# taz.de -- Nachtleben im Libanon: Die Sorgen wegfeiern
       
       > Trotz der drohenden Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah wird im
       > Osten Beiruts getanzt und getrunken. Auch, um die Realität zu vergessen.
       
 (IMG) Bild: Gerade im Osten Beiruts, und in den östlich anknüpfenden Bergen, finden sich viele Bars und Clubs
       
       Beirut taz | Die einen drängen sich in der Abflughalle des Beiruter
       Flughafen und versuchen aus dem Land zu kommen. Die anderen, Anhänger der
       Hisbollah, huldigen in der südlichen Vorstadt der libanesischen Hauptstadt
       ihrem [1][Chef Hassan Nasrallah]. Der hielt jüngst eine Rede, in dem er
       Israel mit einer bisher noch nie dagewesenen [2][militärischen Antwort]
       drohnte, wiederum als Antwort auf die Tötung des Hamas-Chefs Ismail Haniyeh
       und des Hisbollah Kommandeurs Fuad Shukr.
       
       Ganz Libanon bereitet sich auf eine Eskalation und einen möglichen Krieg
       vor. Ganz Libanon? Nein, auch dort gibt es gallische Dörfer – und die
       liegen in den Bergen im Osten Beiruts, und im Osten der libanesischen
       Hauptstadt.
       
       Dort oben in den Hügeln, beispielsweise in Broumana, gibt es ganze
       Straßenzeilen, die gesäumt sind mit Restaurant, Bars und Clubs. Die laute
       Musik aus den Bars schallt über die Straße, etwa aus der Trumpet-Bar.
       Drinnen geht der Bär ab. Die Menschen trinken, lachen, einige tanzen neben
       den Tischen, während der DJ sich langsam in Hochform bringt, zwischen
       arabischem Pop und einem Remix von Boney M’s [3][Daddy Cool.]
       
       „In den letzten 30 Jahren haben sie den Libanon viele Male zerstört. Und
       jedes Mal war es unsere libanesische Seele, die uns wieder von neuem
       angefangen lassen hat“, sagt Fadi, der Manager der Bar. „In all den Kriegen
       haben die Libanesen Party gemacht und waren die ganze Nacht aus. Wir
       weigern uns, uns hinzusetzten und zu heulen“, schließt er und zeigt auf
       seine weiträumige Bar, die bis zum letzten Tisch und Stuhl ausgebucht ist.
       
       ## „Während der schlimmsten Kriege waren wir feiern“
       
       Dort tanzt die 60-jährige Giselle mit ihren Freunden. Sie gehört zur
       libanesischen Oberschicht, viele Libanesen können sich ein solchen
       Nachtleben nicht leisten. „Sie wollen uns brechen, aber das werden sie
       nicht schaffen“, meint Giselle. „Wir Libanesen sind unverwüstlich. Wir
       leben so, als ob es kein Morgen gibt, niemand kann uns aufhalten unser
       Leben zu leben“, erklärt sie.
       
       Wenn sie vor einem Krieg Angst haben, dann überspielen sie es. Oder
       ertränken es mit Alkohol an der Bar oder in der lauten Musik. Das gilt auch
       für Faruk, der ebenfalls in einem Alter ist, mit dem er sich persönlich an
       den 15-jährigen libanesischen Bürgerkrieg, die israelische Invasion 1982
       und den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah 2006 erinnert. „Selbst
       während der schlimmsten Kriege waren wir feiern, haben getrunken, sind an
       den Strand schwimmen gegangen“, erinnert er sich. Der Libanon werde niemals
       sterben. „Wir werden uns auch nicht jetzt herunterziehen lassen.“
       
       Sie feiern hier irgendwo [4][zwischen Trotz und Realitätsverweigerung] –
       oder besser gesagt, dem Wunsch die Realität zu vergessen. „Krieg, welcher
       Krieg, worüber redest du?“, fragt Bilal und lacht laut gegen die Musik an.
       Nur um dann zuzugeben, dass sich der Libanon derzeit natürlich in einer
       gefährlichen Krise befindet, die jederzeit eskalieren könnte. „Aber der
       Libanon ist wie ein Phönix“, sagt Bilal. Er könne nicht sterben, das sei
       verboten. „Immer wenn wir sterben, steigen wir wie Phönix aus der Asche
       wieder auf“, gibt er sich zuversichtlich.
       
       In diesem Land des Phönix ist die wohl mächtigste Kraft im Land – die
       Hisbollah – bereit zuzuschlagen. Auf der anderen Seite der Südgrenze liegt
       Israel, in dem manche Politiker drohen, Beirut wie Gaza in Schutt und Asche
       zu legen, um die Hisbollah zu zerstören. Und im Mittelmeer liegt die
       US-Flotte, die bereit ist, Israel zu verteidigen. Aber in der Trumpet-Bar
       feiern sie durch die Nacht.
       
       10 Aug 2024
       
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 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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