# taz.de -- Politische Krise in Frankreich: Die kaputte Republik
       
       > Frankreich hat eine Regierung ohne Mehrheit. Das merkwürdige Kabinett
       > zeigt: Die Machtfülle des Präsidenten passt nicht mehr in die Zeit.
       
 (IMG) Bild: Sonnenkönig von gestern: Der französische Präsident hat zu viel Macht
       
       Nach Monaten hat Frankreich eine neue Regierung, und seit der
       [1][Regierungserklärung von Premierminister Michel Barnier] in dieser Woche
       weiß die Öffentlichkeit ungefähr, was das Mitte-rechts-Bündnis vorhat. Auf
       den ersten Blick erstaunlich, hat die Koalition vor, die Steuern auf die
       Gewinne von Großunternehmen und auf die Vermögen der Superreichen zu
       erhöhen. Das will sie aber nicht aus Überzeugung tun, sondern es ist aus
       der schieren Not geboren: Das französische Haushaltsdefizit ist
       astronomisch.
       
       Eingeklemmt ist die Regierung, die keine eigene Mehrheit im Parlament hat,
       zwischen dem Linksbündnis und den Rechtsextremen. Zur Erinnerung: Die
       Fraktionen des Linksbündnisses stellen seit den Wahlen die relative
       Mehrheit, wurden aber nicht in der Regierung berücksichtigt. Und die
       Le-Pen-Partei kann die neue, schwache Regierung vor sich hertreiben.
       
       Das [2][merkwürdige Kabinett Barniers] ist ein Spiegel der Krise der
       Institutionen in Frankreich. Präsident Emmanuel Macron hat die Macht im
       Land auf sein Amt konzentriert, das für eine Demokratie ohnehin schon
       bedenklich große Kompetenzen hat: Der französische Präsident kann das
       Parlament auflösen und außerdem einen Premierminister berufen, wie es ihm
       beliebt. Mehrheitsverhältnisse im Parlament? Mir doch egal.
       
       Das Präsidentenamt wurde einst auf Druck von Charles de Gaulle mit so viel
       Macht ausgestattet – damals befand sich Frankreich wegen des
       Algerienkrieges im innenpolitischen Chaos. Dieser Krieg ist seit über 60
       Jahren vorbei, die Verfassung passt längst nicht mehr in die heutige Zeit.
       Mehr noch, die Verfassung der V. Republik verstärkt die immer deutlicher
       zutage tretende Entfremdung zwischen Staat und Wahlvolk.
       
       Eine Reformdebatte läuft in Frankreich seit Jahren. Die deutschen
       Frankreich-BeobachterInnen, die seit ARD-Mann Ulrich Wickert oft von einem
       romantischen Frankreich-Bild geprägt sind, sollten [3][dieser Debatte mehr
       Aufmerksamkeit schenken], anstatt sich über Maßen um die politischen Launen
       Macrons zu kümmern. Denn nicht nur dieser Mann ist von gestern, sondern
       auch das Amt, das er ausübt.
       
       3 Oct 2024
       
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