# taz.de -- Neue Stellen für Hamburger Schulen: Mit Sozialarbeit gegen Zukunftsangst
       
       > In Hamburg bekommen alle 66 Gymnasien Sozialarbeiter. Denn die psychische
       > Belastung der Schüler sei auch dort ein Problem, sagt die Schulsenatorin.
       
 (IMG) Bild: Kurz vor der Bürgerschaftswahl gibt es Geschenke für die Gymnasien: neue Stellen
       
       Hamburg taz | In Hamburg sollen zum nächsten Schuljahr auch alle
       staatlichen Gymnasien Sozialarbeiter bekommen. Insgesamt schafft die Stadt
       102 zusätzliche Stellen, wovon 44 den 66 Gymnasien zugute kommen. Die
       übrigen gehen an Grundschulen und Stadtteilschulen. Möglich ist dies auch
       durch das [1][„Startchancenprogramm“ des Bundes], über das knapp die Hälfte
       der Kosten von 7,2 Millionen Euro jährlich finanziert werden.
       
       Sozialarbeit an Schulen sei ihr „Herzensprojekt“, sagte
       SPD-[2][Schulsenatorin Ksenija Bekeris.] Sie war bis zu ihrer
       [3][Amtseinführung im Januar] Lehrerin an einer Erzieherschule. „Ich
       erinnere die Zeit, bevor die Sozialarbeit an die Berufsschulen kam, und
       weiß, was dies für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler für eine
       Entlastung darstellt.“ Wenn ein Schüler dem Unterricht nicht folgen könne
       und man anfange, von seinen Problemen zu erzählen, die sich nicht in der
       Klasse klären lassen, „dann ist es gut zu wissen, dass da eine Kollegin
       ist, die sich kümmern kann“.
       
       ## Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
       
       Sozialarbeiter seien nicht da, um zu bewerten oder zu benoten, ergänzte
       Michaela Peponis, die Leiterin der Inklusionsabteilung der Schulbehörde.
       Sie seien da, um Kinder zu stärken, sich gesellschaftlichen
       Herausforderungen zu stellen. Gerade erst, darauf wies Bekeris hin, ergab
       eine [4][Studie der Bosch-Stiftung], dass auch mehrere Jahre nach der
       Coronapandemie jeder dritte Schüler seine Lebensqualität als niedrig
       einschätzt und jeder fünfte sich psychisch belastet sieht. „Gymnasien sind
       die Schulform, die wir bisher noch gar nicht mit Schulsozialarbeit bedacht
       haben“, sagte die Senatorin. „Es ist auch die Schulform mit den größten
       Klassen.“ Auch an Gymnasien, ergänzte Peponis, hätten die Kinder
       Zukunftsängste.
       
       Trotzdem ist die Gewichtung ungewöhnlich. Hamburgs Grundschulen, immerhin
       über 200 an der Zahl, sollen erst im Lauf der nächsten Wahlperiode
       flächendeckend mit Sozialarbeit ausgestattet werden, wenn sich denn Geld
       dafür findet. Zunächst bekommen ab Februar nur jene Standorte Sozialarbeit,
       die sich in ärmeren Gebieten mit „Sozialindex 1 oder 2“ befinden. Konkret
       teilen sich 56 Grundschulen 35 Stellen. Die 64 Hamburger Stadtteilschulen,
       anders als die Gymnasien die weiterführende Schulform für alle Kinder,
       haben bereits 84 Stellen für Schulsozialarbeit und bekommen 23 Stellen
       dazu.
       
       Die 44 Stellen für die Gymnasien werden nach einem Schlüssel verteilt, der
       ebenfalls die sozialökonomische Lage berücksichtigt. So bekommt ein
       Gymnasium mit niedrigem Sozialindex und 850 Schülern eine ganze Stelle. Ein
       Gymnasium mit 1.000 Schülern und mittlerem Sozialindex bekommt eine
       Teilstelle von 0,7. Die Spanne der von der Behörde zugewiesenen Ressource
       liegt zwischen 0,5 und 2,5 Stellen. Zwei Schulen könnten sich auch eine
       Kraft teilen, sagte Bekeris. Sie ist sich sicher, dass die Stellen besetzt
       werden: „Schule ist als Arbeitsumfeld attraktiv.“
       
       ## Eltern genau zugehört
       
       Die Schulleitungen der Gymnasien hätten sehr erfreut reagiert, sagte sie.
       Gefragt, ob Sozialarbeit für Gymnasien auch eine Reaktion auf die
       [5][gescheiterte] Volksinitiative zur Abschaffung des Turbo-Abiturs ist,
       sagte Bekeris, sie teile die Ziele dieser Initiative nicht, habe [6][den
       Eltern] aber „sehr genau zugehört“.
       
       Die CDU-Schulpolitikerin Birgit Stöver nannte die Aufstockung „überfällig“
       und stellte die Frage, warum dies erst kurz vor der Wahl passiert? Die
       psychische Belastung der Schüler nehme seit Jahren zu, das wisse man
       „spätestens seit dem Ende der Coronapandemie“. Auch seien die Wichtigkeit
       und die positiven Effekte von Schulsozialarbeit lange bekannt. „Warum hat
       sich Rot-Grün so viel Zeit gelassen?“
       
       Die Linken-Schulpolitikerin Sabine Boeddingshaus sagte zu Bekeris
       Ankündigung: „Das ist ein großer Schritt aus dem [7][Schatten ihres
       Vorgängers] – aber vielleicht auch dem Wahlkampf geschuldet.“ Auf jeden
       Fall seien 102 Stellen für die insgesamt 318 Schulen „viel zu wenig“. In
       Hamburg bestimmten nicht die Bedarfe die Höhe der Mittel, sondern die
       „angeblich knappe Haushaltsdecke“. Es sei überfällig, dass die Schulbehörde
       die geistige Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder fördert. Dafür
       müsse aber auch der [8][Druck durch Bildungspläne] und [9][zusätzliche
       Klassenarbeiten] genommen werden. Das wäre „sogar kostenfrei und würde viel
       bringen“.
       
       21 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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