# taz.de -- Türkischer Oppositioneller verhaftet: Wie beleidigt man die „Hohe Wahlbehörde“?
       
       > Dem Erdogan-Kritiker und Lokalpolitiker Nasuh Mahruki wird vorgeworfen,
       > er habe die Wahlbehörde beleidigt. Was das bedeuten soll, weiß Mahruki
       > selbst nicht.
       
 (IMG) Bild: Eine der bekanntesten Personen der türkischen Zivilgesellschaf: Nasuh Mahruki
       
       Istanbul taz | Einer der bekanntesten Kritiker Erdogans aus der türkischen
       Zivilgesellschaft, Nasuh Mahruki, ist am Mittwoch verhaftet worden. Er soll
       mit einem Post auf X am 12. November die Nationale Wahlbehörde beleidigt
       haben. Schon vor einer Woche, als bei ihm eine Hausdurchsuchung stattfand,
       wurde fälschlich seine Festnahme vermeldet. Am Mittwoch wurde er nun nach
       Aussage der Staatsanwaltschaft direkt in U-Haft geschickt.
       
       Die Presseabteilung der Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm die
       Verbreitung von Falschnachrichten und die dadurch erfolgte Beleidigung der
       zentralen Wahlbehörde vor. Er soll auf X eine Nachricht über die mögliche
       Nutzung elektronischer Wahlmaschinen falsch verbreitet und damit auch die
       Integrität der Wahlbehörde in Zweifel gezogen haben. Vor dem Haftrichter
       sagte Mahruki, er verstehe nicht, was eigentlich der Vorwurf sein solle.
       Die fraglichen Posts seien nicht von ihm, er hat sie nur weitergeleitet,
       und er sehe auch nicht, was an diesen Posts falsch sei.
       
       Mahruki ist eine der bekanntesten Personen der türkischen
       Zivilgesellschaft. Zunächst wurde er als Bergsteiger berühmt. Er war der
       erste Türke, der in den 90er Jahren auf den Mount Everest stieg. Im Jahr
       1995 gründete er mit einigen anderen Bergsteigern eine Organisation für die
       Suche und Rettung von Bergsteigern in Not, AKUT.
       
       Die Organisation beschränkte sich allerdings nicht auf Bergrettung sondern
       trainierte auch für die [1][Rettung bei Erdbeben]. Bekannt und berühmt
       wurde sie dann nach dem verheerenden Erdbeben 1999 in Izmit, unweit von
       Istanbul, am östlichen Ende des Marmarameeres. AKUT war weit vor allen
       staatlichen Organisationen vor Ort und rettete hunderte Leben. Noch im
       selben Jahr waren sie auch bei einem Erdbeben bei Athen vor Ort, was damals
       erheblich zur Entspannung zwischen der Türkei und Griechenland beitrug.
       Seitdem war AKUT bei etlichen Erdbebenkatastrophen in der Türkei und
       außerhalb des Landes im Einsatz.
       
       ## Vorwurf der Beleidigung als Mittel gegen Kritiker
       
       Mahruki stieg 2016 aus dem aktiven Rettungsdienst aus und widmete sich
       seitdem der Lokalpolitik. Bei den Kommunalwahlen im März dieses Jahres
       kandidierte er als Unabhängiger in Besiktas in Istanbul und bekam immerhin
       13 Prozent. Er ist ein bekannter säkularer Kritiker von Erdogan, der in
       verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften regelmäßig publiziert.
       
       Der Vorwurf der Beleidigung der Nationalen Wahlbehörde wird immer mehr zu
       einem probaten Mittel, Kritiker der Regierung Erdogan mundtot zu machen.
       Prominentester Fall bislang ist der [2][Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem
       Imamoglu]. Ihm warf der damalige Innenminister schob vor zwei Jahren die
       Beleidigung der Hohen Wahlbehörde vor. In einem [3][offensichtlich
       politisch motivierten Prozess] wurde Imamoglu, der damals eigentlich als
       Präsidentschaftskandidat der Opposition antreten sollte, wenige Monate vor
       den Wahlen im Mai 2023 wegen Beleidigung der Wahlbehörde in erster Instanz
       verurteilt. Sollte er letztinstanzlich verurteilt werden, drohen ihm
       mehrere Jahre Gefängnis und Politikverbot.
       
       Gegen Mahruki ist bislang noch keine offizielle Anklage bekannt geworden.
       
       21 Nov 2024
       
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