# taz.de -- In Andorra ist Abtreibung verboten: Pro-Choice-Aktivistin vor Gericht
       
       > Das Fürstentum geht hart gegen eine Feministin vor, die sich für das
       > Recht auf Abtreibung einsetzt. In Andorra gibt es nicht mal die Pille
       > danach.
       
 (IMG) Bild: In der gesamten westlichen Welt wird immer wieder für das Recht auf Abtreibung demonstriert
       
       Madrid taz | Vanessa Mendoza Cortés muss vor Gericht. Die Vorsitzende einer
       der wichtigsten feministischen Organisationen im kleinen europäischen
       Fürstentum Andorra – Stop Violències (Stopp Gewalt) – soll sich einem
       „Verbrechen gegen das Ansehen der Institutionen“ schuldig gemacht haben.
       Der Sozialpsychologin drohen bis zu 12.000 Euro Geldstrafe und ein
       zeitweises Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter.
       
       Der Grund: 2019 legte sie dem CEDAW-Ausschuss der Vereinten Nationen – die
       Institution, die darüber wacht, dass Frauen nicht diskriminiert werden –
       einen Bericht zum Thema Abtreibung in ihrer Heimat vor.
       
       Im Fürstentum Andorra ist Abtreibung streng verboten. Wer es dennoch tut,
       der droht eine Haftstrafe. Neben Malta ist es das einzige Land in Europa,
       in dem selbst bei schwerer Missbildung des Fötus oder bei Schwangerschaft
       nach Vergewaltigung ein Abbruch untersagt ist. Das gilt selbst für
       minderjährige Vergewaltigungsopfer.
       
       Stop Violències, die einzige Organisation in Andorra, die sich des Themas
       der unterschiedlichen Formen sexueller Gewalt gegen Frauen annimmt, setzt
       sich seit 2016 für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ein.
       
       ## „Andorra ist eine frauenfeindliche Theokratie“
       
       Mehrere Monate nach ihrem Besuch beim UN-Ausschuss beantragte die
       Staatsanwaltschaft die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Mendoza
       Cortés wegen dreier Vergehen, „öffentlicher Verleumdung“, „Verleumdung der
       Fürsten“ und einem „Verbrechen gegen das Ansehen der Institutionen“. Im
       Jahr 2021 zog die Staatsanwaltschaft die ersten beiden Punkte zurück. Doch
       der dritte Anklagepunkt blieb bestehen. Am Montag beginnt das Verfahren.
       
       „Andorra ist eine frauenfeindliche Theokratie“, beschwert sich Mendoza
       Cortés. Einer der beiden Staatschefs des kleinen Landes ist – so das
       kuriose politische System Andorras – der Bischof im spanischen La Seu
       d’Urgell, der andere ist immer der Präsident der Französischen Republik,
       also derzeit Emmanuel Macron.
       
       Die Andorranerinnen reisen, um einer ungewollten Schwangerschaft ein Ende
       zu setzen, meist nach Frankreich oder Spanien. Die Intervention kostet in
       Privatkliniken bis zu 8.000 Euro.
       
       Selbst die Pille danach gibt es in Andorra offiziell nicht. Apotheken in
       den Nachbarländern und Händler auf dem Schwarzmarkt in Andorra selbst
       nutzen dies und verkaufen sie unter der Hand – so Stop Violències – zu
       einem Preis von bis zu 300 Euro.
       
       ## Abschreckende Wirkung auf Menschenrechtsverteidiger
       
       Der Fall von Cortés sorgt für internationales Aufsehen. Das Strafverfahren
       gegen die Frauenrechtsverteidigerin untergrabe die Meinungsfreiheit und
       habe eine abschreckende Wirkung auf die Arbeit von
       Menschenrechtsverteidigern, sagte etwa die Menschenrechtskommissarin des
       Europarates, Dunja Mijatović.
       
       Mendoza Cortés will trotz des Verfahrens weitermachen: Das Recht auf
       Schwangerschaftsabbruch ist für sie „Gesundheit und muss für alle Frauen
       erschwinglich sein. Alle Frauen müssen das Recht genießen, abtreiben zu
       können.“
       
       3 Dec 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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