# taz.de -- Bulgarien vor Neuwahlen: Schon wieder an die Urne?
       
       > Nach zwei Anläufen gibt es immer noch keine Regierung. Scheitert auch der
       > dritte Versuch, sind die Wähler*innen erneut zur Abstimmung
       > aufgerufen.
       
 (IMG) Bild: Neue Regierung? Fehlanzeige. Ex-Premier Bojko Borissow vor einer Abstimmung im Sofioter Parlament am 3. Juli
       
       Berlin taz | Der bulgarische Politikwissenschaftler Ewgeni Dainow bringt es
       auf den Punkt. Die Bulgar*innen, so Dainow in einem Beitrag für den
       bulgarischen Dienst der Deutschen Welle, stünden an einem Scheideweg. „Der
       anhaltende Widerstand und der Zusammenbruch des Gemeinschaftslebens,
       angeheizt durch den Hass auf die moderne Welt und das Aufkommen
       antidemokratischer Gefühle, stellt uns vor die Wahl: Wir rufen jemanden wie
       Putin herbei, um den Streit zu beenden. Oder wir selbst sind in der Lage,
       den Streit zu beenden, indem wir vernünftige, gebildete und respektvolle
       Politiker mit großer Mehrheit bei den Wahlen unterstützen.“
       
       Doch das scheint auch dieses Mal nicht so einfach zu sein. Bei [1][den
       vorgezogenen Parlamentswahlen am 9. Juni 2024], den sechsten (!) innerhalb
       von drei Jahren, war die konservative Partei Bürger*innen für eine
       europäische Entwicklung Bulgarien (GERB) des langjährigen Regierungschefs
       Bojko Borissow mit 24,7 Prozent der Stimmen stärkste Kraft geworden.
       
       Doch Borissow gelang es nicht, eine tragfähige Regierung zusammenzuzimmern.
       Ein potenzieller Koalitionspartner, die zweitplazierte Bewegung für Rechte
       und Freiheiten (DPS), vor allem eine Interessenvertretung der türkischen
       Minderheit, steckt derzeit in einer veritablen Führungskrise und ist gerade
       erfolgreich dabei, sich zu zerlegen.
       
       Der Staffelstab wurde an das Bündnis Wir setzen die Veränderungen fort
       (PP)/Demokratisches Bulgarien (DB) weitergereicht, das an der letzten
       Regierung beteiligt war. Doch auch diese Bemühungen endeten in einer
       Sackgasse. Es müssten jetzt alle Anstrengungen unternommen werden, um die
       Pattsituation mit den nächsten Wahlen zu beenden, sagte Borissow dazu am
       vergangenen Wochenende. „Für weitere Experimente haben wir keine Zeit.“
       
       ## Zum Scheitern verurteilt
       
       Doch gemäß der Verfassung muss Bulgariens Präsident Rumen Radew jetzt in
       einem ultimativen dritten Versuch einer weiteren Partei den Auftrag zur
       Regierungsbildung erteilen. Aber auch dieser dürfte zum Scheitern
       verurteilt sein. Denn dafür infrage kämen eigentlich nur die Sozialisten
       (7,1 Prozent) oder die populistische Partei So ein Volk gibt es (ITN, 6
       Prozent). Doch auch mit diesen beiden Gruppierungen ist keine Regierung,
       geschweige denn ein Staat zu machen.
       
       Apropos Rumen Radew: Dieser Tage sorgt das Staatsoberhaupt, seit 2017 im
       Amt, wieder einmal für Schlagzeilen. Der russophile Präsident trägt gerade
       einen handfesten Streit mit der Übergangsregierung aus. Die möchte den
       Botschafterposten in der Ukraine für eine begrenzte Zeit mit dem ehemaligen
       Verteidigungsminister Nikolaj Nentschew besetzen. Sofia hatte seinen
       Vertreter kurz nach Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine am
       24. Februar 2022 aus Kyjiw abgezogen.
       
       Doch Radew stellt sich quer. Nentschew verfüge nicht über die notwendigen
       Qualifikationen, sagte er kürzlich. Der wahre Grund für das Störfeuer ist
       wohl eher, dass Nentschew für eine Unterstützung der Ukraine eintritt. Ganz
       im Gegensatz zu Radew. Im Juli [2][war der Präsident demonstrativ dem
       Nato-Gipfel in Washington ferngeblieben]. Als Grund hatte er Differenzen
       mit der Regierung aufgrund Finanzhilfen für die Ukraine genannt. Diese
       seien mit ihm nicht abgesprochen worden.
       
       26 Jul 2024
       
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