# taz.de -- Globaler Rechtsruck gestoppt, vorerst: Linker Wind und Erkältungsgefahr
       
       > Unsere Kolumnistin blickt in die Woche zurück und freut sich über linke
       > Wahlerfolge. Ein angeblicher Schnupfen in den USA sorgt aber für
       > Beunruhigung.
       
 (IMG) Bild: NATO-Gipfel in Washington, USA, 11. Juli: alles schaut auf den amerikanischen Präsidenten Joe Biden
       
       Lieblingsschauspieler, Lieblingssängerin, Lieblingsessen, Lieblingsfarbe?
       Absolutheiten sind selten meine Sache. Aber über die Jahre bin ich
       zumindest immer wieder zur Fanin (sic!) geworden: von Jonathan Lethem, von
       Patti Smith und letztens von meiner neuen elektrischen Möhrenreibe.
       
       Seit dieser Woche gehört auch Marina Hyde dazu, Kolumnistin beim Guardian.
       Ich wäre zufrieden damit, an dieser Stelle einfach [1][ihren Text über Joe
       Bidens Performance beim TV-Duell mit Donald Trump und über deren Nachwehen]
       nach einem Copy-and-paste zu übersetzen. Aber dann würde man mir vermutlich
       fremden Federschmuck vorwerfen. Ich bin nicht komplett einer Meinung mit
       dem, was Hyde sagt. Aber ich musste von der ersten bis zur letzten Zeile
       lachen – und das braucht man auch mal, so ernst die Lage ist.
       
       Denn, so schreibt auch Marina Hyde: Wenn die USA niesen, bekommt der Rest
       der Welt einen Schnupfen. Bidens angeblicher Schnupfen beim TV-Duell, mit
       dem begründet wurde, warum der US-Präsident kaum einen geraden Satz
       herausgebracht hat (aber hey, laut Ehefrau Jill Biden hat er immerhin alle
       Fragen beantwortet; das ist das Niveau, auf dem wir heute über
       US-Präsidenten sprechen) – Bidens Schnupfen, soll das also heißen, betrifft
       uns alle. Und ich will nicht Trump 2.0 erleben, um herauszufinden, ob das
       wahr ist.
       
       Beim [2][Nato-Gipfel] diese Woche stand Biden besonders unter Beobachtung.
       Dort patzte er einmal ziemlich heftig: Er begrüßte den ukrainischen
       Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als „Präsidenten Putin“. Auf einer
       Pressekonferenz im Anschluss an den Nato-Gipfel sprach er dann auch noch
       vom Vizepräsidenten Trump (statt Harris). Na klar, meine Mutter hat mich
       auch schon mit dem Namen meiner Schwester angesprochen. Aber nicht auf der
       weltpolitischen Bühne. Und abwählen kann ich sie auch nicht. (Will ich auch
       nicht!, füge ich lieber noch an.)
       
       ## Positiv auf die Weltpolitik schauen
       
       Zwei Wochen ist das desaströse TV-Duell her. [3][Noch will Biden an seiner
       Kandidatur festhalten]. Noch haben sowohl er als auch die Demokraten Zeit,
       die Entscheidung zu revidieren. Wenn sie es richtig anstellen, können sie
       die Wahl im Herbst gewinnen.
       
       Ich sage das, weil dies eine gute Woche ist, um positiv auf die Weltpolitik
       zu schauen. Und weil ich dem Gedanken nicht ganz abgeneigt bin, dass die
       Sprache das Bewusstsein formt. So à la sich selbst erfüllende Prophezeiung.
       
       Also: In Frankreich ist das Linksbündnis stärkste Kraft geworden. Es will
       den Mindestlohn erhöhen und eine Reichensteuer einführen. Vom Wollen zum
       Tun ist es ein weiter Weg, ja, aber wie schnell es gehen kann, hat
       Großbritannien gezeigt. Dort wurden die Konservativen abgewählt, der neue
       Premier Keir Starmer hat als Erstes das menschenfeindliche Asylabkommen mit
       Ruanda gestoppt. Hurra!
       
       ## Linker Volkswille
       
       Von daher halte ich es heute mal mit dem Gesellschaftsmagazin Krautreporter
       (das dieses Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert, Glückwunsch!): [4][„Es
       gibt keinen Rechtsruck.“] Das zeigten die Wahlergebnisse der letzten
       Monate. Die Autorin listet neben Frankreich und England auf: In Indien
       verlor der hindunationalistische Premierminister Narendra Modi immerhin
       überraschend die absolute Mehrheit, in Mexiko wurde die linke Claudia
       Sheinbaum Präsidentin. Ich ergänze: Im Iran hat sich der sogenannte
       Reformer Massud Peseschkian gegen einen Hardliner durchgesetzt.
       
       Ja, zum Teil klingt das wie die Freude darüber, wenn bei kommunalen
       Bürgermeisterwahlen der CDU-Kandidat gegen den AfD-Mann gewonnen hat, und
       das nur nach Bündelung aller demokratischen Kräfte. Zudem: Der Sieg gegen
       die Rechten bringt wenig, wenn die Sozialdemokraten dann deren Politik
       vorantreiben (siehe Abschiebediskurs in Deutschland). Doch das machen sie
       unter Berufung auf den Willen des Volks. Und der zeigt nun in immer mehr
       Ländern: [5][Nein, rückwärtsgewandte, repressive, migrationsfeindliche
       Politik, die Ungleichheit bestärken und Diversität minimieren will, ist
       nicht gewünscht]. Man muss es nur beschwören. Dann klappt’s vielleicht auch
       in den USA.
       
       12 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.theguardian.com/commentisfree/article/2024/jul/09/joe-biden-instruction-manuals-beat-trump
 (DIR) [2] /Nato-Chef-Mark-Rutte/!6022066
 (DIR) [3] /US-Praesident-unter-Druck/!6023223
 (DIR) [4] https://krautreporter.de/politik-und-macht/5416-warum-es-falsch-ist-von-einem-rechtsruck-zu-sprechen
 (DIR) [5] /Wahlen-in-GB-und-Frankreich/!6019454
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johanna Treblin
       
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