# taz.de -- Proteste in Israel: Vielleicht die letzte Chance
       
       > Nach der Nachricht der getöteten Geiseln gehen die Menschen in Israel auf
       > die Straße. Wann stellen sich auch Likud-Abgeordnete gegen Netanjahu?
       
 (IMG) Bild: Einen Tag nach der Entdeckung der Leichen von sechs Geiseln im Gazastreifen gehen die Menschen in Israel auf die Straße
       
       Die Nachricht von den [1][sechs getöteten Geiseln] hat ein Erdbeben in
       Israel ausgelöst. Wie düster der vergangene Sonntag für viele Israelis war,
       ist von außen kaum nachzufühlen. Sechs Geiseln, von denen einige in einem
       Deal als Erste hätten freigelassen werden sollen, wurden stattdessen von
       der Hamas hingerichtet.
       
       Schon lange zweifelte ein Großteil des Landes an Netanjahus Argumentation,
       militärischer Druck würde die Geiseln heimbringen. Nun ist es offiziell:
       Statt sie zu retten, trägt der [2][militärische Druck Mitschuld] an ihrem
       Tod. Sie wurden ermordet, bevor das nah gerückte Militär sie erreichen
       konnte. Netanjahu bleibt bei seiner Blockadehaltung in Bezug auf einen
       Deal.
       
       Doch wird die Erschütterung politisch den Wendepunkt bringen, wenn dies
       auch für Hersh Goldberg-Polin, Carmel Gat und viel zu viele andere Geiseln
       zu spät käme? Wird dies das Ende Netanjahus sein? Möglichkeiten dafür gibt
       es: Die Protestbewegung muss lahmlegen, was lahmzulegen ist, zum Beispiel
       mit dem Generalstreik am Montag. Das Arbeitsgericht in Bat Yam ordnete am
       selben Tag zwar an, dass der Streik – er sei ein politischer Streik und
       kein Arbeitsstreik – bereits mittags enden müsse.
       
       Es bräuchte mehr von der Attitüde des Direktors eines liberalen Gymnasiums
       in Tel Aviv: Keine Rückkehr zum normalen Lernen in der Schule, sagte er,
       bis die Geiseln zurück sind. Auf parlamentarischer Ebene müssen diejenigen
       Likud-Abgeordneten, die noch ein Gewissen haben (man vermutet, dass es
       davon tatsächlich noch eine Handvoll gibt) endlich der Regierung ihre
       Mehrheit entziehen.
       
       Die Führung der Geheimdienste und des Militärs, die seit Langem mit
       Netanjahu angesichts seiner Kriegsführungsstrategie über Kreuz sind,
       sollten zurücktreten und so ein weiteres Erdbeben auslösen – mit mehr Wut
       und weniger Trauer.
       
       Wie realistisch diese Möglichkeiten sind? Wer traut sich derzeit
       Vorhersagen zu machen. Wenn das Land nicht von Netanjahu und seinen
       [3][rechtsextremen Partnern] in den Abgrund gezogen werden will, dann hat
       es jetzt noch eine Chance. Vielleicht ist es die letzte.
       
       2 Sep 2024
       
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