# taz.de -- Bekämpfung von Wohnungslosigkeit: „Die Lösung: Wohnraum schaffen“
       
       > Am Tag der Wohnungslosen diskutieren in Berlin Betroffene über die
       > Bedarfe von Obdachlosen. Es brauche dringend bessere Notunterkünfte und
       > Teilhabe.
       
 (IMG) Bild: Pressekonferenz am Tag der Wohnungslosen von Menschen, die davon betroffen sind
       
       Berlin taz | In einem Innenhof in der Nähe des Berliner Alexanderplatzes
       stehen am Mittwoch zahlreiche weiße Kreuze, die an Verstorbene erinnern.
       „Andreas H. [1][nach Zwangsräumung] auf einem Stück Teppich im Park
       erfroren“, steht auf einem. Zum Tag der Wohnungslosen haben sich bei
       Nieselregen mehrere Dutzend Menschen unter dem Motto „Jetzt reden wir!“
       zusammengefunden. Hier diskutieren keine Politiker*innen, sondern Menschen,
       die selbst von Wohnungslosigkeit betroffen sind.
       
       „Das größte Problem der Straßenobdachlosigkeit ist die ordnungsrechtliche
       Unterbringung“ sagt [2][Hartmut Nölling], der sich selbst als „alten
       Landstreicher“ bezeichnet. 1981 wurde er das erste mal wohnungslos, kam
       zunächst bei Bekannten und Verwandten unter, irgendwann zog er durch
       Deutschland und Europa.
       
       Heute wirkt der Aktivist auch mit am [3][Nationalen Aktionsplan] zur
       Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit, der im April verabschiedet
       wurde. Bis 2030 – das ist das Ziel der Bundesregierung – soll jeder eine
       Wohnung haben. Dass das wirklich klappt, daran glaubt hier kaum jemand.
       Aber für Verbesserungen wollen sie trotzdem kämpfen, selbstorganisiert,
       selbstbestimmt.
       
       Nölling erzählt, dass er in den 1980er Jahren mal in einer Notunterkunft
       übernachtet habe mit 60 anderen Personen in einem Zimmer. 2024 könne man
       zwar auch zu viert in einem Zimmer übernachten. Aber dann sei man da
       „vielleicht mit einem Junkie, einem psychisch Kranken und einem
       Vollalkoholiker zusammen“. Wie man so zur Ruhe kommen solle, fragt er.
       
       Wichtig seien deshalb Einzelzimmer. Oder dass das Hab und Gut sicher
       aufbewahrt werden könne, dass digitale Teilhabe ermöglicht werde. Vor allem
       brauche es sogenannte 24/7-Unterkünfte – gemeint sind Unterkünfte, in denen
       Obdachlose nicht morgens wieder auf die Straße entlassen werden. Der
       Nationale Aktionsplan sieht vor, Mindeststandards für Notunterkünfte zu
       erarbeiten.
       
       ## Als Frau nicht mehr sicher
       
       Janet, die sich nur mit Vornamen vorstellt, schaltet sich ein. „Wohnraum zu
       schaffen, ist die Lösung“, sagt sie und bekommt Applaus. Janet lebt derzeit
       im Berliner Bezirk Mitte in einem Gebäude in der Habersaathstraße. Der
       Plattenbau stand lange Zeit leer, eigentlich wollte der Eigentümer das Haus
       abreißen und Luxuswohnungen bauen. Heute wohnen dort aber viele ehemals
       Obdachlose und Geflüchtete, die das Haus besetzt haben.
       
       Seit Jahren wird gestritten, ob das Gebäude abgerissen werden darf.
       Voraussichtlich [4][soll das Ende 2025] passieren. „Ich fühle mich als
       obdachlose Frau nicht mehr sicher“, sagt sie. Aber damit abfinden will sie
       sich nicht. Sie kämpft für die Aussetzungen von Zwangsräumungen und erwägt
       derzeit in Berlin eine Klage auf Beschaffung einer Wohnung.
       
       Erschütternd sind auch die Schilderungen von Manja aus der Eifel. Frauen
       mit Kindern stünden „vor besonderen Herausforderungen“, sagt sie. 8 Jahre
       sei sie wohnungslos gewesen, 3 davon obdachlos: „Ich habe meine Tochter in
       der Obdachlosigkeit auf die Welt gebracht und dann schweren Herzens zur
       Adoption freigegeben.“
       
       Das zweite Kind gab sie im Alter von 11 Jahren in eine Pflegefamilie, als
       sie erneut in die Wohnungslosigkeit rutschte: „Vielleicht war das der
       größte Fehler meines Lebens.“ Die Pflegefamilie sei problematisch gewesen.
       Mit 16 kam der Sohn wieder zu ihr, heute leben sie zusammen und Manja
       engagiert sich im Netzwerk der Wohnungslosen_Stiftung für Frauen mit
       Kindern. Erst am Montag wurde ein [5][Bericht der BAG W veröffentlicht,]
       der zeigt, dass viele junge Menschen von Wohnungslosigkeit bedroht sind.
       
       11 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Anwaeltin-ueber-Zwangsraeumungen/!5996788
 (DIR) [2] https://hartmutnoelling.simdif.com/
 (DIR) [3] /Aktionsplan-gegen-Wohnungslosigkeit/!6003589
 (DIR) [4] /Streit-um-Habersaathstrasse/!6032014
 (DIR) [5] /Bericht-zu-Wohnungslosigkeit/!6032591
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasmin Kalarickal
       
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       Nominiert für den Theodor-Wolff-Preis 2024