# taz.de -- Gedruckte Zeitungen: Endlich nicht mehr herumdrucksen
       
       > Alles hat ein Ende, nur die … Nein, jetzt geht es nicht mit dem üblichen
       > Spruch weiter. Denn die gedruckte taz hat ein Ende, zumindest wochentags.
       
 (IMG) Bild: Papier ist geduldig: taz-Zeitungsstapel in den Redaktionsräumen in der Rudi-Dutschke-Straße, Mai 2014
       
       Papier ist geduldig, heißt es, und das Schöne ist: Es stimmt. Wenn Sie zum
       Beispiel gerade die wochentaz durchblättern, aber keinen Bock haben, jetzt
       ausgerechnet diesen Text zu lesen, dann können Sie das auch morgen tun.
       Oder übermorgen. Oder irgendwann. Er wartet hier auf Sie.
       
       Die meisten, vor allem die jüngeren Menschen sind allerdings nicht ganz so
       geduldig wie Papier. Sie wollen sofort wissen, was auf der Welt los ist und
       was das um alles in der Welt schon wieder zu bedeuten hat. Es ist deshalb
       kein Wunder, dass [1][immer weniger gedruckte Tageszeitungen verkauft]
       werden. Mein Sohn fragte mich schon als kleiner Junge: „Papa, warum macht
       ihr eigentlich eine Zeitung für den nächsten Tag? Da steht doch immer nur
       drin, was am Tag davor passiert ist.“
       
       Nun ja, ich wusste damals nicht so recht, was ich sagen sollte, schließlich
       hatte mein Sohn einen Punkt, dem man nicht widersprechen konnte. Wenn
       [2][Kamala Harris im TV-Duell über Donald Trumps] Behauptung lacht, dass
       Migranten die Haustiere von Amerikanern essen, kann eine deutsche
       Printzeitung sogar erst am übernächsten Tag davon berichten.
       
       Mit seiner berechtigten Frage zog mein Sohn aber unser bisheriges
       Geschäftsmodell in Zweifel, mit dem auch sein Taschengeld finanziert wurde.
       Also druckste ich herum und sagte, viele Menschen seien das Gedruckte eben
       so gewöhnt, wollten das so und bezahlten sicher weiter gern dafür. Ähm. Ich
       glaube, er hat gemerkt, dass ich es selbst nicht glaubte. Eine klare
       Antwort gibt ihm erst jetzt die taz, wenn sie am Wochenende bekannt gibt,
       wann die tägliche Printausgabe eingestellt wird.
       
       ## Die Nürnberger Abendzeitung gibt auch nicht mehr
       
       Da kann man schon mal melancholisch werden. Ich habe Zeitungen geliebt,
       fast seit ich lesen konnte. Was darin stand, kam mir super spannend, frisch
       und neu vor, weil wir keinen Fernseher zu Hause hatten, geschweige denn ein
       Smartphone. Morgens habe ich meinen Eltern den Sportteil aus der Hand
       gerissen und auf dem Schulweg die boulevardeske Abendzeitung aus dem
       stummen Verkäufer geklaut, was ich jetzt gestehen kann, weil es die
       Nürnberger Abendzeitung schon lange nicht mehr gibt. Ich [3][war eben jung,
       zeitungssüchtig und hatte kein Geld.] Zur Strafe bekam ich nur einmal einen
       Verweis wegen „seelenruhigen Zeitunglesens im Unterricht“. Immerhin diente
       es der Berufsvorbereitung.
       
       Dass aus meinem Hobby mein Job wurde, empfinde ich als großes Glück. Also
       ja, der [4][Abschied von der gedruckten tageszeitung] fällt mir schwer.
       Aber das erhellende Gespräch mit meinem Sohn vor ein paar Jahren hat mir
       geholfen, mich auf diesen Moment vorzubereiten. Es ist auch beruhigend,
       dass viele Menschen in der taz, die deutlich geschäftstüchtiger sind als
       ich, schon deutlich früher mit den Vorbereitungen begonnen haben.
       
       Es hat keinen Sinn, unwiederbringlich Vergangenem nachzutrauern. Ist doch
       gut, dass man die taz digital schon abends lesen kann und im schnelleren
       Netzbetrieb Schlagfertigkeit gefragt ist, das war schon immer die
       taz-Stärke. Wenn die „VW-Belegschaft unter die Räder“ kommt, sitzt so ein
       schöner Titel am selben Tag noch besser, kriegt vielleicht sogar ein „Like“
       von meinem Sohn. Und auf Menschen mit mehr Muße wartet auch die App
       geduldig.
       
       ## Unersetzbar ist nur Klopapier
       
       Ja, Papier lässt sich ersetzen. Seine Halbwertzeit hat ohnehin abgenommen.
       Die Welt dreht sich zu schnell, um noch irgendetwas in Schriftsätzen
       festhalten zu können. Der Koalitionsvertrag der Ampel war praktisch sofort
       obsolet, als Putin die Ukraine überfiel. Auch im Parteiprogramm der Grünen
       stand nichts von Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, schon gar nicht für
       Angriffe auf Gaza oder russisches Gebiet. Die Presseerklärungen von
       Innenministerin [5][Nancy Faeser kann man gar nicht schnell genug
       ausdrucken, bevor die nächste gerade noch abgelehnte Verschärfung] der
       Asylregeln wenig später doch verkündet wird.
       
       Um da noch mitzukommen, hilft Papier wenig. So lieb es mir immer war,
       inzwischen ist es auch schlicht zu teuer, um es täglich zu verwenden.
       Unersetzbar ist eigentlich nur noch Klopapier. Und natürlich die wochentaz.
       
       14 Sep 2024
       
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