# taz.de -- SPD nominiert Scholz als Kanzlerkandidat: Gemeinsam ist das neue Zauberwort
       
       > In der SPD herrscht erstmal Frieden. Olaf Scholz wird die Nummer eins.
       > Wie man SPD, Sozialstaat und Militär finanzieren will, bleibt noch
       > wolkig.
       
 (IMG) Bild: Klare Rangordnung in der K-Frage: Boris Pistorius hinter Olaf Scholz
       
       Berlin taz | Parteichefin Saskia Esken redet kurz, ihr Co-Chef Lars
       Klingbeil etwas länger, dann gehört die Bühne am Montag im
       Willy-Brandt-Haus Olaf Scholz. Nach dem Zoff um die Kanzlerkandidatur
       lautet das neue Zauberwort, das von allen SozialdemokratInnen in alle
       Mikrofone gesprochen wird: „gemeinsam“.
       
       Der Kanzler wurde vom SPD-Vorstand entsprechend ohne Gegenstimme nominiert.
       Klingbeil lobte dies als überzeugendes Votum für Scholz und kündigte an:
       „Die SPD schaltete auf Wahlkampf um.“ Das ist richtig: Die rund 45-minütige
       Pressekonferenz wirkte wie die erste Wahlkampfveranstaltung.
       
       Die zähe Debatte, ob Verteidigungsminister Boris Pistorius nicht der
       bessere Kandidat gewesen wäre, hat Scholz’ Image nicht gerade aufpoliert.
       Und sie hat Zweifel an der Fähigkeit der SPD-Spitze geweckt, Krisen managen
       zu können. Das soll jetzt alles möglichst schnell vergessen und vergeben
       sein. Bloß nicht noch eine Personaldebatte – das scheint derzeit Esken und
       Klingbeil, die die Debatte zu lange laufen ließen, zu schützen. [1][Esken
       hatte beim Juso-Bundeskongress Fehler eingeräumt.]
       
       ## Der politische Gegner heißt Friedrich Merz
       
       Scholz lobte seinen Ex-Konkurrenten Pistorius als „Freund“ und kompetenten
       Minister. Eine besonders herausgehobene Rolle aber soll Pistorius im
       Wahlkampf nicht spielen. Er sei wie alle MinisterInnen Teil des Teams, so
       der Kanzler. Nun gehe man gemeinsam vor – und das heißt gegen Friedrich
       Merz.
       
       Scholz sieht sich nicht in Konkurrenz zu Robert Habeck, sondern nur zu
       Merz. Trotz deprimierender Umfragen hofft die SPD am Ende auf ein
       Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Scholz und Merz. Und darauf, dass sich der
       derzeitige Ampel-Kanzler-Malus von Scholz wundersam in einen Bonus
       verwandeln wird.
       
       Merz verfügt in der Tat über keine Regierungserfahrung. Die Wählerschaft
       will, so Scholz, jemand im Kanzleramt, der „die Nerven behält“. Das kann
       sein – diese Rechnung wird aber nur aufgehen, wenn Merz unbeherrscht oder
       erratisch auftritt. Von den Fehlern des Gegners abhängig zu sein, ist nur
       bedingt günstig.
       
       ## 39 Prozent für Scholz als Kanzler
       
       [2][Ein Silberstreif am düsteren Horizont ist für die SPD eine Umfrage der
       Forschungsgruppe Wahlen.] Für Olaf Scholz würden sich derzeit 39 Prozent
       als Kanzler entscheiden, für Friedrich Merz 44 Prozent. Aber der Trend
       spricht leicht für Scholz, (zwei Prozent mehr als im Oktober) und gegen
       Merz (minus vier).
       
       Scholz Wahlkampfspin wird am Montag klar: Er verspricht, dass Deutschland
       weiter massiv die Ukraine unterstützen wird, mehr Geld für Militär ausgeben
       wird, aber ohne Einschnitte bei Rente, Pflege oder Investitionen. Dort
       glauben die Sozialdemokraten nicht zu Unrecht, den schwachen Punkt bei Merz
       ausgemacht zu haben. Der verspricht Steuersenkungen, eine unveränderte
       Schuldenbremse und mehr Geld fürs Militär, ohne zu erklären, wie das
       finanziert werden soll.
       
       Die Finanzierung klingt bei der SPD allerdings auch noch wolkig. Scholz
       rechnet vor, dass 2028 das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen
       ausläuft. Wenn man dann zwei Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben
       will, „sind das 30 Milliarden pro Jahr aus dem Haushalt“, so der Kanzler.
       Woher soll das Geld kommen?
       
       ## Superreiche sollen mehr zahlen
       
       [3][Scholz will „Änderungen bei der Schuldenbremse“.] Er empfiehlt, sich
       bei Investitionen die Eigenkapitalerhöhung der Bahn zum Vorbild zu nehmen –
       investieren, ohne den Haushalt zu belasten. Auch Superreiche sollen mehr
       Steuern bezahlen.
       
       Aber die Scholz-SPD scheint im Wahlkampf weder vehement auf eine
       Reichensteuer noch mit allzu lauten Bekenntnissen gegen die Schuldenbremse
       zu setzen. Das Wort Bürgergeld fällt gar nicht. Offenbar hält man das für
       ein verlorenes Projekt. Scholz bekennt sich zum Mindestlohn, der „eine
       Frage von Anstand, Moral und Respekt“ sei und in der Vergangenheit keine
       Arbeitsplätze gekostet habe. Scholz hatte im Frühjahr eine Steigerung auf
       14 und dann 15 Euro gefordert. Das wiederholt er am Montag nicht.
       
       Auffällig ist, dass Scholz nicht mehr als Ampel-Kanzler redet. Er holzt
       nicht nur gegen die FDP, sondern auch gegen die Grünen. Die seien für das
       unbeliebte Heizungsgesetz verantwortlich gewesen. Die neue Grünen-Chefin
       Franziska Brantner konterte, dass auch in der SPD viele bezweifeln, dass
       Scholz fähig sei, Kanzler zu werden. Der Wahlkampf hat begonnen.
       
       25 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesschau.de/inland/spd-esken-juso-kongress-100.html
 (DIR) [2] https://www.forschungsgruppe.de/Aktuelles/Politbarometer/
 (DIR) [3] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/spd-kanzlerkandidat-scholz-100.html
       
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