# taz.de -- Sozialdemokraten in Schweden: Ärger um Partei-Glücksspiel
       
       > Ein handfester Skandal um Losverkäufe erschüttert die schwedischen
       > Sozialdemokraten. Parteichefin Magdalena Andersson muss sich erklären.
       
 (IMG) Bild: Parteivorsitzende Magdalena Andersson bei einer Pressekonferenz zum Skandal um die Lotterie der Sozialdemokraten am 17.09.2024
       
       Härnösand taz | Unmoralische Verkaufsmethoden, Verbindungen zur
       organisierten Kriminalität: Nach Tagen peinlicher Enthüllungen rund um das
       sozialdemokratische Lotterie-System sah sich Magdalena Andersson doch noch
       genötigt, persönlich Stellung zu nehmen. Sie sei tief enttäuscht und
       wütend, erklärte die Chefin der [1][schwedischen Sozialdemokraten] in
       Stockholm.
       
       Ein vom parteieigenen Glücksspielunternehmen Kombispel beauftragtes
       Callcenter mit Sitz in Barcelona hatte sehr alte Menschen angerufen und am
       Telefon unter Druck gesetzt, Lose zu kaufen, wie Recherchen der Zeitung
       Dagens Nyheter (DN) ergaben. Auch soll das Personal vertuscht haben, dass
       es sich um Abonnements handelte. Als wäre das nicht genug, berichteten dann
       die Zeitungen Expressen und Svenska Dagbladet, dass mehrere Ex-Mitarbeiter
       des Callcenters Verbindungen zur Bandenkriminalität hätten.
       
       So sei einer darunter, der in diesem Sommer in Schweden zu 14 Jahren Haft
       unter anderem wegen Beihilfe zu einem Mordversuch verurteilt wurde. Das
       alles passiert, nachdem die traditionelle Lotterie der Sozialdemokraten mit
       ihren jährlichen Millioneneinnahmen dieses Jahr schon komplett infrage
       gestellt wurde – von der Regierung. Sie hatte zur Legalität dieser
       Geldquelle eine Untersuchung in Auftrag gegeben.
       
       Diese kam zwar nicht zu dem Ergebnis, dass Partei-Lotterien verboten werden
       müssten, aber die liberal-konservativen Moderaten und [2][die
       rechtsextremen Schwedendemokraten (SD)] haben ein solches Verbot bis heute
       nicht ausgeschlossen.
       
       ## „Korruptes System“ bei Sozialdemokraten?
       
       SD-Wirtschaftspolitiker Tobias Andersson hatte im Frühjahr gesagt, er wolle
       den „Sozen“ diesen Geldhahn zudrehen. Gegenüber DN sprach er von einem
       „korrupten System“ der Sozialdemokraten. Damals sagte deren Parteichefin,
       dies sei nichts als ein Versuch, den politischen Gegner zum Schweigen zu
       bringen. Lotterien stehen theoretisch allen Parteien als Einnahmequelle zur
       Verfügung, aber die Sozialdemokraten sind seit Jahrzehnten am aktivsten.
       
       Sie sei nicht vorrangig in Sorge wegen der Folgen des Callcenter-Skandals
       für ihre Partei, behauptete Andersson. Sie denke vor allem an die Senioren,
       die ans Telefon gegangen seien und ein unangenehmes Erlebnis gehabt hätten.
       Die Tragweite des Problems sei ihr erst durch die Medien bekannt geworden.
       DN hatte zuvor berichtet, dass Teile der Parteiführung bereits vor einem
       Jahr Hinweise auf unlautere Methoden beim Telemarketing bekommen hätten.
       
       So waren Beschwerden über aggressive Verkaufsgespräche etwa bei Joakim
       Jonsson gelandet, Schatzmeister der Partei und verantwortlich für die
       Lotterie-Firma. Er erklärte nun, die Beschwerden an die Firmenleitung
       weitergegeben zu haben, woraufhin Verträge mit externen Dienstleistern
       aufgelöst worden seien. Offenbar wurden dann neue geschlossen mit dem nun
       im Fokus stehenden Callcenter.
       
       Die Partei tauschte Vorstand und Geschäftsführer von Kombispel aus. Sie gab
       zudem bekannt, dass der Verkaufsweg über externe Callcenter eingestellt
       werde. Die neue Leitung der Firma werde den Auftrag bekommen, reinen Tisch
       zu machen und dafür zu sorgen, „dass die Firma von sozialdemokratischen
       Werten durchdrungen wird“, sagte Andersson. Die politischen Gegner sind
       nicht überzeugt. „Hier schiebt man die Schuld der Geschäftsführung in die
       Schuhe, und dann soll alles normal weiterlaufen“, so
       Moderaten-Generalsekretärin Karin Enström. Statt nur Personal
       auszutauschen, sollten die Sozialdemokraten dem Problem auf den Grund
       gehen.
       
       18 Sep 2024
       
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