# taz.de -- Eugenik-Diskussion um Maria Montessori: Richtige Pädagogik, falsche Ideen
       
       > Maria Montessori hat das Bildungswesen zum Wohle des Kindes entwickelt.
       > Das entschuldigt aber nicht, dass sie offenbar eine Rassistin war.
       
 (IMG) Bild: Maria Montessori um 1935, wird beschuldigt eine Rassistin gewesen zu sein
       
       Maria Montessori hatte pädagogisch durchaus revolutionäre Ideen – und war
       wohl leider zeitlebens eine Rassistin. So könnte man kurz und knapp das
       Dilemma um die 1952 verstorbene, italienische Ärztin und Biologin
       Montessori zusammenfassen, das seither immer wieder die Gemüter erhitzt:
       Kann man etwas gut finden, darf man allein in Deutschland rund 1.000
       [1][Montessori-Schulen und -Kitas] betreiben, wenn die Urheberin der
       reformpädagogischen Idee leider auch eugenischen Rassentheorien anhing?
       
       Noch 1951, so steht es jetzt jedenfalls in einem Buch der österreichischen
       Erziehungswissenschaftlerin Sabine Seichter, soll sie in Italien die
       Einrichtung eines „Ministeriums für Rasse“ befürwortet haben. Dank breiter
       Rezensionen sorgt das bereits Mitte Januar erschienene Buch der Salzburger
       Uni-Professorin, „Der lange Schatten Maria Montessoris“, nun für einige
       Aufregung.
       
       Die Erkenntnis, dass Montessori am „perfekten Kind“ arbeitete, wie Seichter
       in einem Interview mit [2][der Neuen Zürcher Zeitung] sagt – und die „weiße
       Rasse“ dabei als die auch moralisch überlegene ansah – all das ist
       keineswegs eine neue Erkenntnis.
       
       Selbst der Vorsitzende der deutschen Montessori-Gesellschaft erklärte nach
       einem kritischen Beitrag über [3][die Reformpädagogik] in einer
       österreichischen Zeitung im Oktober, dass Montessoris um 1900 entwickelte
       „pädagogische Anthropologie“ tatsächlich „rassistisch geprägt“ gewesen sei.
       Und es gibt auch vor Seichters Buch schon pädagogische Forschung, man kann
       sie leicht im Internet bestellen, die Schriften Montessoris durchforsten
       auf der Suche nach eugenischen Ansätzen – und fündig werden.
       
       ## Ihre Pädagogik gilt noch immer als Errungenschaft
       
       Auch nicht neu ist wiederum die Erkenntnis, dass Montessori pädagogisch
       bemerkenswert vorwärtsgewandte Ideen hatte – jahrgangsübergreifendes
       Lernen, Projektunterricht, Noten erst in den höheren Klassen: Das sind
       Errungenschaften einer immer noch als modern geltenden Pädagogik, die
       inzwischen richtigerweise im Mainstream des öffentlichen Schulwesens
       angekommen sind.
       
       Nur: Es entschuldigt nichts. Dass Montessori das Bildungswesen zum Wohle
       des Kindes entwickeln wollte, entschuldigt nicht, dass sie vermutlich – so
       legen es Seichters Recherchen nahe – nicht nur am Anfang ihrer Karriere
       eine Rassistin war. Ganz egal, ob nun im Zuge dieses Buchs weitere folgen,
       die Montessori-Aufarbeitung betreiben: Man muss – ja sollte – das Konzept
       Reformpädagogik nicht auf den Müllhaufen werfen.
       
       Aber man sollte sich gut überlegen, wie viel ehrenvolles Andenken man ihrer
       Urheberin noch gewähren will. Straßen, die an kolonialistische Generäle
       erinnern, werden längst umbenannt. Vielleicht wäre es für die
       Montessori-Schulen auch an der Zeit.
       
       23 Feb 2024
       
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