# taz.de -- Fahrradstraße selbst gemacht: Nicht jeder Fake ist falsch
       
       > Aktivist*innen von Sand im Getriebe sprühen Pop-Up-Bikelane auf der
       > Berliner Allee, um auf den Unwillen der CDU bei der Verkehrswende
       > aufmerksam zu machen.
       
       Berlin taz | Die Verkehrswendeaktivist*innen der Gruppe „Sand im
       Getriebe“ haben in der Nacht zu Donnerstag eine Spur von vier in der
       Berliner Allee zum Radweg erklärt. Etwa hundert Meter eines
       Streckenabschnitts vor dem Weißen See wurden mit weißer Kreidefarbe als
       [1][Fahrradweg markiert] und mit Piktogrammen versehen. Die Aktion soll auf
       das unzureichende Radwegnetz in Berlin aufmerksam machen. Und es scheint zu
       funktionieren. Lkws donnern in hoher Geschwindigkeit hier vorbei, die Autos
       fahren extrem dicht gedrängt.
       
       „Das ist immer so, ich habe oft Angst“ erzählt eine Radfahrerin, die jeden
       Tag diese Strecke fahren muss: „Kürzlich hatte ich genau hier einen Unfall,
       ich wurde von einem Autofahrer abgedrängt, beim Sturz habe ich meinen Fuß
       verstaucht.“ Ein weiter Fahrradfahrer bestätigt diese Erfahrung „die
       Verkehrsführung ist total problematisch – an einer Stelle wird die
       zweispurige Straße plötzlich einspurig, alle drängeln und keiner hält
       Abstand zu den Radfahrern, das ist super gefährlich.“ Beide befürworten die
       Guerilla Aktion.
       
       In der Pressemitteilung von Donnerstag macht Sand im Getriebe genau auf
       dieses Problem aufmerksam: „Radfahrende und ihre Sicherheit werden
       politisch absolut zweitrangig behandelt“. Ihre bereits etwas verschmierten
       Markierungen auf der Berliner Allee zeigen Wirkung: Einige der
       vorbeifahrenden Pkws bemerken die aufgesprühten Fahrradpiktogramme und
       wechseln schnell die Spur.
       
       ## „Ich wünschte, sie würden den Weg einfach so lassen.“
       
       Die Polizei wurde zwar auf die Aktion aufmerksam, jedoch fanden die Beamten
       diese Spur nicht. Auf Nachfrage der taz erklärte ein Pressesprecher der
       Polizei, dass die Strecke zwar geprüft wurde, doch die Pop-up-Bikelane
       nicht entdeckt wurde. Er vermutet, dass es sich bei den in Umlauf geratenen
       Bildern um KI-generierte Fakes handle oder sich die verwendete Farbe schon
       aufgelöst habe. „Ich wünschte, sie würden den Weg einfach so lassen. Ich
       fahre oft auf dem Gehweg, da meckern verständlicherweise die Fußgänger,
       aber es geht nicht anders“, erzählt sagt eine weitere Radfahrerin
       achselzuckend. Ute sieht das anders. „Fahrradfahrer sind die Mercedesfahrer
       von heute – denken, sie hätten die Vorfahrt gepachtet“, findet die
       62-jährige „Wenn Fahrradwege auf Kosten der Autofahrer gebaut werden, sinkt
       die Akzeptanz und die Autos fahren noch aggressiver.“
       
       Diesen vorauseilenden Gehorsam gegenüber Autofahrern kennt man auch von der
       CDU. Die stellt die neue Verkehrssenatorin Ute Bonde, die sich gegen eine
       Einschränkung des Individualverkehrs ausspricht. Der Verein [2][Changing
       Cities] will erfahren haben, dass für die geplanten Radschnellverbindungen
       (RSV), eigentlich das Leuchtturmprojekt der Berliner Verkehrswende, weniger
       finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, als zunächst angenommen. Statt 10
       wird es vermutlich [3][nur noch eine RSV] geben. Laut Mobilitätsgesetz
       müsste sich das Berliner Radnetz bis 2030 auf 2.698 Kilometer ausweiten,
       aktuell sind es unter 150, erklärt Sand im Getriebe. In der Zwischenzeit
       taucht ein Mann in Warnweste und Badelatschen auf. Mit grüner Sprühfarbe
       durchkreuzt er jedes einzelne Fahrradpiktogramm. Die Strecke ordnungsgemäß
       mit Warndreiecken abgesperrt hat er nicht. Wer er ist und von wem er
       beauftragt wurde, wollte er nicht beantworten.
       
       1 Aug 2024
       
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