter
       
       Der regionale Wasserversorger hat sich auf einen neuen Vertrag für Tesla
       geeinigt. Der soll tolerantere Schadstoffgrenzen für die Abwässer vorsehen.
       
 (DIR) Bürgerentscheid in Freiburg: „Zeichen für lebendige Demokratie“
       
       Die Freiburger haben für den Bau eines neuen grünen Wohnquartiers gestimmt.
       Obwohl 40 Prozent dagegen waren, ist die Stadt nicht gespalten.