# taz.de -- Strafen für private Seenotretter: Faeser rudert zurück
       
       > Innenministerin Faeser will härter gegen Schleuser vorgehen. Die
       > Seenotrettung ist wohl nicht in Gefahr, aber Hilfsorganisationen fordern
       > Klarheit.
       
 (IMG) Bild: Gefährliche Überfahrt: Viele Geflüchtete nehmen die Route übers Mittelmeer
       
       Berlin taz/dpa | Das Bundesinnenministerium hat einen Bericht der
       Süddeutschen Zeitung (SZ) zurückgewiesen, laut dem Strafen für [1][private
       Seenotretter im Mittelmeer] geplant seien. Die Zeitung hatte am Mittwoch
       über eine geplante Reform des Aufenthaltsgesetzes berichtet. Demnach sei in
       der Novelle die Möglichkeit vorgesehen, private Seenotretter strafrechtlich
       „wie gewerbsmäßige Schleuser“ verfolgen zu können.
       
       Auf taz-Anfrage sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Nancy Faeser
       (SPD), dies sei nicht der Fall. „Es ist nicht zutreffend, dass die zur
       Rettung von Menschenleben erfolgende Tätigkeit von privaten Seenotrettern
       künftig durch eine etwaige Strafbarkeit erschwert werden soll.“ Derartige
       Handlungen seien „als gerechtfertigt anzusehen, um Gefahren für Leib und
       Leben abzuwenden.“
       
       Die SZ hatte sich auf Formulierungen der geplanten Änderung des Paragrafen
       96 des Aufenthaltsgesetzes bezogen. Der stellt das „Einschleusen von
       Ausländern“ unter Strafe.
       
       Die Ampel will die Norm nun verschärfen, [2][um härter gegen Schlepper
       vorgehen zu können.] Das Kabinett verabschiedete den Gesetzentwurf im
       Oktober, der Bundestag muss ihm noch zustimmen. Bislang geht die Justiz in
       Deutschland nur dann von Schlepperei aus, wenn ein geldwerter Vorteil
       erzielt oder versprochen wird. Humanitäre Helfer:innen sind demnach von
       Strafverfolgung ausgenommen. Der Darstellung der SZ zufolge soll das
       Kriterium des geldwerten Vorteils künftig keine Rolle mehr spielen.
       
       Bestraft werden könne dann bereits, wer „Ausländern dabei hilft, ohne Visum
       in die EU einzureisen“, und zwar „wiederholt oder zugunsten von mehreren
       Ausländern“ – auch ohne dafür eine finanzielle Gegenleistung zu verlangen.
       „Der Vorschlag muss sofort zurückgenommen werden“, sagte Sea-Watch-Sprecher
       Oliver Kulikowski. „Die Todeszahlen im Mittelmeer sind so hoch wie seit
       Jahren nicht, und das Innenministerium plant den massivsten Angriff auf
       zivile Seenotrettung seit unserem Bestehen.“
       
       ## Eindeutige Position zur Seenotrettung gefordert
       
       Der Sea-Eye-Sprecher Gordon Isler sagte, auch Reedereien könnten in
       rechtliche Unsicherheiten gebracht werden, da sie ebenfalls keinen
       finanziellen Vorteil hätten, wenn sie Menschen in Seenot versuchen zu
       retten. „Wir fordern, dass dieser Vorschlag verworfen wird und dass sich
       die demokratischen Abgeordneten des Bundestags jetzt eindeutig zur
       Seenotrettung positionieren“, so Isler. Auf X, vormals Twitter, schrieb
       Isler zum Dementi des Ministeriums: „Wenn das die Position des
       Bundesinnenministers ist, muss der Entwurf zum §96 Aufenthaltsgesetz
       korrigiert werden und eine unmissverständliche Ausnahme für humanitäre
       Organisationen beinhalten.“
       
       Ansonsten seien die Worte „unglaubwürdig und es gäbe keine
       Rechtssicherheit. Das Vertrauen ist dahin.“ Griechenland und Italien gehen
       seit Jahren gegen private Retter:innen vor. In den beiden Ländern
       standen vielfach Menschen wegen angeblicher Schlepperei vor Gericht und
       wurden teils verurteilt, ohne dass sie Geld für die Seenotrettung bekommen
       hätten.
       
       Auf Sizilien etwa läuft seit 2022 der Prozess gegen die Crew des
       beschlagnahmten [3][deutschen Rettungsschiffes Iuventa]. Ihnen drohen
       Jahrzehnte Haft. Die EU hatte vor Jahren eine Richtlinie erlassen, die es
       ermöglicht, das Kriterium des geldwerten Vorteils als Grundlage der
       Strafbarkeit für Schlepperei zu streichen. Jurist:innen sprechen von der
       [4][gehäuften Verfolgung von „Solidarity Crimes“ in den Mittelmeerländern].
       Die Ampel hatte im vergangenen Jahr entschieden, die private Seenotrettung
       von Flüchtlingen im Mittelmeer mit finanziellen Zuwendungen zu
       unterstützen.
       
       9 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
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