# taz.de -- Suzi Quatro im Konzert: Miss Suzi Q
       
       > Sie ist ein Star der Boomer, die auch noch mit Rollator zu ihr ins
       > Konzert kommen. Suzi Quatro sprüht vor Energie.
       
 (IMG) Bild: Muss nicht immer Leder sein: Suzi Quatro bei einem Pressetermin
       
       Ein lauer Maiabend wie aus dem Bilderbuch. Es ist Mittwoch vor Christi
       Himmelfahrt. In Hamburg braut sich gerade der 835. Hafengeburtstag
       zusammen, auf dem nahen Messegelände feiern sich die Streber des
       Onlinemarketings bei der Digitalmesse OMR (Online Marketing Rockstars). Ein
       echter Rockstar wird, quasi in Hörweite dieser Events, [1][auf der Bühne
       der Laeiszhalle] erwartet.
       
       Auf dem Platz vor der neobarocken Halle stehen viele Senioren in der
       Abendsonne, einige tragen T-Shirts mit Bandlogos: Iron Maiden, Pink Floyd.
       Ein zu kleines hellblaues fällt besonders auf. Eng spannt es sich um den
       Bauch eines Mannes.
       
       Verzerrt ist darauf das Gesicht der Frau zu sehen, die hier ihr 50-jähriges
       Bühnenjubiläum feiert: Suzi Quatro. „Kindergröße 3. Ich hab es 1974
       bekommen, als ich mit meinem Papa hier war, jetzt bin ich mit meinem Sohn
       da!“, sagt Vater A., 61, mitgekommen ist Sohn L., 24, Metal-Fan. Dann zeigt
       er noch das Ticket vom 10. Oktober 1974: „Ich sitze fast wieder auf dem
       selben Platz im ersten Rang!“, freut er sich und präsentiert ein Foto vom
       Plakat, welches sein Vater ihm damals dazu spendiert hatte. Auf dem ist die
       Band so platziert, das gleich klar ist, wer die Band führt: die Frau in der
       Mitte mit der schwarzen Lederjacke und dem selbstbewussten Blick in die
       Kamera, während die drei Bandmates im Hintergrund etwas verlegen drein
       blicken.
       
       Auf dem aktuellen Plakat prangt Suzi Quatro allein, auch in schwarzem
       Leder. Offenbar stammt das Foto aus den frühen 1970ern. Es erinnert an
       einen [2][Starschnitt aus der Bravo], es wird ständig fotografiert.
       
       Gegen 20 Uhr strömen alle zu ihren Plätzen, für einige im Publikum geht das
       inzwischen nur mit dem Rollator. Auch ein paar Kinder sind im familiären
       Generationenverband dabei. Die Halle wird voll bis auf den letzten Platz.
       „Seit Wochen ausverkauft“, weiß mein Sitznachbar.
       
       Über der Bühne ist riesig das Konzertplakat zu sehen, eine Stimme aus dem
       Off kündigt „Miss Suzi Q“ an, und schon geht’s los. Die Klatschsalven
       stimmen in den Schlagzeugbeat ein, dann kommt sie in Glitzerjeans herein,
       die kleine (1,52 Meter) Große, mit einen hellblauen Bass. Strahlend legt
       sie mit einem Lied wie einer Personenbeschreibung vor: „I am the wild one“.
       Wild war ihr Image, als sie 1971 von Detroit, USA, nach London zog und mit
       22 [3][weiblicher Leader einer Rockband] wurde, und das als Bassistin. Ihr
       Signature-Look (der schwarze Ledereinteiler) tat ein Übriges dazu.
       
       Wild wirkt sie, jetzt mit fast 74, nur bedingt. Eher energiegeladen,
       souverän, wertschätzend ihrer Band gegenüber und freundlich dem Publikum
       zugewandt. Die Fans sind begeistert, immer wieder stehen sie auf, machen
       Aufnahmen. Sitzen fällt bei dieser Energiedröhnung eh schwer, und so bleibt
       eine Dame in Lederjacke gleich im Gang, um unermüdlich zu tanzen.
       
       Kurz vor der Pause spielt Suzi Quatro das freundliche „Stumblin in“, mit
       dem sie im Duett mit Chris Norman einen Hit hatte. Zum zweiten Set
       erscheint sie ganz in schwarzem Leder und mit dem Bass, den sie mit 14
       Jahren von ihrem Vater geschenkt bekam. „Ihr Baby“ nennt sie den und spielt
       ein langes Solo. Selbst kaum größer als das Instrument stemmt sie es danach
       einhändig über den Kopf. Sie erzählt aus ihrem Leben und der Karriere, von
       Jobs beim Musical und als Radiomoderatorin, vom Ehrendoktortitel, den sie
       von der Universität Cambridge erhalten hat.
       
       Professionell hält Suzi Quatro das Energielevel, die ganz großen Hits
       kommen im zweiten Teil: „If you can’t give me love“ und „Can the Can“. Das
       Publikum singt mit. Ihre Stimme ist etwas tiefer als früher, aber kräftig.
       Ihre Mähne ist grau, wie die Haare der Fans. Zweieinhalb Stunden hält die
       Band durch, die Zugabe gibt die Chefin allein am Piano, das macht den
       Abschluss etwas ruhiger.
       
       Draußen treffe ich noch einmal den Fan mit dem alten T-Shirt. Er ist
       umringt von vier Frauen, die das Shirt fotografieren, Freundinnen einer
       „Claudia“, deren 12. Geburtstag sie hier 1974 beim Konzert von Suzi Quatro
       feierten. Alle saßen sie im ersten Rang. Wie heute.
       
       10 May 2024
       
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